„Die Arbeit mit den Menschen und an den Menschen macht mir unheimlich viel Spaß. Man kann helfen, eine Situation zu verbessern. Das tut einem selbst gut“, sagt Matthias Goldbach. Für die FLZ ist der 26-jährige Ansbacher „Ehrenamtlicher des Monats” für den November.
Goldbach wusste schon in der Schule, was er will. „Für mich stand früh fest, es wird der Notfallsanitäter. Ich habe es bis heute nicht bereut.“ Sein Weg begann bei der Feuerwehr, wo er die Familientradition von Vater und Großvater fortsetzte. „Ich habe in der Jugendfeuerwehr schon immer das Medizinische gemocht.“
Was dazu führte, dass er in seiner Heimatstadt am Platengymnasium schnell Schulsanitäter wurde. Und nach der Mittleren Reife den direkten Sprung zum Roten Kreuz wagte, weil er für sein großes Ziel weder Abitur noch Studium, sondern möglichst viel Praxis brauchte. Im Freiwilligen Sozialen Jahr qualifizierte er sich als Rettungssanitäter, unmittelbar danach begann eine dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter. „Da habe ich das erste Mal Luft im Ehrenamt geschnuppert. Und in die Schiene bin ich zügig gerutscht.“
Sein Tempo blieb hoch. Im Jahr 2021 wurde er als 23-Jähriger an die Spitze der Ansbacher Bereitschaft gewählt. Zu ihr gehören rund 220 Aktive, die Ausbildungen für die verschiedenen Einsätze haben. Sie fahren zu Unfällen und Bränden, sichern Konzerte, große Veranstaltungen und Fußballspiele ab. Rund 200 solcher Dienste fallen in und um Ansbach jährlich an, damit sofort jemand da ist, wenn Zuschauer oder Akteure Hilfe brauchen.
Der Mann an der Spitze muss alle Dienste planen, die Mitglieder betreuen und weiterbilden, Einsätze leiten, Aktive halten und Neue gewinnen. „Die Bereitschaftsleitung erfordert viel Verantwortung. Du investierst eine Menge Zeit und bekommst materiell nichts zurück, weil es ein reines Ehrenamt ohne Aufwandsentschädigung ist“, sagt Goldbach. „Das ist für viele eine Abschreckung. In meinem Alter wollen wenig so viel Freizeit opfern.“
Hauptamtlich gehört er zum Leitungsteam der Ansbacher Rettungswache und fährt Einsätze als Notfallsanitäter, ehrenamtlich leitet er die Bereitschaft. „Das hört sich vielleicht komisch an, aber das Ehrenamt ist für mich auch ein Ausgleich zum Beruf.“ Dort ist er Vorgesetzter, hier einer der Freiwilligen. „In der Bereitschaft ist es die Kameradschaft, die etwas zurückgibt. Da haben sich viele Freundschaften gebildet über die Jahre.“
Das Freiwillige Soziale Jahr war sein Türöffner. „Ich bin offener und sozial kompetenter geworden. In den ersten Jahren in der Bereitschaft habe ich dann gemerkt, dass es mir Spaß macht, neue Leute kennenzulernen und mich mit ihnen auszutauschen.“ Wozu für ihn immer das Hinterfragen gehört. „Erfahrenere Kameraden sagen einem, was man hätte besser lösen können. Das nehme ich auf. Ich bin offen für Kritik.“
Das Miteinander reizt ihn auch in der Ansbacher Feuerwehr, der er treu geblieben ist. „Die Arbeit bei der Feuerwehr bringt nochmal einen anderen Blickwinkel.“ Er ist Maschinist, Atemschutzträger, in der Höhenrettungsgruppe aktiv und bildet die Feuerwehrsanitäter aus. „Am meisten nützt das Engagement bei Rotem Kreuz und Feuerwehr draußen im Einsatz. Man kennt sich und jeweils die andere Seite. Ich bin dann oft die Schnittstelle.“
Nicht alle Einsätze haben ein gutes Ende. Schwerverletzte und getötete Menschen gehören zum schwierigsten Teil für Sanitäter und Feuerwehrleute. Die positiven und die belastenden Erlebnisse lassen sich nicht aufrechnen, manche Bilder bleiben. „Das ist ein Balanceakt. Den muss jeder für sich selbst finden“, ist Goldbachs Erfahrung. „Über die Zeit entwickelt man eigene Bewältigungsstrategien. Da ist die Kameradschaft ganz wichtig, das Unterhalten mit denen, die auch dabei waren.“ Zudem steht allen professionelle Hilfe zur Verfügung, im Roten Kreuz gibt es eine eigene psycho-soziale Notfallversorgung.
Das Fell wird dicker im Lauf der Jahre, was für die Profis auch Gefahren birgt. „Man muss aufpassen, dass man nicht abstumpft. Dann verliert man die Empathie, die man braucht, um diesen Job auszufüllen“, warnt der Notfallsanitäter. Die Einsätze reichen von der Reanimation bis zu verzweifelten Hilferufen. „Der soziale Aspekt ist mir wichtig. Wir sind oft die letzte Möglichkeit für Menschen, die nicht mehr weiterwissen. Dann gilt es, eine Lösung zu finden für diese spezielle Situation.“
Das war auch sein Motto, als in einer Turnhalle in Ansbach eine Notunterkunft für aus der Ukraine geflüchtete Menschen entstand. Matthias Goldbach hatte rasch viele Fäden bei der Organisation in der Hand. „Das war zusätzlich zu meiner Funktion als Bereitschaftsleiter. Darüber kam ich hinein, aber dann habe ich es Schritt für Schritt übernommen.“
Ebenso eine unplanbare Herausforderung wie die Corona-Zeit, in der die ehrenamtlichen Helfer der Bereitschaft Tag für Tag mehr Aufgaben übernehmen mussten, weil die hauptamtlichen Kräfte am Limit waren. „Für die Pandemie gab es keine Blaupause. Das war von Null an. Das hat mich weitergebracht, weil ich gesehen habe, was ich schaffen kann. Es war eine wahnsinnige ehrenamtliche Leistung in der Gemeinschaft.“
In seinen wenigen verbleibenden freien Stunden joggt der 26-Jährige gern durch die Natur oder ist in den Bergen. „Meine freie Zeit ist im Urlaub. Diese Phasen braucht man auch, sonst schaltet man nie ab.“
Nach dem Urlaub folgt die Freude auf die Teams bei Rotem Kreuz und Feuerwehr. „Du hast eine zweite Familie, auf die du dich immer verlassen kannst und die dich auch im Privaten unterstützt. Das ist mein größter Fixpunkt“, sagt Matthias Goldbach. „Ehrenamt ist extrem wichtig. Deshalb sollte sich jeder etwas suchen, wo er sich einbringen und der Gesellschaft etwas zurückgeben kann.“
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