An stillen Tagen wie dem Volkstrauertag tritt das Thema Tod wieder in den Vordergrund. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, wünschen sich die Angehörigen einen Abschied in Würde. Was aber, wenn der Verstorbene kein Kirchenmitglied war? In solchen Fällen springt zum Beispiel die freiberufliche Trauerrednerin Constanze Wesche ein.
In Stadt und Landkreis Ansbach sind aktuell noch weniger als ein Dutzend Trauerredner ansässig. Trauerfeiern zu gestalten, war eigentlich gar nicht Wesches Plan. „Ich hab’ immer gesagt, das ist mir zu traurig“, erzählt die 42-jährige Mutter von vier Söhnen, die in Teilzeit als Religionslehrerin arbeitet.
Dann klingelte vor rund einem Jahr das Telefon. Am Apparat war eine Freundin. „Du, da ist eine Rednerin für eine Beerdigung ausgefallen“, teilte sie mit. Ob Wesche nicht einspringen könne? Die Trauerfeier sollte bereits am nächsten Tag stattfinden, doch der Pfarrer fiel aus und auch sonst fand sich niemand. „Dann bin ich in mich gegangen und hab’ gesagt: Okay, ich spring’ jetzt, ich mach’ das.“ Ein befreundeter Pfarrer unterstützte sie bei der Vorbereitung. Trotz ihrer Aufregung lief es gut. „Danach lobte der Bestatter: ,Mensch, Frau Wesche, das machen Sie bestimmt öfter?‘“
Warum nicht?, dachte sich die Ansbacherin. Von diesem Tag an wurde sie häufiger kontaktiert. Inzwischen hat sie schon rund 20 Beisetzungen gestaltet. Meist wird sie dann gefragt, wenn der Verstorbene vor seinem Tod signalisiert hat, dass er keinen Pfarrer will oder aus der Kirche ausgetreten ist. Denn dann ist der Gemeindepfarrer nicht verpflichtet, die Beerdigung zu leiten. Er kann es höchstens freiwillig tun.
Wesche hat vier Jahre Theologie studiert und wollte früher selbst Pfarrerin werden. Sie arbeitete viel ehrenamtlich in Kirchengemeinden mit und kennt die liturgischen Abläufe. Deshalb kann sie eine Trauerfeier auch mit kirchlichen Elementen gestalten, wenn jemand das möchte. Wenn nicht, bleibt ihre Rede neutral, dann kommt nur Biografisches zur Sprache.
Wichtig zur Vorbereitung sei das Gespräch mit den Angehörigen, bei dem das Leben des Verstorbenen im Vordergrund steht, erklärt sie. „Ich möchte diese Person kennenlernen, als hätte ich sie selbst richtig gut gekannt.“ Es sei spannend für sie, was das für ein Mensch gewesen sei. „Was hat er geliebt, wie ist er mit seinen Kindern umgegangen, worüber hat er gelacht, was waren seine Stärken und Schwächen?“
Manchmal gibt es viele Brüche in der Biografie, gerade bei Personen, die mitten im Krieg geboren sind. Vertreibung, Flucht, Neuanfang – all das prägt einen Menschen, mancher verkraftet es sein Lebtag nicht. Negatives rückt Constanze Wesche nicht in den Mittelpunkt, wenn die Angehörigen das nicht möchten. Sie klammert es aber auch nicht aus. „Ich verschönere nichts. Ich kann aber etwas an der Seite lassen, damit es nicht zentral wird.“ So wie eine Krebserkrankung oder einen Suizid.
Ins Gespräch zu kommen, sei in der Regel nicht schwer. „Der Tod ist noch so präsent, und die Angehörigen sind ganz in ihren Emotionen drin.“ Vielen sei es unangenehm, vor einer Fremden ihre Gefühle zu zeigen. „Aber ich sag’ immer: ,Es ist alles okay.‘ Ich habe auch schon mitgeweint.“ Zum Beispiel während der Hochphase der Corona-Pandemie, als eine Witwe erzählt habe, wie sie die Ärzte angefleht habe, noch einmal zu ihrem Mann zu dürfen. „Es hat mich sehr berührt, dass die sich noch mal sehen durften.“
Der größte Schmerz für einen Menschen sei, „einen lieben Angehörigen loslassen zu müssen“, meint die Trauerrednerin. Sie denkt, dass in dieser Situation auch der Glaube an Gott Halt bieten kann. Trotzdem drängt sie ihre Meinung niemandem auf. Wenn jemand nicht gläubig ist, findet sie eben andere Worte des Trostes. Und betont, was die Angehörigen noch immer mit dem Verstorbenen verbindet: „Das ist die Erinnerung an die schönen gemeinsamen Zeiten. Und die Liebe, die bleibt.“