Der Druck auf Ludvig Aberg dieser Tage in Rom ist enorm. Noch nie hat ein Neuling im europäischen Team im Vorfeld eines Ryder Cups für so viel Aufsehen und Aufbruchstimmung gesorgt.
Als „Generationstalent“ und zukünftiger „Superstar“ wird der junge Mann aus dem südschwedischen Städtchen Eslöv gepriesen. Ab Freitag soll der 23 Jahre alte Hoffnungsträger gemeinsam mit den Stars Rory McIlroy und Jon Rahm auf der größten Bühne des Golfsports Europas Ehre gegen das favorisierte US-Team wiederherstellen.
Abergs kometenhafter Aufstieg begann, als die weltweite Nummer eins der Amateure im Juni ins Profilager wechselte. Zuvor hatte der Schwede sein Golfspiel an der Texas Tech University verfeinert. Zweimal in Folge wurde er zum besten College-Spieler der USA gewählt. Auf der lukrativen PGA-Tour stellte sich der Erfolg schnell ein. In den ersten zwei Monaten spielte sich Aberg viermal in die Top 25.
Kein Wunder, dass Europas Ryder-Cup-Kapitän Luke Donald den 1,91 Meter großen Modellathleten für den Kampf der Kontinente früh auf der Rechnung hatte. „Wenn man sich ansieht, was er in diesen vier Jahren im College geleistet hat, dann sind die einzigen Vergleiche Viktor Hovland und Jon Rahm“, analysierte Donald. „Er ist so gut.“ Aberg sei ein „Generationstalent“. Der Engländer überzeugte sich hautnah von den Qualitäten des Rookies. Bei dem PGA-Turnier in Detroit spielte er an der Seite von Aberg und war von dessen Spiel „überwältigt“.
Daraufhin bat der Ryder-Cup-Kapitän den jungen Skandinavier nach Europa, um dort ein paar Turniere zu spielen. Und auch hier beeindruckte Aberg sofort. In Prag wurde er Vierter und nur eine Woche später triumphierte er beim European Masters in Crans-Montana in den Schweizer Bergen. „Er hat gezeigt, dass er das Potenzial hat, einer der Superstars des Golfsports zu werden“, prophezeite Donald. „Es war wie ein Spaziergang im Park für ihn.“ Einen Tag später nominierte er den jungen Golfer, der noch kein Major-Turnier bestritten hat, für das europäische Ryder-Cup-Team. In der Weltrangliste katapultierte sich der Schwede innerhalb von neun Monaten von Position 3064 auf den 80. Platz.
Aberg selbst verspürt vor dem prestigeträchtigen Kontinentalvergleich im Marco Simone Golf & Country Club gegen die zwölf besten Spieler aus den USA weder Angst noch Druck. „Als Wettkämpfer will man bei solchen Turnieren dabei sein. Man will diesen Schlag, diesen Putt haben, um einen Punkt zu holen oder ein Match zu gewinnen“, sagte Aberg. „Ich bin auf jeden Fall bereit für diese Herausforderung.“
Abergs Stärke ist seine Gelassenheit auf dem Platz. Auch von der wilden Atmosphäre des Ryder Cups will er sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Zudem beeindruckt er mit seinen gewaltigen und akkuraten Abschlägen. Oft fliegen seine Golfbälle weit über die 350-Meter-Marke hinaus. „Seine Schlagkraft ist unglaublich“, schwärmte Nordirlands Golfstar McIlroy, der sich freut, Aberg in seinem Team zu haben.
Für die europäische Auswahl wird es an den drei Ryder-Cup-Tagen vor den Toren der Ewigen Stadt eine riesige Aufgabe, den Pokal von den US-Amerikanern um den Weltranglistenersten Scottie Scheffeler zurückzuerobern. Der Stachel der Enttäuschung sitzt noch tief: Vor zwei Jahren hatte das US-Team die Europäer um die in die Jahre gekommenen Ryder-Cup-Helden Sergio Garcia, Lee Westwood und Ian Poulter im US-Bundesstaat Wisconsin mit dem Rekordsieg von 19:9-Punkten geradezu gedemütigt.
Das nun stark verjüngte Team um Aberg will die Schmach von Whistling Straits wiedergutmachen und am Sonntag die kleine, goldene Trophäe in den italienischen Himmel recken. Der junge Mann aus der schwedischen Provinz ist jedenfalls bereit, das Herzstück der neuen Golf-Generation Europas zu werden.
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