In Altheim gibt es eine schöne, kleine Wirtschaft. Viel Holz im alten Gemäuer, ein satter Tresen, dahinter die Küche. Vor dem Stammtisch steht Gerhard Espert. Er ist der Träger des FLZ-Ehrenamtspreises für den Monat Juni.
Der 50-Jährige lebt gern in Altheim, einem Ortsteil von Dietersheim im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim. „Ich bin hier aufgewachsen. Meine Eltern hatten eine Landwirtschaft, die mein Bruder mit seiner Familie auch weiterführt. Ich wollte nie weg, weil wir schon immer ein Ort sind, wo Alt und Jung zusammenhält. Das ist nicht überall so. Das passt einfach.“
Mit 16 ging er zur Feuerwehr. „Das war für uns normal. Das ist der Verein, wo die Kameradschaft gepflegt wurde.“ Ein Jahrzehnt später wurde Gerhard Espert zum Vorsitzenden des Feuerwehrvereins gewählt. Und war dabei, als die Dorferneuerung anstand. Mit ihr versucht der Freistaat über seine Ämter für Ländliche Entwicklung, kleine Orte attraktiver zu machen. Ähnlich wie in der Flurbereinigung wird dafür im Ort eine Teilnehmergemeinschaft gebildet, um die Bürger einzubinden.
„Bei uns haben sich dafür ganz viele gefunden“, blickt Espert in das Jahr 2005 zurück. Schnell kam der Gedanke an ein Dorfgemeinschaftshaus auf. Eine von zwei Wirtschaften war schon geschlossen. Die Kerwa im Oktober musste in einer Halle gefeiert werden, der Gesangverein hatte kein Domizil mehr. Wo könnte ein neuer Treffpunkt entstehen? Im alten Schulhaus? In der Schäferei?
Die Entscheidung fiel für eine alte Scheune in der Ortsmitte. Sie hatte einst zu einer Bäckerei gehört, jetzt wurde sie nicht mehr gebraucht. Die Gemeinde kaufte sie. Für das Leben in der Scheune sollte ein Verein als Mieter sorgen. Im März 2008 wurde der Dorf- und Kulturverein Altheim gegründet, mit Gerhard Espert als Vorsitzendem. „Wir hatten schon so viel Arbeit reingesteckt. Da war es für mich dann ein Stück weit reizvoll, das Projekt zu realisieren.“
Viele Fäden liefen nun bei dem Vorsitzenden des neuen Vereins und der Feuerwehr zusammen. Der Elektrotechniker setzte auf ein großes Miteinander in dem kleinen Ort mit 220 Einwohnern. „Ein solches Ehrenamt führt man dann gerne aus, wenn man ein gutes Team hinter sich stehen hat. Dies war in allen Vorstandskonstellationen, sowohl in der Feuerwehr als auch beim Dorfverein, immer der Fall. Dann macht das Ganze Spaß.“ Sein Konzept, möglichst viele mitzunehmen, ging auf. „Wenn man in einem Verein immer Freiwillige findet, die sich bei neuen Ideen sofort begeistern lassen und bei der Umsetzung helfen, gibt dies Auftrieb und neue Motivation.“
Am Anfang gab es nur offene Fragen. Wie gelingt der Umbau, wie werden die Innenräume gestaltet, wer hat Ideen für die Nutzung? Das Amt für Ländliche Entwicklung in Ansbach verlangte ein umfassendes Konzept, bevor es Fördermittel freigab. Ein wichtiger Punkt: Mit öffentlichen Geldern darf die Existenz für bestehende Einrichtungen nicht gefährdet werden. Ein Wirtshaus gab es noch, doch die Betreiber signalisierten frühzeitig, dass sie in dem Dorfhaus keine Konkurrenz sehen, weil auch ihre zeitliche Perspektive begrenzt ist. Auch dieses Wirtshaus ist seit längerem geschlossen.
Der Weg war frei, aber voller Fragezeichen. „Wir haben uns viele Sachen in anderen Orten angeschaut, um Informationen zu bekommen. Es gibt ja keinen Verband für Dorfgemeinschaftshäuser, der einem zur Seite steht“, erinnert sich Gerhard Espert an die Anfangsphase. Er organisierte Informationsfahrten, leitete Sitzung um Sitzung, führte unzählige Gespräche. „Unser Verein hat am Ende die komplette Inneneinrichtung gestemmt, die Jagdgenossenschaft, die Feuerwehr und der Gesangverein haben geholfen. Es gab keine mir bekannten Zweifler. Das ist mit Tempo gelaufen.“ Nach zwei Jahren war Einweihung.
Beim Finanzrahmen gab es eine Punktlandung, doch nur, weil viele Altheimer an den Samstagen anpackten. „An Eigenleistung kamen 2800 Arbeitsstunden zusammen, ohne die Zeit für Planungen und Besprechungen.“ Hinschmeißen war für den Vorsitzenden nie ein Thema, im Gegenteil: „Es hat echt Freude gemacht zu sehen, was man miteinander wirklich schaffen kann. Und es ist ein Stück weit Bestätigung und immer wieder schön, wenn Leute zu einem Fest kommen und sagen, bei euch geht was.“
Der gemütliche Raum in der Scheune wird jeden Freitagabend von Freiwilligen bewirtet, die auch für das Essen sorgen. Was serviert wird, steht wie alle anderen Informationen für die Gemeinschaft auf der gemeinsamen Homepage aller Vereine unter altheim-mittelfranken.de. Jeden zweiten Mittwoch gibt es zusätzlich einen Treff. Im Obergeschoss ist ein Multifunktionsraum entstanden, der für Gymnastikstunden, kleinere Veranstaltungen oder als Bar für große Feiern dient. Dann wird unten die Schiebewand zwischen Gastraum und Saal geöffnet und die ganze Scheune bietet Platz für Kerwa, Faschingsball, Konzerte und Feiern aller Art.
„So ein Treffpunkt ist für ein Dorf Gold wert. Aus dem Miteinander wächst Neues“, sagt Gerhard Espert. Das Dorfhaus ist für ihn der Anker, hier treffen sich Alteingesessene und Neubürger. „Altheim ist ein offenes Dorf. Da sitzt keiner alleine rum. Wenn ich nach Altheim ziehe und Anschluss möchte, brauche ich keine Angst zu haben, dass ich keinen bekomme.“
Längst wirkt das Projekt über die Scheunenmauern hinaus. Wenn bei den Veranstaltungen etwas in der Kasse bleibt, unterstützt der Dorf- und Kulturverein Altheim andere Dinge. Er hat Gehwege in die Siedlung und am Friedhof mitfinanziert und die Idee eines Jugendlichen aufgegriffen. Dieser schlug in der Mitgliederversammlung vor, aus dem Sportplatz am Ortsrand einen Hartplatz zu machen. Auf ihm wird jetzt nicht nur Basketball, Volleyball und Fußball gespielt. Am 12. und 13. Juli findet dort ein Kultur-Wochenende statt. Am Freitagabend sind Martin Rassau von der Comödie Fürth und Bernhard Ottinger mit ihrer Komödie „Kerle auf Kur“ zu Gast, am Samstag spielt „Monkey Business“.
„Die Einnahmen aus dem Dorfhaus kommen dem Ort wieder zugute“, beschreibt Gerhard Espert das Ziel. So ist im Vorjahr an der Bushaltestelle ein Holzbackofen entstanden, an dem man sich einmal im Monat zum Brotbacken trifft. Die Haltestelle liegt neben dem Dorfhaus, genauso wie das „Haisla“, ein eigener Treffpunkt für die Jugend, und ein Kinderspielplatz. „Für jede Generation ist etwas da“, freut sich der 50-Jährige.
Im März diesen Jahres hat er als Vorsitzender des Dorf- und Kulturvereins nach 16 Jahren aufgehört. Im Guten, nicht im Streit. Die Leitung des Feuerwehrvereins hatte er schon früher nach 14 Jahren übergeben. Er hilft weiter mit, will aber wieder mehr Zeit haben. Seiner Frau und den drei Söhnen gilt der größte Dank. „Sie haben mir den Rücken freigehalten und Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht hingenommen. Ohne sie wäre das Engagement über so lange Zeit niemals möglich gewesen.“