Stephan Jägers Traum hat sich erfüllt. Zum ersten Mal öffnet sich für ihn das schwere, grüne Eisentor zur Magnolia Lane im Augusta National Golf Club.
Der 34 Jahre alte Münchener kann es kaum erwarten, als Teilnehmer des Masters die wunderschöne Allee zum ikonischen, weißen Clubhaus hinaufzufahren. „Ich habe schon mehrfach Gelegenheiten gehabt, diesen Kurs zu spielen. Bislang habe ich aber immer darauf verzichtet. Ich habe gesagt, ich gehe da nicht hin, außer ich bin für das Masters qualifiziert.“
Der Premierensieg auf der PGA-Tour Anfang April in Houston war für den in den USA lebenden Deutschen die Eintrittskarte in die große Golf-Welt. Die Tour-Karte ist für zwei Jahre sicher, der Zugang zu den lukrativsten Events der US-Tour offen - er ist endgültig angekommen in der Welt der Stars um Tiger Woods, Scottie Scheffler und Rory McIlroy.
Ab diesem Donnerstag gibt Jäger nun sein Debüt beim traditionsreichen Masters im US-Bundesstaat Georgia. Diese neue Karrierestufe erklimmt er selbstbewusst. „Ich werde versuchen, am Sonntag wieder eine Chance auf den Sieg zu haben. Ich glaube, dass mein Golfspiel dafür gut genug ist“, verriet Jäger im Vorfeld der „Bild am Sonntag“. „Ich spiele das Turnier nicht nur, um dabei zu sein und zuzuschauen.“
Der Weg in den Augusta National Golf Club war für Jäger eine lange Reise. Als 17-jähriger Teenager ging er zum Golfspielen von München an die Baylor Highschool in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee, später dann dort auf die Universität. In der 200.000-Einwohner-Stadt am Tennessee River lebt „Steven“ - wie er von seinen amerikanischen Freunden genannt wird - noch heute mit seiner Frau Shelby und dem 16 Monate alten Sohn Harrison Fritz.
Über die zweitklassige Web.com-Tour (heute Korn Ferry Tour) schaffte Jäger 2017 zum ersten Mal den Sprung auf die PGA-Tour. Sportlich konnte er sich dort aber nicht etablieren und musste die Spielberechtigung für die höchste US-Tour wieder abgeben. Über die Jahre sammelte er vor allem in Liga zwei Erfahrungen, Wettkampfhärte und Siege. 2021 beendete er die Korn-Ferry-Rangliste auf Platz eins, wurde als Spieler des Jahres ausgezeichnet und stieg erneut in die PGA-Tour auf. „Wenn man auf der Korn Ferry Tour gewinnt, kann man auch auf der PGA-Tour gewinnen, und wenn man das sechsmal schafft, ist es kein Zufall“, sagte Jägers Freund und Tour-Kollege Joel Dahmen, der durch die Netflix-Serie „Full Swing“ eine gewisse Berühmtheit erlangt hat.
Der März des Jahres 2022 war ein einschneidender Monat für das Ehepaar Jäger. Stephans Vater Klaus, der ihn an das Golfspielen herangeführt hatte, starb. „Es war hart und es hat ihm klargemacht, dass Golf nicht alles ist“, erinnert sich Shelby Jäger in einem Interview der PGA-Tour. In derselben Woche erfuhren beide, dass Shelby schwanger ist. Von da an, sagt sie, sei ihr Mann in allen Aspekten des Lebens viel geduldiger geworden. Auf dem Golfplatz sei er nicht mehr so niedergeschlagen und frustriert gewesen, wenn er mal eine schlechte Runde gespielt habe. Die neue Einstellung des Stephan Jäger auf und neben dem Golfplatz zeigt Wirkung - vielleicht ja auch im Augusta National Golf Club.
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