Mit verschränkten Armen und gespannt dreinblickend verfolgte Heidenheim-Chef Holger Sanwald die erste Auslosung der Clubgeschichte auf europäischer Bühne. Ein leichtes Lächeln huschte ihm dann aber über die Lippen, als der Vereinsname des Fußball-Bundesligisten bei der Ziehung der Paarungen für die Playoffs der Conference League genannt wurde. „Das ist etwas Historisches, erstmalig überhaupt in einem europäischen Wettbewerb vertreten zu sein“, sagte der 57-Jährige.
Ganz kurzfristig hatten er und seine Vorstandskollegin Petra Saretz die Pläne für die Woche über den Haufen geworfen, um nach Nyon zu reisen. Für den Vorstandsvorsitzenden glich dieser Ausflug in die Schweiz etwas Geschichtsträchtigem, hat sich der 1. FC Heidenheim nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga doch auf Anhieb und zum ersten Mal überhaupt für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert.
„Es kribbelt schon“, sagte Sanwald bereits vor dem Abflug. „Die Vorfreude ist riesig, wir haben noch nie international gespielt und haben uns aufgrund unserer herausragenden Saison qualifiziert - damit konnte keiner rechnen.“
Den Termin habe er sich schon lange vorgemerkt, so Sanwald. Ursprünglich jedoch, um ihn digital zu verfolgen. Dank einer Einladung der Europäischen Fußball-Union UEFA ging es dann aber doch noch an den Genfer See.
„Wir haben kurzfristig alles umgeplant, damit wir bei dieser Veranstaltung dabei sein können, um vor Ort auch organisatorische Dinge zu klären. Vom Austausch mit der UEFA und den internationalen Clubvertretern werden wir als Verein profitieren“, sagte der Vereinschef. „Das ist schon spannend – unabhängig davon, gegen wen wir spielen.“
Endgültig steht das auch nach dem heutigen Tag noch nicht fest. Die Heidenheimer wissen lediglich, dass sie am 22. und 29. August auf den Sieger der Partie zwischen dem BK Häcken aus Schweden und dem estnischen Club Paide Linnameeskond treffen - das Rückspiel findet zu Hause statt. Noch müssen aber die Spiele der dritten Qualifikationsrunde ausgetragen werden. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir die zweite Begegnung auf jeden Fall als Heimspiel bestreiten werden. Was den Gegner betrifft, werden wir es letztlich nehmen, wie es kommt“, sagte Sanwald.
Ohne Zweifel werden die Heidenheimer die für sie neuen Herausforderungen aber sportlich ambitioniert angehen, verspricht er. „Wir schenken kein Spiel ab. Das passt überhaupt nicht zu unserer FCH-DNA.“
Auch Trainer Frank Schmidt hält nichts von den Ratschlägen des einen oder anderen, den Wettbewerb zu opfern, um in der Bundesliga ausgeruhter und womöglich erfolgreicher zu sein. „Da kann ich nur sehr verwundert mit dem Kopf schütteln. Wir spielen doch Fußball, um uns zu messen“, sagte er in einem „Kicker“-Interview. „Und wir haben uns die Chance hart erarbeitet, dies erstmals auf internationaler Bühne tun zu dürfen. Somit steht es doch außer Frage, dass wir alles dafür tun werden, sie zu nutzen.“
Zumal auch der finanzielle Anreiz groß ist, weiß Sanwald. „Wenn wir es in die Ligaphase schaffen sollten, dann bekommen wir vier bis fünf Millionen Euro als Prämie, je nachdem wie erfolgreich wir dort dann sind“, erklärte er. „Sollten wir in den Playoffs ausscheiden, dann sind es lediglich 750.000 Euro.“
Das Weiterkommen bei einem Gesamtetat von etwa 70 Millionen Euro sei laut Sanwald daher auch wirtschaftlich „sehr lukrativ“ - wenngleich die Vorfreude auf den sportlichen Wettbewerb und die Reisen zu unbekannten Gegnern überwiege. „Natürlich werden das große Spiele - mindestens zwei zusätzliche.“
© dpa-infocom, dpa:240805-930-194798/1