Islam Konferenz debattiert muslimischen Antisemitismus | FLZ.de

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Veröffentlicht am 21.11.2023 07:18

Islam Konferenz debattiert muslimischen Antisemitismus

„Wir müssen anerkennen, dass wir in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“: Nancy Faeser. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
„Wir müssen anerkennen, dass wir in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“: Nancy Faeser. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
„Wir müssen anerkennen, dass wir in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“: Nancy Faeser. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Der Deutschen Islam Konferenz kommt in diesem Jahr eine besondere Aufmerksamkeit zu: Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wird in Deutschland verstärkt über muslimischen Antisemitismus debattiert.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte bei der zweitägigen Konferenz muslimische Verbände auf, sich stärker gegen Antisemitismus zu positionieren. Einer der größten Verbände - der Zentralrat der Muslime - stand jedoch gar nicht auf der Teilnehmerliste.

„Wir müssen anerkennen, dass wir in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht. Dem müssen wir uns alle gemeinsam als Demokratinnen und Demokraten entschieden entgegenstellen“, sagte Faeser bei der Eröffnung der Veranstaltung.

„Diese Verantwortung haben wir alle. Das heißt, es ist auch an den islamischen Gemeinschaften und Verbänden in Deutschland, sich laut und deutlich gegen Antisemitismus auszusprechen und den Terrorismus zu verurteilen. In den Freitagsgebeten, in den Gemeinden, auf Veranstaltungen oder auch auf den eigenen Social-Media-Kanälen.“ Und zwar gleichlautend, egal ob auf Deutsch, Türkisch oder Arabisch kommuniziert werde.

Die Innenministerin appellierte „auch gerade an die großen islamischen Verbände, die beanspruchen, die deutschen Muslime zu vertreten, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben“. Auf der Bühne der Diskussionsrunden fanden sich die Köpfe muslimischer Verbände dann jedoch nicht - stattdessen saßen dort weitgehend Regierungsvertreterinnen und Wissenschaftler.

Austausch und Kooperation

Die Deutsche Islam Konferenz wurde 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble ins Leben gerufen. Sie dient der Bundesregierung zum Austausch und zur Kooperation mit Musliminnen und Muslimen. Wer bei der Konferenz die Interessen der Muslime vertreten sollte, ist seit der Gründung immer wieder ein Streitpunkt - die konservativen Dachverbände, liberale Moscheegemeinden oder auch säkulare Muslime.

Und in diesem Jahr scheint dies wieder umso brisanter mit Blick auf Terror und Gewalt im Nahen Osten. Auf Anfrage bestätigte eine Sprecherin des Innenministeriums, dass der Zentralrat der Muslime nicht eingeladen war. Er kenne den Grund dafür nicht, aber das sei auch angesichts der aktuellen Situation nicht entscheidend, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek zuvor im RBB-Inforadio.

Er warnte davor im Kampf gegen Antisemitismus Gruppen wie Muslime zu marginalisieren. „Ich mache mir große Sorgen über unsere Lage in unserem Land. Das Auseinanderdriften von Gruppen, die Sprachlosigkeit, auch Hass und die Bereitschaft, nicht einander zuzuhören, ist leider sehr groß geworden“, sagte Mazyek.

Auch Innenministerin Faeser sprach bei der Konferenz davon, dass man nicht alle Muslime in Deutschland für islamistischen Terrorismus in Haftung nehmen dürfe. „Denn die meisten Musliminnen und Muslime sind seit langem tief verwurzelt in unserer demokratischen Gesellschaft. Sie sind von den Bildern der entgrenzten Gewalt der Hamas genauso schockiert wie wir.“

Faeser: Alle stehen in der Verantwortung

Doch die Innenministerin mahnte ebenfalls an, dass bei einigen Menschen derzeit nur eine Funke genüge, „damit auf Worte des Hasses Taten der Gewalt folgen“. Auch darüber müsste in aller Offenheit gesprochen werden. Die Innenministerin verwies auf das Existenzrecht Israels als unverrückbarem Bestandteil der deutschen Staatsräson. Das ergebe sich aus den Verbrechen der Schoah.

Daraus erwachse eine Verantwortung, die Existenz jüdischen Lebens niemals wieder gefährden zu lassen. „Es ist aber nicht nur die Verantwortung des Staates, sondern auch die Verantwortung der gesamten deutschen Gesellschaft. Jeder einzelne Mensch in Deutschland lebt in dieser Verantwortung“, sagte Faeser. „Das gilt auch für diejenigen von uns, die die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach der Geburt bekommen haben.“

An den folgenden Panels der Islam Konferenz nahm die Innenministerin dann nicht mehr teil, versprach aber, dass das Thema Antisemitismus unter Muslimen im kommenden Jahr stärker zu thematisieren. „Wir werden im Frühjahr eine eigene Veranstaltung dazu auf die Beine stellen und unsere Projektförderung an diesem Themenfeld verstärken“, sagte Faeser.

© dpa-infocom, dpa:231121-99-22385/9


Von dpa
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