Viele Kindertagesstätten in Bayern stehen finanziell vor dem Kollaps. Mit der aktuellen Förderung des Freistaats seien viele Kommunen nicht mehr in der Lage, den Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung gerecht zu werden, sagte Kurt Krömer, Erster Bürgermeister der Stadt Stein (Landkreis Fürth), als Vertreter des Bayerischen Gemeindetags bei der Expertenanhörung des bayerischen Landtags zur Lage der Kitas in Bayern.
„Die Hütte brennt“, es müsse dringend etwas bei der Finanzierung geschehen, sagte Krömer. Um die kommunalen Defizite trotz der steigenden Kosten - etwa wegen Mieten - niedriger halten zu können, müsse die Förderung von derzeit 60 Prozent auf 90 Prozent erhöht werden. „Ganz ausgleichen können wir es eh nicht.“
Auf Nachfrage wollte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) aber keine Zusage machen, ob sie die 90-Prozent-Forderung unterstützt: „Ein mögliches neues Konzept zur Finanzierung der Kinderbetreuung wird in Abstimmung mit dem Bündnis für frühkindliche Bildung, in dem alle wichtigen Beteiligten mitarbeiten, erarbeitet. Eine Vorfestlegung auf eine bestimmte Höhe der zukünftigen Förderung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll und würde die Konzepterarbeitung einschränken.“ Sie kenne die Sorgen der kommunalen Familie zur Finanzierung der Kinderbetreuung und nehme diese sehr ernst.
Laut „Bayerischem Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern“ (BayKiBiG) finanziert die öffentliche Hand aktuell 60 Prozent der tatsächlichen Betriebskosten. Der Rest muss über Elternbeiträge, Spenden oder von den Gemeinden finanziert werden. Diese Deckungslücke wird seit Jahren immer größer.
„Das System bricht zusammen, wir müssen da was tun“, betonte auch Manfred Riederle, Vize-Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags. Da die Haushaltslage des Freistaats auch schwierig sei, müsse das Thema dringend besprochen und eine für alle Seiten vertretbare Lösung gefunden werden. Lena Sophie Weihmayer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sprach davon, dass wegen der finanziellen Probleme das Fundament der frühkindlichen Bildung wegzubrechen drohe.
Es gehe in Summe um eine zusätzliche Milliarde Euro, hieß es in der Anhörung übereinstimmend von den Experten. Das Geld müsse von Land und Kommunen geschultert werden. Auch für den Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse und dem bereits vorhandenen Nord-Süd-Gefälle bei der Kita-Versorgung brauche es aber eine auskömmliche Finanzierung. Im Norden Bayerns sei die Lage deutlich schwieriger.
Das Geld müsse im nächsten Doppelhaushalt verankert werden, hieß es weiter. Noch sei das System steuerbar und es gebe eine handlungsfähige Kita-Landschaft. Aber es müsse jetzt gehandelt werden, damit dies auch so bleibe.
Krömer nannte als Beispiel für die großen Herausforderungen der Kommunen etwa das Problem, dass sich immer mehr Freie Träger von Kitas wegen Kostendefiziten entscheiden würden, Einrichtungen zu schließen. Dies setze dann direkt die Kommunen unter Druck, da diese die wegfallenden Plätze - auch mit Blick auf den geltenden Rechtsanspruch - dann anderweitig kompensieren müssten.
Auch viele andere in den Landtag geladene Experten aus dem Bereich betonten, dass es für die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sei, die Bedingungen in den Kitas zu verbessern. In den Kitas würden entscheidende Grundlagen für gleichwertige Bildungschancen, Demokratieverständnis und gelebte Inklusion gelegt.
„Wir brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen“, sagte etwa Lisa Pfeiffer, vom Verband Kita-Fachkräfte Bayern. Erzieher brauchten viel Zeit, um mit der notwendigen Sensibilität auf die enormen Herausforderungen eingehen zu können. Diese hätten sich in den vergangenen Jahren derart geändert, dass „selbst wenn alles besetzt ist, können wir nicht so arbeiten, um allen Kindern gerecht zu werden“.
Die Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag, Doris Rauscher (SPD) forderte die Staatsregierung nach der Anhörung auf, die Sorgen der Kita-Experten ernst zu nehmen: „Wir haben es nun schwarz auf weiß: Bayerns Kitas brauchen mehr Geld und müssen schnellstmöglich entlastet werden.“ Die Anhörung habe gezeigt, dass es viele Stellschrauben gebe - ein erster Schritt sei die finanzielle Entlastung der Kitas.
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