Vier Klimaaktivisten, die sich im Februar 2022 auf einer vielbefahrenen Nürnberger Ausfallstraße festgeklebt hatten, sind vom Amtsgericht Nürnberg wegen Nötigung zu Geldstrafen verurteilt worden. Die beiden Männer im Alter von 30 und 65 Jahren sowie zwei Frauen im Alter von 24 und 25 Jahren müssen Geldstrafen in Höhe zwischen 400 und 2400 Euro zahlen, urteilte Richterin Claudia Benick-Raum zum Ende des Prozesses am Mittwoch.
Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden. Die Verurteilten nahmen den Richterspruch jedoch weitgehend mit Erleichterung zur Kenntnis. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen von neun Monaten gefordert, die auf Bewährung ausgesetzt werden sollten. Sie war von einem besonders schweren Fall der Nötigung ausgegangen, den das Gericht aber nicht als gegeben ansah. Eine Bewährungsfrist hätte den Aktivisten die Hände für künftige Proteste gebunden.
Die Verteidiger hatten unter Berufung auf die Möglichkeit von Sitzblockaden als Mittel der Meinungsäußerung auf Freispruch plädiert. Zum Verfahren war es gekommen, weil die Aktivisten zuvor Strafbefehle nicht akzeptiert hatten, in denen ebenfalls Bewährungsstrafen von neun Monaten ausgesprochen worden waren.
Die vierstündige Hauptverhandlung nutzten die Aktivisten des Bündnisses Letzte Generation, um die Motive für ihre Proteste darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil von 2021 klargestellt, dass die Anstrengungen für den Klimaschutz nicht ausreichend seien. Ziviler Ungehorsam sei ein legitimes Mittel im demokratischen Prozess, hieß es unter anderem. Die Staatsanwaltschaft vertrat dagegen den Standpunkt: „Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel.“
Die Aktivisten hatten eingeräumt, sich im Februar vergangenen Jahres im morgendlichen Berufsverkehr auf die Auffahrt zum Frankenschnellweg gesetzt zu haben. Konkret sei das Ziel gewesen, auf ein Gesetz zur Straffreiheit für die Verwertung weggeworfener Lebensmittel hinzuwirken. Dies sei im größeren Kontext des Klimaschutzes zu sehen.
Die Vier klebten jeweils eine Hand auf dem Asphalt fest. Die Folge waren lange Staus und erheblicher Polizeieinsatz, ehe der Klebstoff gelöst und die Fahrbahn wieder geräumt werden konnte. Das Gericht erkannte an, dass die Umweltschützer das Gespräch mit den im Stau steckenden Verkehrsteilnehmern suchten und sich zumindest bemüht hatten, die Voraussetzungen für eine Rettungsgasse im Falle eines Notfalls zu schaffen.
Demonstrationen von Klimaaktivisten des Bündnisses Letzte Generation hatten im vergangenen Jahr stark zugenommen. Allein in München ermitteln die Behörden gegen mehrere Dutzend Männer und Frauen. In der nächsten Woche soll dort ein Prozess gegen Klimaaktivisten beginnen, die sich an einem Tag zweimal am Münchner Stachus festgeklebt hatten.
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