Der langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel hat viele umweltpolitische Initiativen in Westmittelfranken gestartet. So hat er die Genossenschaft Regionalstrom Franken maßgeblich mitbegründet. Jahrelang hat er sich als deren Aufsichtsratsvorsitzender für eine dezentrale Energiewende vor Ort engagiert.
Göppel war oft umweltpolitischer Pionier, so auch beim Aufbau des Landschaftspflegeverbands. Sein überraschender Tod am 13. April vergangenen Jahres hat viele Lücken geschlagen. So musste sich auch die Regionalstrom Franken neu organisieren. Das Führungsteam stellte nun sich – und seine Ziele – in einem Pressegespräch in Herrieden-Schernberg vor. „Die Regionalstrom Franken eG steht für ,Strom aus der Region für die Region‘“, wurde betont.
Göppels Nachfolger als Aufsichtsratsvorsitzender ist Martin Stümpfig. Sophia Kraft, Tochter von Josef Göppel, folgt Stümpfig als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende nach, während Peter Hecht diese Aufgabe weiterhin wahrnimmt. Ebenfalls weiter im Amt sind Geschäftsführer Günther Heidingsfelder und die Vorstände Gerhard Sauerhammer und Michael Völklein.
Mehr Mitglieder als Ziel
Es wurde ein Punkt besonders betont: Um den Ausbau der erneuerbaren Energien noch besser unterstützen zu können, ist die eingetragene Genossenschaft vor allem auf eines angewiesen: mehr Genossen.
Deren Zahl „beträgt im Moment 235“, erläuterte Günther Heidingsfelder auf FLZ-Nachfrage. „Wir haben stetigen Zuwachs“, betonte er. Doch alle am Tisch waren sich einig, dass noch viel mehr Bürger und auch Institutionen wie Städte und Gemeinden ins Boot steigen sollten, um rascher die Ziele der regionalen Energiewende zu erreichen.
Die einzige Hürde, um zu der eingetragenen Genossenschaft stoßen zu können, ist die einmalige Überweisung einer Kapitaleinlage von mindestens 100 Euro.
Insbesondere an Kommunen appellierten die Vertreter der Genossenschaft, sich ihnen anzuschließen, und etwa dem Beispiel der Städte Herrieden, Leutershausen, Wolframs-Eschenbach und des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim zu folgen.
Auch wer nicht oder noch nicht Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, habe als Genosse Vorteile: etwa durch die Beratung in allen entsprechenden Fragen, auch gegenüber Behörden. Dafür stehen Fachleute wie Sophia Kraft bereit. Sie ist beruflich an der Leipziger Strombörse tätig, will nach eigenen Worten im Sommer ihren Lebensschwerpunkt aber wieder nach Westmittelfranken verlagern.
Gemeinsames „Kombi-Kraftwerk“
Hauptziel der Genossenschaft ist jedoch, den Strom aus Photovoltaik, Biogasanlagen und Windkraft gemeinsam zu vermarkten, um so höhere Erlöse zu erzielen. „Für Anlagen unter 100 Kilowatt konnten wir auf dem Markt noch keinen Handelspartner finden. Wir arbeiten daran“, heißt es jedoch einschränkend auf der Homepage, und weiter: „Je mehr Anlagen mitmachen, desto bessere Konditionen können wir erreichen.“
„Sie werden Teil eines regionalen Kombi-Kraftwerks, das einen breiten Kundenstamm beliefert“, wird gegenüber Interessierten erläutert.
Dieses Konzept hat sich erst im Laufe der Jahre entwickelt. Denn am Geburtstag der Einrichtung am 10. Oktober 2014 war noch eine ganz andere Herausforderung zu bewältigen. Seinerzeit galt es zu verhindern, dass Anlagen, die nach 20 Jahren aus der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz herausfallen, mangels Rentabilität vom Netz gehen müssen.
Derzeit dagegen kommt es bei dem nun zügigen Ausbau der Windkraft möglichst rasch darauf an, Bürgeranlagen auf den Weg zu bringen, damit Wertschöpfung und Gewinne vor Ort bleiben. Denn wenn sich große Investorengruppen von außerhalb geeignete Flächen dafür gesichert haben, sei es zu spät. „Mit der Ausrufung des Zweiprozent-Flächenziels für Windenergie hat sich ein Zeitfenster geöffnet, in dem es jetzt um zügige Flächensicherung für den Ausbau von Windkraft geht. Die Genossenschaft bietet als Plattform Vernetzungsmöglichkeiten unter Energieexpertinnen und -experten und Beratung für Bürgerenergieprojekte an“, wird dazu hervorgehoben.
Erzeugung und Verbrauch vor Ort
Auch die Abregelungen von Strom aus erneuerbaren Energien mangels Netzkapazitäten ist im Fokus der Genossen. Hier gelte es auch, vor Ort die Stromerzeugung und den Verbrauch, etwa durch Krankenhäuser und Industrieunternehmen, näher zusammenzubringen.
Gerhard Sauerhammer regte Pilotprojekte mit der Verbindung von Windkraft, Photovoltaik und auch Biogasanlagen an, um die Bevölkerung in der Nachbarschaft mit Strom und Wärme zu beliefern. „Die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Energie aus Wind, Sonne und Biomasse zusammen mit der Absicherung durch Speicher machen uns widerstandsfähig“, hebt Sophia Kraft mit Verweis auf den Ukrainekrieg hervor.
Als Betreiber einer Biogasanlage betonte Peter Hecht, dass solche Anlagen für den Mix aus erneuerbaren Energien unverzichtbar seien. Denn Biogasanlagen lassen sich genau dann zuschalten, wenn deren Strom gebraucht werde, und die Vergütung entsprechend höher sei.
Stümpfig zeigte sich erfreut darüber, dass es einen Boom bei Solarenergie und Windkraft gebe. Schon seit längerer Zeit wird in Westmittelfranken weit mehr Strom insbesondere aus erneuerbaren Energien erzeugt als verbraucht.
In ihrer Zukunftsvision waren sich alle am Tisch einig: Künftig müsse im ländlichen Raum so viel Strom aus Sonne, Wind und Biomasse produziert werden, dass Ballungszentren wie Nürnberg mitversorgt werden können.