Imker im Saarland und Rheinland-Pfalz sehen ihr Geschäft durch gepanschten Honig aus dem Ausland bedroht. Nach einem Bericht der Europäischen Kommission stehen 46 Prozent des in die EU importierten Honigs unter Verdacht, mit Zuckersirup verunreinigt zu sein. Das gibt dem Honig mehr Volumen und drückt den Preis.
„Diese unlauteren Praktiken bedrohen die regionale Imkerkultur. Ein auskömmliches Wirtschaften ist in der Imkerei unmöglich geworden“, sagte der Vorsitzende des Imkerverbands Rheinland-Pfalz, Thomas Hock, der Deutschen Presse-Agentur.
Fast 74 Prozent des aus China und 93 Prozent des aus der Türkei in die EU eingeführten Honigs seien bei Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) als verdächtig eingestuft worden. Sie entsprächen nicht der EU-Honigrichtlinie, die besage, dass dem Honig weder Zucker noch Zuckersirup oder andere Stoffe wie Pollen zugesetzt werden dürfen. Aus Großbritannien importierter Honig stehe der Behörde zufolge ausnahmslos unter Verdacht, „was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass Honig in anderen Ländern produziert und im Vereinigten Königreich vor seiner Wiederausfuhr in die EU weiter gemischt wurde“.
Wenn fast die Hälfte der eingeführten Honigprodukte verfälscht sei, beträfe dies laut Hock 20 Prozent des in der EU konsumierten Honigs. „Dies bedeutet für die Imker unlautere Wettbewerbsbedingungen“. Auch der Sprecher des Imkerverbandes Saarland, Markus Lay, teilt die Sorgen: Die Arbeit eines Imkers sollte „idealerweise mindestens kostendeckend sein“ - das jedoch sei kaum noch möglich, auch angesichts steigender Preise bei Futter und Holz.
Zusätzlich zu den Unterhaltungskosten sei vor allem der Einstieg in dieses Hobby sehr teuer. „Um überhaupt die Arbeitsleistung zu decken, müsste der Honig eigentlich schon seit Jahren 20 Euro kosten. Aber das zahlt natürlich keiner“, so Lay.
Der Landesverband in Rheinland-Pfalz beobachte zurzeit die Entwicklung, dass Imker zwar nicht unbedingt aufgäben, aber die Zahl der Völker von früher durchschnittlich 10 bis 15 auf 3 bis 4 reduzierten. „Das reicht für den Eigenverbrauch, aber für den Verkauf rentiert sich das Abfüllen des Honigs eben nicht mehr, auch nicht als Quersubvention“, sagt Hock. Beim Verkauf des Honigs im Großgebinde an Abfüller erziele man durch die Billigimporte nur drei bis vier Euro je Kilo. „Das lohnt sich absolut nicht.“
Und es kommt Hock zufolge eine weitere Folge hinzu. „Artensterben, das damit verbundene Bienensterben und dann noch ein Sterben der Imker mit ihren Honigbienen führt zu geringerer Bestäubung und damit zu einer eintönigen Landschaft.“
Der saarländische Imkerverband zähle gegenwärtig 2100 Mitglieder, in Rheinland-Pfalz gebe es derzeit 7000 in den Verbänden organisierte Imker plus etwa 1500 nicht-organisierte. Von der Produktion leben würden laut Hock nur wenige - vor allem wegen der Dumpingpreise, „die das Imkern nicht einmal mehr als Zubrot in die Familienkasse rentabel machen“. Verbraucher sollten vor allem zu regionalem Imker-Honig greifen, sagt er. „Auf diese Weise unterstützen sie auch den Naturschutz und die Biodiversität vor der eigenen Tür.“
Aus welchen Ländern der Honig in den importierten Produkten stammt, können die Kunden übrigens nicht erkennen, so Lay: Sie fänden meistens nur den Hinweis „Mischung von Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern“. Auch „Copa Cogeca“, der Zusammenschluss der beiden landwirtschaftlichen Dachorganisationen in der EU, fordert nun von der EU-Kommission transparentere Informationen über die Herkunft von Honigmischungen und eine wirksame Bekämpfung von Betrug bei der Erhaltung der Honigqualität.
Die heimischen Imker sehen neben den Dumping-Preisen und Täuschung der Kunden noch ein weiteres Problem durch gepanschten Honig: In den Produkten könnten sich Sporen der amerikanischen Faulbrut befinden, einer meldepflichtigen Krankheit unter Bienen, die extreme Schäden anrichten. „Das ist eine der größten Katastrophen, die passieren können“, sagt Markus Lay.
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