Mental stark, stabil und widerstandsfähig oder einfach resilient - wer das ist, hat einen klaren Vorteil. Klar, dass viele sich mehr Resilienz wünschen, gerade bei der Arbeit - und auch einiges unternehmen, um besser mit Stress und Belastungen umgehen zu können.
Aushalten, Atmen und Achtsamkeit bringen da aber womöglich nicht weiter. Sondern: Hoffnung, schreibt der Psychologe Adam Grant in seinem aktuellen Newsletter. Er ist Professor an der Wharton Business School der Universität von Philadelphia und verweist auf jüngst veröffentlichte Ergebnisse einer Studie, die den Einfluss von positivem Denken einer- und Achtsamkeit andererseits auf Stresslevel, Motivation und Tatkraft von Menschen während der Coronakrise untersuchte. Zukunftsorientiertes Denken, also etwa Zuversicht, habe sich da als wirksam erwiesen.
Und zwar darum: „Hoffnung bietet die Motivation, 'weiterzumachen' und angestrebte Ergebnisse auch unter schwierigen Umständen zu verfolgen“, schreiben die Autoren der Studie. Hoffnung helfe dabei, trotz starkem Stress neue Energie und Ressourcen zu gewinnen, denn sie motiviere dazu, aktiv nach Lösungen zu suchen und die Kontrolle über die eigenen Gedanken und Reaktionen zu übernehmen.
So könnte Hoffnung wie ein Katalysator funktionieren, sie bringt uns quasi dazu, etwas zu tun: etwa Netzwerke zu knüpfen, den Lebenslauf zu aktualisieren und sich auf neue Positionen zu bewerben, wenn es etwa Probleme im Job gibt.
Das sagt auch die Hoffnungs-Theorie des US-Psychologen Clive Snyder. Hoffnung besteht ihm zufolge aus drei Kernkomponenten:
1. Ziele („goals“) setzen und verfolgen. Ziele geben dem Leben eine Richtung und sind der erste Schritt, um Hoffnung zu aktivieren. 2. Die Überzeugung, dass man die Kraft und Fähigkeit besitzt, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ein Ziel zu erreichen („agency thinking“)3. Wege finden („pathways“): Es bedeutet, kreativ und flexibel mögliche Lösungen zu erkennen und alternative Wege auszumachen, wenn Hindernisse auftauchen.
Wichtig: Zuversicht und Hoffnung sind etwas ganz anderes, als sich etwas zu wünschen - und auch keine Gefühle. Da sind sich die Experten einig. Es handelt sich um eine Art zu denken. Das bedeutet: Man kann Hoffnung auch kultivieren.
Hoffnungsvolle Menschen setzen sich klare, umsetzbare Ziele und arbeiten aktiv daran, sie zu erreichen, schreibt der Psychologieprofessor Dan Tomasulo von der New Yorker Columbia University im Magazin „Psychology Today“: Sie konzentrieren sich auf kleine, machbare Schritte, sogenannte Mikro-Ziele, um Fortschritte zu erzielen. „Drei E-Mails in den nächsten 15 Minuten abzuschicken oder das Mittagessen in den nächsten 20 Minuten vorzubereiten, sind einfache Beispiele.“
Diese kleinen Erfolge helfen, eine positive Dynamik zu entwickeln und sich schrittweise zu steigern. So könne man eine „Aufwärtsspirale“ aus Tun und Erreichen erzeugen.
Tomasulo rät außerdem, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren: Was kann ich jetzt gerade tun? Dabei gehe es auch darum, Neues zu lernen und offen dafür zu sein, sich weiterzuentwickeln. Ein anderer Begriff dafür ist das „Growth Mindset“, also die Grundhaltung, dass man etwas oder auch sich selbst durch Anstrengung, Lernen und Dranbleiben verbessern kann. „Hoffnungsvolle Menschen wissen, dass Misserfolge unvermeidbar sind und es wichtig ist, aus diesen Erfahrungen zu lernen.“
Zuversicht entsteht oft in schwierigen Situationen und wird durch den Fokus auf das gesteigert, was in der eigenen Macht liegt. Statt sich auf Unwägbarkeiten oder die Vergangenheit zu fixieren, hilft es, im Hier und Jetzt zu bleiben und die aktuelle Situation zu gestalten.
Hoffnung ist dynamisch, auch was das betrifft: Denn dazu gehört auch, sich selbst zu verzeihen und nicht den Selbstwert davon abhängig zu machen, was man gerade nicht hinbekommen hat.
„Das haben Sie schon oft gehört, und zwar, weil es wahr ist“, so Tomasulo: Es gehe darum, das „silver lining“, den Silberstreif am Horizont, zu sehen. Und: Wer zuversichtlich ist, lässt seine emotionale Reaktion nicht von den Umständen bestimmen.
Das Wichtigste, was wir machen können, wenn etwas Negatives passiert, ist: erstmal quasi auf Pause zu drücken. Durch das Innehalten können wir die Situation bewusster wahrnehmen. Der nächste Schritt sei dann, „die Situation zu bewerten und sich zu fragen, was getan werden muss - und was man an Ressourcen, Fähigkeiten und Motivation zur Verfügung hat“.
Und dann muss man etwas tun, um zu testen, ob man die Kontrolle hat. Wenn es funktioniert, hat man eine Veränderung bewirkt, die die Situation voranbringt. Wenn nicht, ist es Zeit, erneut innezuhalten, neu zu bewerten und den Prozess zu wiederholen.
Zur Zuversicht gehöre nämlich nicht nur eine positive Einstellung. Zuversichtliche Menschen seien auch kreative Problemlöser. Und, da sind wir wieder bei der Aufwärtsspirale: So fördere Positivität die Kreativität, und kreativ zu sein wiederum die Positivität.
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