Geschieden, geköpft, gestorben. Geschieden, geköpft, überlebt. Das Schicksal der sechs Ehefrauen des berüchtigten englischen Königs Heinrich VIII. ist vielfach beschrieben, ihre Geschichte unzählige Male erzählt worden. Oder? Am Abend feierte das Musical „Six“ eine umjubelte München-Premiere im Deutschen Theater. Und es stellt die Frage, ob es wirklich die Geschichte von Katharina von Aragon, Anne Boleyn, Jane Seymour, Anna von Kleve, Catherine Howard und Catherine Parr ist, die aus den Geschichtsbüchern, historischen Romanen, Serien und Filmen bekannt ist - oder ob sie da traditionell eher Randfiguren sind aus dem Leben des Tudor-Königs.
Dieses männlich geprägte Narrativ stellt das britische Musical, das gerade zum ersten Mal ein Deutschland-Gastspiel gibt und vor der Münchner Premiere schon in Berlin zu sehen war, infrage und auf den Kopf. Die sechs Frauen erzählen schließlich - nachdem sie sich zuerst einen Wettstreit darüber geliefert haben, wem von ihnen König Heinrich das größte Leid angetan hat - ihre eigenen Geschichten, um zu zeigen, dass sie mehr sind als nur die (Ex-)Frau von.
Das Musical gipfelt schließlich in folgender Interpretation: Der berüchtigte Monarch - der zwei seiner Frauen köpfen ließ, sich wegen seiner ersten Scheidung und der Ehe mit Anne Boleyn mit dem Papst überwarf und sich dann selbst zum Oberhaupt seiner eigenen, neuen, anglikanischen Kirche machte - sei nicht etwa wegen dieses Einschnitts in die Kirchengeschichte so berühmt geworden, wie er heute ist, sondern eigentlich nur wegen seiner sechs Frauen.
Großen Jubel und langen Applaus gab es vom Münchner Publikum für dieses witzige, kreative, temporeiche, feministische Feuerwerk. Noch bis zum 7. April soll es am Deutschen Theater in der bayerischen Landeshauptstadt zu sehen sein. Danach wird es vom 9. bis 21. April in Zürich gezeigt.
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