Seine gute Laune hat Skirennfahrer Thomas Dreßen nach schwierigen Monaten längst wiedergefunden. „Etz kum i, da braucht's wieder an Untertitel“, scherzte Deutschlands bester Abfahrer in schönstem Oberbayerisch, als er bei der Einkleidung des Deutschen Skiverbandes mal wieder einer Horde Journalisten gegenüberstand.
Der 29-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen ist zurück und gibt am Freitag in Lake Louise über zweieinhalb Jahre nach dem letzten Weltcuprennen sein Comeback. „Ich will dahin, wo ich vorher war. Hoffentlich bisschen besser werden“, sagte Dreßen. Von seiner Rückkehr erhofft sich die deutsche Speed-Riege einen Push für das gesamte Team.
Um sich an seinen letzten Weltcup-Auftritt zu erinnern, musste Dreßen kurz überlegen. „Das war vor dem ersten Lockdown. Schon brutal lang her“, sagte der Oberbayer. Zuerst bremste den Athleten vom SC Mittenwald eine Hüft-Operation aus. Dann sorgte ein Eingriff am vorgeschädigten rechten Knie dafür, dass der Deutsche die gesamte vergangene Saison inklusive Olympia verpasste. Mittlerweile hat Dreßen wieder „vollstes Vertrauen“ in seinen Körper. „Für mich ist die größte Beruhigung, dass jetzt alles passt“, sagte er.
Nicht nur der Körper passt, auch der Kopf ist wieder frei. „Als meine Teamkollegen letztes Jahr alle nach Amerika geflogen sind, und ich bis dahin noch gar nicht auf Schnee war und auch nicht wusste, wann es wieder auf den Schnee geht. Da bin ich mental bisschen in ein Loch gefallen“, berichtete Dreßen. In Gesprächen mit seinem Mentaltrainer habe er leichte depressive Phasen erkannt, „ich war schlecht drauf, ich habe auch auf nichts mehr Lust gehabt“
Mittlerweile ist die Motivation zurück und mit ihr die Gier nach neuen Titeln. Comebacker-Gene hat Dreßen im Blut. Das stellte der Deutsche schon 2019 in Lake Louise unter Beweis, als er nach schwerer Knieverletzung direkt zum Sieg fuhr. Warum also nicht nochmal von null auf hundert? „Dass er kommt und Lake Louise gewinnt, das glaube ich nicht“, sagte Alpin-Direktor Wolfgang Maier, „aber es hilft uns, wenn jemand da ist, der sich kontinuierlich an die absolute Weltspitze ran bewegt. Wenn du vorne eine Galionsfigur hast, wächst das Selbstvertrauen des ganzen Teams.“
Es muss wachsen. Denn der vergangene Speed-Winter endete ohne einen Podestplatz enttäuschend. Und so erhofft sich die Riege um Simon Jocher und Andreas Sander von der Rückkehr ihres Zugpferds einen Aufschwung für das gesamte Team. „Ich hoffe, dass wir uns zusammen nach vorn kämpfen. Tom ist einfach eine brutale Rennsemmel. Wenn es drauf ankommt, ist er da. Das fehlt mir manchmal so bisschen“, sagte Jocher.
Dreßen selbst möchte sein Comeback behutsam angehen. Hauruckaktionen seien nicht zu erwarten. „Ich werde sicherlich nicht gleich alles riskieren“, sagte der Kitzbühel-Sieger von 2018 und bremste die hoffnungsvollen Erwartungen einiger Alpin-Fans. Dennoch dürfte alleine die Erinnerung an den früheren Erfolg auf der Piste in den Rocky Mountains den ein oder anderen Extra-Kraftschub freisetzen.
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