Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai gibt es aus Sicht von Außenministerin Annalena Baerbock die historische Chance, nach jahrzehntelanger Debatte einen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu beschließen. Dafür gebe es unter den knapp 200 Staaten eine große Mehrheit, sagt die Grünen-Politikerin - und warnt vor Blockadeversuchen in letzter Minute. Zwei oder drei Länder dürften sich nicht „gegen die Sicherheit aller anderen Menschen auf dieser Welt stellen“. Namentlich nannte sie China und Saudi-Arabien.
China und Saudi-Arabien stemmen sich bislang gegen ehrgeizige Formulierungen zum Klimaschutz im Abschlusstext. Am strittigsten ist, ob darin ausdrücklich ein Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas festgeschrieben werden soll. Offiziell soll die zweiwöchige Konferenz mit 97.000 Teilnehmern am Dienstag enden, Verlängerungen sind aber die Regel.
Am Wochenende hatte auf dem UN-Treffen ein Schreiben des Ölkartells Opec unter anderem an die Opec-Mitgliedsstaaten für Empörung gesorgt. Darin wurde zur Blockade ehrgeiziger Beschlüsse zum Aus aus Kohle, Öl und Gas aufgerufen.
Zu den politischen Widerständen sagte Baerbock, es sei nun „die Aufgabe der verbleibenden Tage“, Einstimmigkeit herzustellen. Da Beschlüsse einstimmig gefällt werden müssten, „reicht ein Opec-Land alleine, was alles blockieren könnte“. EU-Klimakommissar und Chef-Verhandler Wopke Hoekstra warnte: „Wenn wir noch mehr Zeug in die Luft blasen, wird der Planet kochen. Das versuchen wir zu verhindern.“
Auch der Gastgeber rief die Staaten dazu auf, das Treffen zu einem Erfolg zu führen. „Die Welt ist hungrig, die Welt wartet verzweifelt auf gute Nachrichten“, sagte Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Man habe die Chance, Vertrauen in die internationale Zusammenarbeit wieder herzustellen.
Al-Dschaber, zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns, hatte die Staaten am Sonntag zu einer offenen Runde ins konferenzeigene, in gedämpftes Gelb getauchtes Al-Waha-Theater eingeladen - damit sich die Minister in der heißen Verhandlungsphase „ein wenig öffnen“ und in die Augen schauen könnten, wie er es formulierte.
Außenministerin Baerbock sparte bei dieser Gelegenheit nicht an Pathos: „Wir sind hier, um die Welt für die ganze Menschheit zu retten“, sagte sie - und rief im Namen der EU erneut zu mehr Ehrgeiz auf. Auch im Jahr 2050 solle es den besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten Tuvalu oder den Marshall-Inseln noch möglich sein, den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember zu feiern - und zwar nicht als Beerdigung der Staaten.
Der Vertreter von Bangladesch richtete einen eindringlichen Appell an die Anwesenden: Wenn man hier Erfolg habe, könne man auch andere Herausforderungen schaffen, betonte er. „Wenn wir hier versagen, will ich gar nicht an die Konsequenzen denken.“
Der Klimaaktivist Mohamed Adow von Powershift Africa sagte, eine „schräge Achse von Freunden fossiler Brennstoffe“ blockiere zurzeit schnelle Fortschritte: Saudi-Arabien, Russland und China, aber auch die USA. US-Präsident Joe Biden behaupte zwar, ein Vorreiter im Klimaschutz zu sein. Aber die USA blieben „im Schatten“, wenn es um ein Datum für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gehe.
Auch Greenpeace sieht die Chance, in Dubai knapp drei Jahrzehnte nach der ersten UN-Klimakonferenz einen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu beschließen. „Wir sind nah dran, hier Geschichte zu schreiben“, sagte die Delegationsleiterin der Umweltorganisation, Kaisa Kosonen. Auch sie verwies auf einen gemeinsamen Aufruf von 106 Staaten für einen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern - darunter die EU sowie viele afrikanische, karibische und pazifische Staaten. Inzwischen gebe es starken Druck auch aus Lateinamerika und vom Bündnis kleiner Inselstaaten.
Die Weltklimakonferenz im kommenden Jahr findet aller Voraussicht nach erneut in einem Ölstaat statt, nämlich in Aserbaidschan. Dafür gebe es übergreifende Unterstützung, sagte Umweltminister Mukhtar Babayev vor dem Plenum in Dubai. Die Konferenz muss die Vergabe aber noch förmlich beschließen.
Zuvor hatte Armenien die Kandidatur des Nachbarlandes blockiert. Bei einer Annäherung zwischen den beiden verfeindeten Staaten erklärte Armenien aber nun, die aserbaidschanische Bewerbung zu unterstützen. Die Umweltorganisation Germanwatch kritisierte die Entscheidung als „höchst problematisch“, denn in dem Ölstaat gebe es auch große Probleme mit Korruption.
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