Die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken rechnen dieses Jahr mit einem „erfreulich stabilen operativen Ergebnis“, aber weniger Gewinn als im Vorjahr. Der Zinsanstieg verkleinere die Zinsspannen und führe zu Wertberichtigungen bei Eigenanlagen, sagte der Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), Gregor Scheller, am Mittwoch in München. Die Nachfrage nach Baukrediten schwäche sich deutlich ab.
Im ersten Halbjahr stieg das Kreditgeschäft um 4,4 Prozent auf 132,5 Milliarden Euro. Die Immobilienkredite waren ein entscheidender Wachstumsmotor. Aber steigende Kosten, fehlendes Material und steigende Zinsen stellten viele Bauvorhaben auf den Prüfstand, sagte Scheller. Das Immobilienkreditgeschäft gehe deutlich zurück. Im gewerblichen Bereich sei die Kreditvergabe dagegen sehr positiv. Zusätzliche Risiken oder gar eine Insolvenzwelle sehe er nicht.
Die von der Europäischen Zentralbank eingeleitete Zinswende belastet die Genossenschaftsbanken erst einmal, wegen langjähriger Kreditzinsbindungen und Kursverlusten bei Wertpapieren. Bislang konnten sie rückläufige Zinsspannen durch Einsparungen ausgleichen. Aber die Wertberichtigungen in den Büchern belasten den Gewinn.
Die Kundeneinlagen wuchsen im ersten Halbjahr nur um 0,8 Prozent auf 152,7 Milliarden Euro. Die Kommunen legten eine Milliarde mehr auf die hohe Kante, aber die Privatkunden legten nach dem Wegfall der Corona-Beschränkungen und wegen der hohen Inflation kaum noch Geld aufs Sparkonto. Die Firmenkunden hoben sogar Geld ab für das laufende Geschäft und Investitionen, ihre Einlagen sanken.
Die Provisionserträge der Genossenschaftsbanken seien leicht rückläufig, sagte Scheller. Die Kundenanlagen in Wertpapieren und Depots schrumpften wegen der Kursrückgänge an den Kapitalmärkten seit Jahresbeginn um 5,7 Prozent. Aber viele Anleger seien offensichtlich bereit, bei Kursrückgängen durchzuhalten.
Trotz der Konjunkturrisiken seien die Kreditgenossenschaften optimistisch, betonte Scheller. Das operative Jahresergebnis soll wie im Vorjahr etwa 1,6 Milliarden Euro erreichen. Der Buchverlust bei den Wertpapieren dürfte in zwei, drei Jahren zu einem außerordentlichen Buchgewinn führen. Zum GVB gehören 208 Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat.
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