Nach Stunden des Wartens werden an zwei Fenstern hoch oben im zehnten Stock der Gemelli-Klinik von Rom die Jalousien hochgezogen. Das abendliche Sonnenlicht soll rein in das private Appartement des Papstes, der am Mittwoch eine dringende Operation am Bauch über sich ergehen lassen musste - ziemlich schnell aber wieder bei bester Laune schien. Dabe hatte die Nachricht der OP Gläubige auf der ganzen Welt bangen lassen um den 86 Jahre alten Pontifex.
Am Abend folgt dann die Entwarnung - und was für eine! Franziskus habe die Operation gut überstanden, teilt der Vatikan zunächst mit. „Dem Heiligen Vater geht es gut“, sagte dann der behandelnde Chirurg Sergio Alfieri. „Er ist wach, aufmerksam und hat vor zehn Minuten schon wieder Scherze gemacht.“ Das Oberhaupt der katholischen Kirche habe scherzhaft gefragt, wann die dritte OP anstehe; Alfieri hatte Franziskus bereits im Sommer 2021 wegen eines Darm-Leidens operiert.
Eine womöglich gefährliche Anästhesie hatte Franziskus in seinem hohen Alter eigentlich nicht mehr erleben wollen. Aber es ging es nicht anders, die Schmerzen wurden immer heftiger, wie Alfieri berichtet. Der Papst musste wegen einer sogenannten Laparozele operiert werden. Darunter versteht man einen Narbenbruch im Bauchbereich. Zudem bestand die Gefahr eines Darmverschlusses.
Deshalb war der Eingriff, eine Laparotomie genannte Öffnung der Bauchhöhle, nötig. Dabei wurden laut des operierenden Mediziners unter anderem Verwachsungen im Darmbereich festgestellt. Die Ärzte entfernten Gewebe und setzten ein stabilisierendes Kunststoffnetz ein. Alfieri prognostizierte einen Krankenhausaufenhalt von fünf bis sieben Tagen. Alle Audienzen bis 18. Juni wurden bereits abgesagt.
Im Policlinico Universitario Fondazione Agostino Gemelli im Nordwesten Roms war Franziskus schon im Sommer 2021 operiert worden, damals wegen eines Darm-Leidens - einer sogenannten Divertikulitis. Die Ärzte entfernten dabei einen Teil des Dickdarms. Rund zehn Tage verbrachte er in der Klinik. Franziskus berichtete danach, dass jener Eingriff ihm wohl das Leben gerettet habe. Meldungen, wonach der Papst die Vollnarkose damals schlecht vertragen habe, widersprach Alfieri nun. Beide Narkosen, also jene 2021 und auch die aktuelle vom Mittwoch, seien ohne Komplikationen verlaufen. Dass ältere Menschen Anästhesien wenn möglich vermeiden, sei dagegen verständlich.
Noch am Morgen hatte Franziskus seine allwöchentliche Generalaudienz auf dem Petersplatz zelebriert. In dem Moment, als der Vatikan die Öffentlichkeit über die anstehende Operation unterrichtete, hatte der Pontifex den Platz vor dem Petersdom noch nicht verlassen, sondern unterhielt sich mit Gläubigen und jungen Brautpaaren.
Das Vorstandsmitglied des Berufsverbands der Deutschen Chirurgie (BDC), Carsten J. Krones, sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich bei der vom Vatikan geschilderten Operation um ein „Standardverfahren bei Narbenbrüchen“ handele. „Erkrankung und Eingriff sind für einen betagten Herrn sicher ernst und je nach Anatomie auch anspruchsvoll, aber nicht akut lebensbedrohend“, ergänzte der Chefarzt aus Aachen - unterstrich aber, das sonstige Erkrankungsprofil bei Franziskus nicht zu kennen.
In und vor der Klinik geht bei strahlendem Sonnenschein und fast 30 Grad die Meldung über die Papst-OP weitgehend im Tagesbetrieb unter. Besucher und Angehörige von Menschen, die im Gemelli behandelt werden, drängen sich über den Parkplatz und den zentralen Weg zum Haupteingang durch. Dazwischen schwirren Journalisten und TV-Teams.
Die Nachricht über den prominenten Patienten haben am Mittag nur wenige vernommen. „Nein, das wussten wir nicht, aber wir wünschen ihm natürlich alles Gute“, sagt ein älteres Paar, Mario und Laura, beim Verlassen der Klinik. Sie wüssten zwar nicht, wie schlimm seine Krankheit sei, würden aber natürlich für ihn beten. „Immer“ tun sie das, auch wenn der Papst auf Reisen ist, „denn er ist einer der besten Päpste, den das Christentum je hatte“.
„Er schafft alles! Denn er ist ein großer Mann, ein großer Papst – ein ganz Großer!“, findet auch Roberto aus Rom. Er wünsche sich, dass Franziskus 150 Jahre alt werde. „Er ist ein großartiger Papst für die ganze Welt.“ Beim Weggehen ruft er: „Viva il Papa!“
Auf dem Vorplatz des Uniklinikums steht eine große Statue von Franziskus' Vorvorgänger Papst Johannes Paul II., drinnen im Gang hängt ein Plakat mit dessen berühmter Ermunterung: „Habt keine Angst.“ Auch der Pole wurde im Gemelli operiert; das Krankenhaus hat einen eigenen Bereich mit mehreren Zimmern für päpstliche Patienten reserviert.
Franziskus war auch am Vortag im Gemelli-Krankenhaus gewesen, um sich untersuchen zu lassen. Da war noch von geplanten Kontrollen die Rede - offenbar wurde dabei aber die Operation am Bauch vorbereitet. Diese wurde vom Chirurgen Sergio Alfieri durchgeführt, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete. Alfieri hatte den Pontifex auch 2021 am Darm operiert und gilt als Koryphäe auf dem Gebiet.
Auch in diesem Jahr musste Franziskus bereits stationär in jener Klinik behandelt werden. Ende März verbrachte er drei Tage wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus, wie er später schilderte.
Dass nun mal wieder - und noch dringlicher als oft zuvor - über Franziskus' Gesundheitszustand gesprochen wird, ist diesem nicht recht. Der Jesuiten-Geistliche will nicht als alt, gebrechlich oder gar amtsmüde gesehen werden - auch wenn er seit Anfang 2022 bereits die meiste Zeit wegen eines heftigen Knieleidens im Rollstuhl sitzt.
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