Jedes Jahr haben Hunderttausende Eltern bei der Namenswahl für ihre neugeborenen Kinder die Qual der Wahl. Dabei sind einige kreativ, andere folgen den Trends. 2023 haben sich erneut viele für die Vornamen Emilia und Noah entschieden - die beiden Namen führen die Top-Ten-Liste der beliebtesten Vornamen des Namen-Experten Knud Bielefeld an. „Genau wie im Vorjahr. Da hat sich nichts verändert“, sagte der Hobby-Namensforscher der Deutschen Presse-Agentur in Ahrensburg in Schleswig-Holstein.
Bielefeld hat sein Ranking am Freitag veröffentlicht, es liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Auf den weiteren Plätzen folgen bei den Mädchen Emma und Sophia und bei den Jungen Matteo und Elias.
Dass Emilia und Noah erneut die Listen anführen, sei gar nicht ungewöhnlich. „Das ist ganz typisch, dass sich solche Vornamen-Moden ganz zäh entwickeln, dass sich wirklich über Jahrzehnte kaum was ändert.“ Es könne auch passieren, dass Noah und Emilia auch in den kommenden Jahren noch weiter Nummer eins bleiben. Die beiden Namen seien relativ gleichmäßig und vorsichtig aufgestiegen in die Hitliste und nicht so emporgeschnellt wie zuletzt der Name Matteo.
Gleichzeitig sieht Bielefeld in seinen Statistiken aber auch Namen, die in den vergangenen beiden Jahren viel Aufwind hatten und durchaus Kandidaten für die Top Ten in den nächsten Jahren sein könnten. „Das wären die Namen Emilio, Fiete, Fritz, Hannes, Leano, Liam, Lino, Lio, Marlon und Theo bei den Jungen und bei den Mädchen Amalia, Ella, Elli, Hailey, Ida, Lia, Lilly, Lotta, Malia und Rosalie.“ Dabei sieht er einen Namen sogar klar in der Favoritenrolle. „Wenn ich jetzt wetten sollte, ich würde auf Leano tippen.“
In den Listen kommen zudem immer häufiger geschlechtsneutrale Namen vor, die sowohl von Mädchen als auch von Jungen getragen werden können. In den USA gebe es diesen Trend schon länger. Beispiele für diese Unisex-Namen seien Ashley, Quinn oder auch Taylor. „Das ist eigentlich ein gar nicht so seltener Jungen-Name in Deutschland. Der wurde immer beliebter. Durch den Hype um Taylor Swift, die ja eine Sängerin ist, kommt der inzwischen auch als Mädchenname an.“
In den meisten Bundesländern ähneln sich die Listen der Top-Ten-Vornamen. In der Regel stehen auch dort Emilia, Emma, Sophia und Hannah sowie Noah, Matteo und Emil auf den ersten fünf Plätzen. In Bundesländern mit vielen Großstädten wie Nordrhein-Westfalen oder Stadtstaaten wie Bremen und Berlin schafft es sogar der Name Mohammed in die Top Ten, weil dort vergleichsweise viele Familien mit Migrationshintergrund leben.
Bielefelds Berechnungen zufolge trägt die Hälfte der in Deutschland geborenen Kinder einen der 60 beliebtesten Mädchen- oder Jungennamen.
Auffällige Abweichungen gebe es stets in Bayern und Sachsen. „In Sachsen sind diese Retro-Namen sehr populär - so was wie Karl und Gerda, was man woanders noch nicht so kennt.“ Bayern habe ebenfalls eine spezielle Namenslandschaft, die verhältnismäßig konservativ sei. „Da laufen auch so Namen wie Thomas, Michael oder Sabine noch verhältnismäßig gut, die in anderen Ländern gar nicht mehr gehen.“ Dort findet sich Noah noch nicht einmal in den Top Ten. Stattdessen stehen Lukas, Felix und Maximilian an der Spitze.
Deutlich moderner seien dagegen die Bundesländer im Norden, sagte Bielefeld weiter. „Je nördlicher, desto moderner. Vornamen-Trends werden eher in Norddeutschland geprägt als in Süddeutschland.“ So spiele beispielsweise der Name Fiete in der Statistik von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern schon länger eine Rolle. „Und er erobert inzwischen schon recht heftig Deutschland. Das ist auch so ein Kandidat, der bald überall in den Top 10 sein kann.“
Beim Erstellen der Rankings ist Bielefeld zudem ein außergewöhnlicher Name aufgefallen - der Mädchenname Evanna. „Das ist ein Name, den hatte ich noch nie in meiner Datenbank und jetzt gleich mehrfach.“ Der Ahrensburger geht davon aus, dass das mit der irischen Schauspielerin Evanna Lynch zu tun haben könnte, die in den „Harry Potter“-Filmen die Rolle der Luna Lovegood übernommen und 2021 ein Buch veröffentlicht hatte.
Für die bundesweite Auswertung haben Bielefeld und sein kleines Team auf Erstnamen-Daten aus 412 Städten zurückgegriffen. Fast zwei Drittel der Daten kommt von Standesämtern und der Rest aus Babygalerien von Geburtskliniken. Bielefeld hat eigenen Angaben zufolge etwa 280.000 Geburtsmeldungen erfasst. Das entspricht etwa 40 Prozent der in Deutschland geborenen Babys. 2022 waren dem Bundesamt für Statistik zufolge 738.800 Kinder geboren worden. Neuere Zahlen lagen noch nicht vor.
Eine ähnliche Vornamen-Statistik mit nach eigenen Angaben rund 90 Prozent aller Daten von den Standesämtern gibt die Gesellschaft für Deutsche Sprache heraus - jedoch später als Knud Bielefeld.
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