Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts drohenden Getreidemangels als Folge der russischen Invasion in die Ukraine zum Kampf gegen die drohende Hungerkrise aufgerufen.
„Russlands Krieg wird auf grausame Weise ausgetragen auf den Straßen, den Städten und Dörfern der Ukraine. Aber seine Spuren des Leids reichen bis tief hinein in den globalen Süden“, sagte die Grünen-Politikerin in einer Rede zum Thema Klima und Sicherheit an der Universität von Niamey, der Hauptstadt des westafrikanischen Staates Niger. Nun müsse man sich gemeinsam dem Hunger entgegenstellen.
Die Tatsache, dass in der Ukraine in unmittelbarer Nachbarschaft zu Deutschland ein furchtbarer Krieg tobe, „darf und wird aber auch nicht dazu führen, dass wir uns von den anderen Krisen dieser Welt abwenden“, versicherte Baerbock vor den Studenten. Es sei russische Strategie, „die Not in den ärmsten Ländern der Welt durch Lieferausfälle oder Lieferstopps von Nahrungsmitteln weiter anzuheizen“. Deswegen rufe sie die internationalen Partner auf, „die weltweite Ernährungskrise jetzt entschieden und gemeinsam anzugehen“.
Wenn man auf einen Markt gehe, müsse heute doppelt so viel für das Getreide zahlen wie noch vor einem Jahr, sagte Baerbock. Rund 38 Millionen Männer und Frauen und Kinder würden in den nächsten Monaten in Westafrika Hunger leiden müssen. „Das sind dreimal so viele wie noch vor drei Jahren.“
Der Klimawandel zeige sich etwa darin, dass es im Land bislang alle zehn Jahre Dürre gegeben habe, jetzt aber alle zwei Jahre. Dies treibe die Lebensmittelpreise in unglaubliche Höhen und nehme den Menschen in der Sahel-Region den Raum zum Leben, sagte die Ministerin. Extremisten nutzten die Not zudem aus, „um Menschen für ihre barbarischen Zwecke zu rekrutieren“.
Der nigrische Minister für Hochschulbildung und Forschung, Mamoudou Djibo, nannte den Klimawandel eine existenzielle Bedrohung der Lebensgrundlagen in seinem Land. Deren Folgen müsse man mit intelligenten Anpassungsmaßnahmen begegnen. Es gebe immer mehr Dürrezeiten, die Anfangs- und Endzeiten der Regenzeit veränderten sich, der Fluss Niger versande immer mehr. Nach Angaben von Djibo hat die Universität in Niamey das Thema Klimawandel und erneuerbare Energien - eines der Kernthemen von Baerbocks Grüner Partei - zu einem der Schwerpunkte ihrer Forschung gemacht.
Zum Abschluss ihres Besuches in Mali hatte Baerbock zuvor bei einem Treffen mit dem malischen Übergangs-Präsidenten Assimi Goïta und ihrem Kollegen Abdoulaye Diop in der Hauptstadt Bamako rasche Wahlen und Reformen als wichtige Voraussetzung für weiteres deutsches Engagement in dem Land verlangt. „Klar ist für uns, dass wir dringend ... ein klares Bekenntnis zur Demokratisierung brauchen und vor allen Dingen Wahlen brauchen“, sagte sie nach dem Treffen.
Mali müsse demokratische Reformen einleiten sowie Korruption, Justiz- und Straflosigkeit bekämpfen, forderte Baerbock. Solange das Land eng mit russischen Akteuren zusammenarbeite, könne Deutschland nicht weiter an der EU-Mission EUTM teilnehmen, die malische Streitkräfte ausbilde. Russlands Angriffskrieg in der Ukraine sei auch ein Angriff auf Europa, betonte Baerbock. Deutschland wolle aber weiterhin die vom Terrorismus und anderen Krisen betroffenen Menschen in Mali unterstützen. Diop sprach bei einem gemeinsamen Auftritt mit Baerbock im Anschluss an das Gespräch von einer komplexen Sicherheitslage in seinem Land. Zugleich verteidigte er die Zusammenarbeit mit Ländern wie Russland oder China, um die Lage in den Griff zu bekommen.
Neben gut 1100 Bundeswehrsoldaten im Rahmen des UN-Stabilisierungseinsatzes Minusma sind gut 300 weitere deutsche Soldaten als Teil der EU-Ausbildungsmission EUTM in Mali im Einsatz. Beide Mandate laufen Ende Mai aus, dann müssen sie vom Bundestag verlängert werden, sollen die deutschen Soldaten in Mali bleiben. Baerbock hatte am Dienstag beim Besuch des deutschen Minusma-Kontingents in der Stadt Gao die Bereitschaft für eine Fortsetzung dieses Engagements signalisiert.
Mali und Niger sind frühere französische Kolonien, sie gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. Niger hat 23 Millionen Einwohner, das Land steht beim Index für Menschliche Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) auf dem letzten Platz von 189 Ländern.
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