Lauter Jubel brandete auf und Randy Flynn strahlte vor Freude: Der 54-jährige Amerikaner hatte mit seinem naturverbundenen Plättchenlegespiel „Cascadia“ gerade in Berlin die begehrte Auszeichnung „Spiel des Jahres“ gewonnen und war überglücklich. „Es ist alles ein bisschen surreal. Ich fühle mich wunderbar und weiß gar nicht wohin mit mir“, sagte Flynn.
Bei „Cascadia“ muss ein Biotop mit Tieren und Landschaften zusammengestellt werden. Die Idee zum Thema ist Flynn beim Wandern durch die gleichnamige Region an der Westküste Nordamerikas gekommen - Flynns Heimat seit 30 Jahren. Die Kritiker-Jury würdigte die zweigeteilte Puzzleaufgabe als „besonders gelungen. Die Spielzüge sind immer belohnend“. Das Spiel vom Stuttgarter „Kosmos“-Verlag, das für 1 bis 4 Personen ab 10 Jahren geeignet ist (ca. 35 Euro), sei „ein wahres Wohlfühlspiel“. Das recht klassische „Cascadia“ setzte sich damit gegen die nominierten Titel „Scout“ von Kei Kajino und „Top Ten“ von Aurélien Picolet durch.
Der Verein „Spiel des Jahres“ vergibt den Preis seit über 40 Jahren. Die Jury nimmt dafür jährlich den Spielemarkt mit Hunderten Neuerscheinungen unter die Lupe. Bewertet werden Spielidee, Regelgestaltung, Layout und Design. Anliegen des Vereins ist es, Brett-, Karten- und Gesellschaftsspiele als Kulturgut zu fördern.
Zum „Kennerspiel des Jahres“, das Menschen mit etwas mehr Spielerfahrung ansprechen soll, wurde „Living Forest“ von Aske Christiansen gekürt. Bei dem Spiel um Naturgeister in einem mystischen Wald geht es um ein Wettrennen um zwölf Punkte - unter anderem müssen dabei brennende Bäume gelöscht werden.
So stand bei der Samstagabendveranstaltung trotz des in grellem Pink designeten Hotels direkt an der Spree weniger der Glamour, sondern vor allem die Natur im Mittelpunkt. „Es ist total schön, dass Spiele mit solchen Themen jetzt mehr wahrgenommen werden“, sagte Flynn, der normalerweise als Softwareentwickler in Seattle arbeitet.
„Der Umweltaspekt des Spiels liegt mir sehr am Herzen“, sagte auch Kennerspiel-Gewinner Christiansen. „Ich hoffe, dass wir unseren Umgang mit der Natur ändern werden. Dass wir nicht nur mit ihr spielen, sondern sie auch respektieren“, meinte der 34-jährige Däne.
Auch Hermann Hutter sieht als Vorsitzender des Branchenverbandes Spieleverlage e.V. einen Trend: „Es passt natürlich in die Landschaft. Wir haben ja die Bewegungen, die Natur zu schützen, die Vermeidung der Erderwärmung und dergleichen. Da ist so ein Spiel, zurück zu den Wurzeln der Menschheit, zur Natur, heile Welt.“
Trotzdem bleiben auch Brettspiele ein lukratives Geschäft. Der begehrte rote Pöppel (Spielfigur) auf dem Cover lohnt sich. „International können schon mal 500.000 Stück, inklusive rund 300.000 Spielen in Deutschland, verkauft werden“, sagte Hutter. Gegenüber einem erfolgreichen anderen Spiel werde der Preisträger rund zehn Mal häufiger verkauft, erklärte Hutter. „Das ist ein großer Wirtschaftsfaktor. Deswegen ist es für einen Verlag schon ein großer Segen und ein kleiner Lottogewinn, wenn man so ein Spiel des Jahres bekommt.“
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