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Veröffentlicht am 05.09.2022 05:03

Die richtige Schule fürs Kind finden

Dass Freunde aus dem Kindergarten auf dieselbe Schule gehen, muss nicht das Hauptkriterium für eine Schule sein. Oft finden sich auf dem Pausenhof ganz schnell neue Freunde. (Foto: Westend61/dpa-tmn)
Dass Freunde aus dem Kindergarten auf dieselbe Schule gehen, muss nicht das Hauptkriterium für eine Schule sein. Oft finden sich auf dem Pausenhof ganz schnell neue Freunde. (Foto: Westend61/dpa-tmn)
Dass Freunde aus dem Kindergarten auf dieselbe Schule gehen, muss nicht das Hauptkriterium für eine Schule sein. Oft finden sich auf dem Pausenhof ganz schnell neue Freunde. (Foto: Westend61/dpa-tmn)

Nicht jede Familie hat mehrere Grundschulen vor der Haustür. In der Stadt ist das Angebot an Schulformen meist größer als auf dem Land. Doch auch wer sich nur zwischen zwei Schulen entscheiden muss, sollte dies gewissenhaft tun.

Hat das Kind besondere Fähigkeiten oder Unterstützungsbedarf, gilt es abzuwägen, welches Konzept besser passt. Folgende Kriterien können bei der Wahl der Schule helfen:

Je größer die Familie, desto mehr muss die Schule in die täglichen Abläufe passen. Die Lage ist daher ein wichtiger Aspekt. „Je weiter die Schule entfernt ist, desto häufiger müssen die Eltern ihre Kinder zu Freunden fahren, die ebenfalls woanders wohnen“, sagt Eltern-Coach Viola Herrmann aus Berlin. Sie selbst ist Mutter von vier Kindern.

Begleitet man Sechs- und Siebenjährige anfangs noch bis zum Schultor, ist dies später nicht mehr nötig. Wenn Kinder die Schule zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können, helfe man ihnen, in den kommenden Schuljahren ihre Selbstständigkeit auszubauen, so Herrmann.

Als zweiten Aspekt nennen Eltern häufig die Freunde. „Kinder bekommen schon im Kindergarten mit, welche Schulen es gibt und wer wohin geht“, sagt Viola Herrmann.

Der Schulpsychologe Uwe Sonneborn befürwortet, dass Kindergartenfreunde auf eine Schule gehen. So sei das Kind nicht allein. „Zum alleinigen Maßstab sollte dies aber nicht gemacht werden“, sagt er.

Wie es ohne beste Freundin oder besten Freund klappt, hat Viola Herrmann beobachtet. „Kinder brauchen in der ersten Klasse oft nur zehn Minuten auf dem Pausenhof, bis sie neue Freunde finden“, erzählt sie. Die Sorge, dass Kinder dort ganz einsam sind, bestätige sich häufig nicht.

Die Dortmunder Grundschulleiterin Christiane Mika empfiehlt, sich vorab mit den pädagogischen Konzepten der Schulen zu beschäftigen. In diesen sollte zum Ausdruck kommen, ob „vom Kind aus gedacht“ wird: Gibt es offene Lernkonzepte? Wie erreicht jedes Kind Lernerfolge? Und wie werden Leistungen wertgeschätzt und zurückgemeldet?

Das sind Fragen, auf die Eltern Antworten erhalten sollten. Handicaps wie Lernschwierigkeiten oder ein auffälliges Sozialverhalten sollten vorher mit der Schule besprochen werden. „Im Gespräch erkennt man in der Regel, wie die Schule damit umgeht“, so Psychologe Sonneborn.

„Einen grundsätzlichen Qualitätsunterschied gibt es zwischen staatlichen und privaten Schulen nicht“, stellt Andrea Preußker von der Robert Bosch Stiftung fest. Ihr Gremium zeichnet jedes Jahr gute Schulen mit dem Deutschen Schulpreis aus. Bewertet werden Unterricht und Leistung sowie auch das Schulklima und der Umgang mit Vielfalt.

Wer sich in einer Privatschule dennoch besser aufgehoben fühlt, sollte prüfen, was sie verspricht. In der Regel sind es Dinge, die die Qualität des Unterrichts anheben: mehr Personal, bessere Technik und Ausstattung. „Verlassen kann man sich darauf aber nicht“, sagt Eltern-Coach Viola Herrmann aus eigener Erfahrung.

Eine Modellschule kann zum Kind passen, wenn man seine Talente und Vorlieben stärker unterstützen will. „Eine Waldorfschule kommt den musischen, kreativen und spielerischen Elementen der Kinder entgegen“, sagt Uwe Sonneborn. Allerdings seien spätere Ausbildungs- und Studiensysteme nicht für Waldorfschüler angelegt. „Das erfordert dann eine hohe Anpassungsleistung“, so der Psychologe.

Auch ein Unterricht ohne Notengebung, wie ihn Waldorf- und Montessorischulen anbieten, kann förderlich sein. Aber: „Manche Kinder brauchen den Druck der Noten“, sagt Viola Herrmann. „Sie finden es toll, gefordert zu werden und sich vergleichen zu können - wieder andere Kinder leiden darunter.“

Eltern sollten auch wissen, wer die Kinder beim Übergang in die Grundschule betreut. „Sozialpädagogische Fachkräfte sind unbedingt notwendig“, sagt Schulleiterin Christiane Mika. Sie unterstützen Kinder in ihrem neuen schulischen Alltag.

„Wovon sich Eltern aber verabschieden müssen, ist die enge Betreuung mit wenigen Kindern pro Fachkraft wie im Kindergarten“, sagt Viola Herrmann. Das löse sich in der ersten Klasse sofort auf, sodass Kinder selbstständiger werden müssen.

Zu den Betreuungsfragen gehört auch, ob die Schule ein Mittagessen anbietet und die Kinder am Nachmittag bei den Hausaufgaben Hilfe bekommen. Für berufstätige Eltern kann ein Ganztagesangebot sinnvoll sein. Die Schule sollte ermöglichen, dieses inhaltlich und organisatorisch mitzugestalten, so Christiane Mika. Das sei „ein wichtiger Entscheidungsfaktor für Eltern“.

Bevor die Entscheidung fällt, sollte die Schule mindestens einmal mit dem Kind besucht werden. Eine gute Gelegenheit ist der Tag der offenen Tür. Von innen ist es viel leichter zu erkennen, ob Klassenräume kinderfreundlich gestaltet sind und die Ausstattung modern ist. „Auch ein abwechslungsreicher Pausenhof, der die Motorik fördert, spricht für eine Schule“, sagt Viola Herrmann.

An dem Tag stellen Lehrkräfte die Schule kurz vor. „Eltern sollten hierbei auf den ersten Eindruck achten: Ist das authentisch, was geschildert wird? Oder eine Show-Veranstaltung?“, rät Uwe Sonneborn. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sollten Eltern nutzen, sich aber nicht in Details verlieren. „Etwa wie die Sitzordnung ist oder wann die Klassenfahrt stattfindet“, sagt er.

Besser ist, sich vorher Fragen zur Betreuung zu überlegen oder zum Plan für das erste Jahr. „Hier sieht man schon, ob die Lehrkräfte das einzelne Kind sehen oder mehr an der Wissensvermittlung, also dem Unterricht, interessiert sind“, so der Schulpsychologe.

Bleiben immer noch Zweifel an der Schulwahl, kann man die Schulleitung nach einer Hospitation fragen. „In der Unterrichtsstunde sehen Eltern und Kinder zumindest einen kleinen Ausschnitt“, sagt Eltern-Coach Viola Herrmann. Dabei geht es nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Beziehung. „Eine Lehrkraft muss die Kinder für sich gewinnen können“, sagt sie.

Freundlichkeit, Empathie und Kompetenz sind besonders wichtig. Das bedeutet, dass es fair zugeht und kommuniziert wird, ohne laut oder verletzend zu werden. „Darauf legen Kinder viel wert“, so Herrmann. Auch Uwe Sonneborn bekräftigt, dass die Beziehungsarbeit ein wichtiger Indikator sei, „ob eine Schule geeignet ist oder nicht“.

Im Anschluss sollten Eltern mit ihrem Kind die Eindrücke austauschen. Letztlich über die Wahl der Schule entscheiden müssen aber die Eltern. Alles andere würde das Kind überfordern, so Sonneborn. Wenn die Entscheidung getroffen ist, sollten „Eltern keine Zweifel an der Schulwahl signalisieren“. Im Gegenteil: „Sie sollten dem Kind ein Sicherheitsgefühl mitgeben, wenn es in die Schule geht“, sagt er.

Gute Schule ist überall möglich - staatlich, privat, an Grundschulen und allen weiterführenden Schulen. Das zeigen die jährlichen Preisträger des Deutschen Schulpreises. Wie Schulen bewertet werden und ob Ihre dabei ist, erfahren Sie unter www.deutscher-schulpreis.de.

© dpa-infocom, dpa:220404-99-793659/5

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