Bier, Wurst, Auto: So tickt Deutschland heute wirklich | FLZ.de

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Veröffentlicht am 13.08.2024 07:09

Bier, Wurst, Auto: So tickt Deutschland heute wirklich

Bayern- oder auch Deutschland-Klischee pur: Eine Bedienung trägt in einem Festzelt Maßkrüge - hier beim Gaufest des Chiemgau-Alpenverbands 2024. (Archivbild) (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Bayern- oder auch Deutschland-Klischee pur: Eine Bedienung trägt in einem Festzelt Maßkrüge - hier beim Gaufest des Chiemgau-Alpenverbands 2024. (Archivbild) (Foto: Peter Kneffel/dpa)
Bayern- oder auch Deutschland-Klischee pur: Eine Bedienung trägt in einem Festzelt Maßkrüge - hier beim Gaufest des Chiemgau-Alpenverbands 2024. (Archivbild) (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Deutschland, das ist Bier, Bratwurst, Bundesliga und ein dickes Auto fahren - und für viele gehört auch der Besuch in der Kneipe zur deutschen Kultur. Statistiken geben Einblick, wie und wohin sich Deutschland bei diesen Klischees tatsächlich entwickelt. So viel sei gesagt: Manche müssen jetzt ganz stark sein, denn es gibt erstaunlich viel Bewegung und überraschende Trends bei den angeblich unverwüstlichen deutschen Traditionen.

 

Bier trinken

Auch wenn Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) im „Lied der Deutschen“ - aus dem die deutsche Nationalhymne entspringt - kein Bier erwähnt, sondern Wein („Deutscher Wein und deutscher Sang, sollen in der Welt behalten ihren alten schönen Klang“), so denken im Ausland viele vor allem an Bier, wenn sie das Wort „Germany“ hören. Besonders wohl ans Oktoberfest in München. „Die Braukunst ist ein Markenzeichen Deutschlands“, verkündet der Deutsche Brauer-Bund. 

Doch er hat eine heftige Entwicklung zu verkraften. In den letzten 25 Jahren ging der Pro-Kopf-Verbrauch hierzulande um rund ein Drittel zurück. Bundesweit lag er zuletzt bei nur 88 Litern, von denen knapp 8 Liter alkoholfreies Bier waren. Fünf Jahre zuvor waren es noch 99 Liter Bier. Die Entwicklung scheint also rapide zu sein. Prost, Deutschland? Offensichtlich immer seltener.

 

Wurst essen

Im Sommer Bratwurst grillen, an Heiligabend Bockwurst essen, in der Kantine Currywurst bestellen - nur wenig scheint deutscher zu sein als Wurst. Ob Thüringer Rostbratwurst, Nürnberger Rostbratwürstchen oder eine der vielen anderen Sorten: Für viele Touristen gehört das Probieren von Wurstspezialitäten etwa in bayerischen Wirtshäusern, Kölsch-Kneipen oder Frankfurter Apfelweinwirtschaften zum Deutschlandbesuch. 

Doch der Bundesverband Deutscher Wurst- & Schinkenproduzenten hat eine bittere Pille zu schlucken: Der Verzehr von Fleischwaren - wie etwa Wurst oder Schinken - pro Kopf in der Bevölkerung geht runter. Waren es vor zehn Jahren noch fast 30 Kilogramm, sind es jetzt nur noch etwa 25 pro Jahr. Beim Fleischverzehr insgesamt sind es mit 52 Kilogramm pro Kopf fast zehn Kilo weniger als 2014. Bei den Fleischarten ist Schwein mit 27,5 Kilogramm pro Kopf immer noch weit vorn, aber vor zehn Jahren waren es da noch zehn Kilo mehr. Auch Frischfleischtheken in Supermärkten scheinen auszusterben. 

 

Kneipe besuchen

„Die kleine Kneipe in unserer Straße - da, wo das Leben noch lebenswert ist“, textete vor bald 50 Jahren Michael Kunze für Peter Alexander. „Dort in der Kneipe in unserer Straße, da fragt dich keiner, was du hast oder bist.“ Tja, diese Orte gibt es aber immer weniger. Seit einiger Zeit wird in Deutschland ein enormes Kneipensterben verzeichnet. 

Rund ein Drittel der sogenannten Schankwirtschaften musste in den vergangenen Jahren schließen. So gab es laut Dehoga Bundesverband (Hotel- und Gaststättenverband) unter Berufung auf das Statistische Bundesamt im Jahr 2015 noch etwa 31.000 Kneipen. 2019 waren es noch fast 29.000, aber im Jahr 2022 dann nur noch 21.000 - Zahlen aus 2023 werden vom Statistischen Bundesamt erst im März 2025 veröffentlicht. 

Dazwischen lag - wir erinnern uns - die Corona-Pandemie mit ihren verheerenden Auswirkungen auf die Gastro-Branche und Ausgehverhalten. Steigende Kosten bei Energie, Miete und Personal tun wohl ein Übriges.

 

Auto fahren

Deutschland ist Auto-Land. „In Deutschland wurde das Automobil erfunden. Der Pkw, der Lkw und der Omnibus“, verkündet der Verband der Automobilindustrie (VDA). „Auch der Elektromotor wurde in Deutschland erfunden, ebenso der Computer.“ Ziel ist laut VDA „klimaneutrale Mobilität bis spätestens 2050. Mit Elektro-Antrieb, mit E-Fuels, mit Wasserstoff.“ 

Mit der recht starken Öko-Bewegung denken manche, in Deutschland gebe es womöglich eine Abkehr vom Auto und dem Individualverkehr. Doch diese Annahme ist falsch. Statistiken vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg zeigen: Vor zehn Jahren gab es etwa 44 Millionen zugelassene Personenkraftwagen in Deutschland, heute sind es mehr als 49 Millionen. 

Die höchste Steigerungsrate in Bezug auf die Anzahl der zugelassenen Pkw wies zuletzt das Segment der panzerartigen SUVs auf, von denen es demnach rund sechs Millionen gibt - etwa doppelt so viele wie vor fünf Jahren. Dicke Autos in Deutschland? Klaro!

 

Ins Stadion gehen

Die Bundesliga gehört im Fußball zu den Top-Ligen. Doch bei den Besucherzahlen gibt es einen Trend nach unten. Wurden in der Saison 2018/19 noch 13,3 Millionen Zuschauer bei den Spielen der (ersten) Bundesliga gezählt, waren es in der Saison 2023/24 nur noch 11,9 Millionen. Als Alleinstellungsmerkmal im Hinblick auf Freizeitgestaltung kann der Stadionbesuch ohnehin nicht gelten. 

Anders sieht es da mit dem Theaterbesuch aus: Aus der kleinstaatlichen Verfasstheit Deutschlands entwickelte sich die wohl reichste Bühnenlandschaft der Welt - denn jahrhundertelang gab es auf deutschem Gebiet viele kleine Staaten und Herrscher mit eigenen Höfen, an denen oft auch eigene Theater gegründet wurden. Jedes Jahr besuchen in Deutschland mehr Menschen Theater als Bundesliga-Stadien. 

Doch auch hier gibt es einen Abwärtstrend. In der Vor-Corona-Zeit (Saison 2018/19) wurden 22,9 Millionen Theaterzuschauer gezählt. Zuletzt waren es um 19 Prozent weniger. Die jüngste Statistik vom Deutschen Bühnenverein (2022/23 - erste „normale“ Theatersaison nach drei Spielzeiten mit Corona-Schließungen) weist ein Publikum von 18,6 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern aus.

© dpa-infocom, dpa:240813-930-201678/1


Von dpa
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