In Dortmund steht ein Panzer vor dem Stadion, bei der TSG Hoffenheim fürchtet man einen Spielabbruch, und auch in Leipzig herrscht Unruhe: Zum Auftakt der Bundesliga könnten Fan-Proteste einen unliebsamen Schatten auf das deutsche Vorzeige-Fußballprodukt werfen. Mit der erfolgreichen Gegenwehr zum geplanten und dann abgesagten Investoreneinstieg in der Deutschen Fußball Liga haben Fans schon in der vergangenen Saison ihre Macht demonstriert.
Am angespanntesten ist die Lage in Hoffenheim, wo eine Ultra-Gruppierung angeblich einen Abbruch des Spiels am Samstag gegen Neuling Holstein Kiel (15.30 Uhr/Sky) provozieren will. „Es ist kein Geheimnis, dass es Unruhe gibt - im gesamten Verein und auch unter den Fans“, sagte Trainer Pellegrino Matarazzo. Mit seiner Mannschaft will der 46-Jährige vorher besprechen, dass es auf den Rängen unentspannt werden könnte: „Einfach mental vorbereiten, dass es auf uns zukommen kann, dass man nicht überrascht ist und was man macht im Anschluss.“
Zwei Fan-Gruppierungen hätten der TSG „den Krieg erklärt“, wie es der Club wiedergab. Man fürchtet, dass ein Kern von 20 bis 40 Ultras mit Hassplakaten einen Spielabbruch provozieren könnte. Auslöser war die Trennung von der operativen Geschäftsführung um den langjährigen Manager Alexander Rosen, im Kern der Kritik steht einmal mehr Mäzen Dietmar Hopp.
„Wir wollen nicht, dass Dietmar Hopp aus seinem eigenen Stadion gemobbt wird“, hieß es dazu vom Verein. Nach dem Ende von Rosen und Co. wurde Hopp auf einem Plakat am Trainingszentrum persönlich attackiert: „Wir Fans sind der Verein. Hopp verpiss Dich!“ Der 84 Jahre alte Milliardär, dessen Einfluss im Club noch immer als umfassend gilt, hat sich bisher nicht dazu geäußert.
Beim BVB ist der Zoff deutlich politischer aufgeladen. Das Topspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag (18.30 Uhr/Sky) ist das erste Heimspiel, seitdem der Club eine Werbepartnerschaft mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall abgeschlossen hat. Das Fan-Bündnis Südtribüne Dortmund rief „jeden einzelnen Borussen und jeden Fanclub dazu auf, seinen Unmut über den Deal mit Rheinmetall ins Stadion zu tragen“. Zu Beginn der zweiten Halbzeit soll die Kritik zum Ausdruck gebracht werden.
Die Stimmung ist aufgeheizt, da der angeblich 20 Millionen Euro schwere Deal ohne Einbindung der Fans eingefädelt worden sei. „Zu keinem Zeitpunkt hat es eine Beteiligung von Fanvertretern gegeben“, schrieb das Fan-Bündnis. „Der in der Öffentlichkeit entstandene Eindruck, Fanvertreter seien bei der Entscheidungsfindung zum Deal mit der Firma Rheinmetall befragt worden, ist unzutreffend.“
Die Deutsche Friedensgesellschaft hat ebenfalls einen Protest angekündigt - allerdings vor dem Stadion. Nahe dem Eingang Süd-Ost soll am Samstag ein mit BVB-Girlanden und Fahnen verziertes Panzermodell stehen, zudem soll ein „als Rheinmetall-Chef Armin Papperger verkleideter Aktivist auf den Werbedeal“ aufmerksam machen.
BVB-Chef Hans-Joachim Watzke wies bei der Verkündung der Zusammenarbeit dagegen darauf hin, dass Sicherheit und Verteidigung Eckpfeiler der Demokratie seien. „Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen“, erklärte Watzke Ende Mai.
Auch in Leipzig herrscht aktuell nicht die prächtigste Stimmung, wobei man in Sachsen weit vom Hoffenheimer oder Dortmunder Stresslevel entfernt ist. Am Ende der vergangenen Saison gab es auswärts binnen vier Wochen zwei Pyroaktionen von RB-Anhängern - bei der Clubführung trifft die Zündelei einen hochempfindlichen Nerv.
Daraufhin beschloss der Club, in der nun beginnenden Saison auswärts keine Choreografien mehr anzumelden, weil durch die Materialien Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt werden könnte. Zudem wurden Hausverbote verhängt und Dauerkarten entzogen. Die aktive Fanszene empfindet dies als willkürliche Repressalien, der Club spricht von im Umlauf befindlichen Halbwahrheiten und unterbreitet Gesprächsangebote. Zu Protesten im Spiel gegen Bochum dürfte es am Samstag (15.30 Uhr/Sky), wenn überhaupt, nur durch Banner kommen.
Dass Fans für ihre Rechte und Reformen einstehen sollen, fordert das Bündnis „Unsere Kurve“ in einem Katalog zum Saisonstart. Darin werden fünf Kernthemen genannt, unter anderem eine Reform des Videobeweises, legale Pyrotechnik und sozialverträgliche Ticketpreise. Die Kurven - so hat es den Anschein - sind politisch aufgeladener denn je und zeigen den Clubs, dass sie es mit Alleingängen und Willkür schwer haben werden.
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