Kasachstans Präsident zu Scholz: Russland ist unbesiegbar | FLZ.de

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Veröffentlicht am 16.09.2024 14:33, aktualisiert am 16.09.2024 20:22

Kasachstans Präsident zu Scholz: Russland ist unbesiegbar

Für Kanzler Scholz (links) ist das zentralasiatische Kasachstan vor allem als Rohstoff-Lieferant interessant. Bei seinem Besuch geht es aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Für Kanzler Scholz (links) ist das zentralasiatische Kasachstan vor allem als Rohstoff-Lieferant interessant. Bei seinem Besuch geht es aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Für Kanzler Scholz (links) ist das zentralasiatische Kasachstan vor allem als Rohstoff-Lieferant interessant. Bei seinem Besuch geht es aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz Russland als unbesiegbar bezeichnet und zu schnellen Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg aufgerufen. „Eine weitere Eskalation des Kriegs führt zu irreparablen Folgen für die ganze Menschheit und in erster Linie für alle Länder, die direkt an dem russisch-ukrainischen Konflikt beteiligt sind“, sagte er kasachischen Nachrichtenagenturen zufolge. „Es ist Fakt, dass Russland in militärischer Hinsicht unbesiegbar ist.“

Scholz' Antwort: „Gucken, was geht“ 

Scholz betonte, dass Deutschland die Ukraine weiter unterstützen werde, um sich gegen die russischen Angreifer zu verteidigen. Gleichzeitig bekräftigte er, dass er eine Friedenskonferenz unter Einbeziehung Russlands befürworten würde. Jetzt sei die Zeit, „zu gucken, was geht“, sagte Scholz. Russland müsse aber einen Beitrag leisten, indem es seine Aggression einstelle. 

Scholz wirbt seit Ende August offen für einen Friedensprozess. Im Juni hatten sich 93 Staaten zu einer ersten Friedenskonferenz in der Schweiz getroffen, zu der Russland aber nicht eingeladen war und die von Russlands wichtigstem Verbündeten China boykottiert wurde. Die Nachfolgekonferenz soll nun mit Russland stattfinden. Ort und Termin gibt es aber noch nicht.

Tokajew für Waffenstillstand und dann Verhandlungen

Tokajew sagte, es nach wie vor „eine Möglichkeit zur Erreichung eines Friedens“. Seinen Worten nach müssen alle Friedenspläne geprüft und die Kampfhandlungen eingestellt werden. Anschließend könnten die territorialen Streitfragen geklärt werden. 

Russland hat in seinem seit mehr als zweieinhalb Jahren währenden Angriffskrieg inzwischen etwa ein Fünftel der benachbarten Ukraine besetzt. Moskau erhebt aber Ansprüche auf weitere Teile. So hat Putin im Herbst 2022 die Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja annektiert, obwohl das russische Militär die Regionen bis heute nur teilweise kontrolliert. Kiew fordert einen Abzug der russischen Streitkräfte auch von der schon 2014 annektierten Halbinsel Krim. 

Kanzler will Wirtschaftsbeziehungen ausbauen

Die ehemalige Sowjetrepublik Kasachstan hat eine mehr als 7600 Kilometer lange Landgrenze mit Russland und ist eng mit der Großmacht verflochten. Gleichzeitig sucht das Land aber engere Beziehungen zu westlichen Staaten. 

Bei dem Besuch des Kanzlers ging es vor allem um engere wirtschaftliche Beziehungen. Er wolle „alles dafür tun, dass wir die Möglichkeiten verbessern für wirtschaftliche Beziehungen“, sagte Scholz. Er hob vor allem die „belastbare, präzise und kontinuierliche Zusammenarbeit“ im Rohstoff-Bereich hervor. 

Öllieferungen sollen ausgebaut werden

Kasachstan ist mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte Öllieferant Deutschlands nach Norwegen und den USA und hat den Ausfall russischer Lieferungen an die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nach dem Angriff auf die Ukraine teilweise kompensiert. Das Land hat nach Angaben aus Regierungskreisen im vergangenen Jahr rund eine Million Tonnen Rohöl an PCK geliefert. Für das laufende Jahr seien 1,4 Millionen Tonnen eingeplant. 

Am Rande des Besuchs wurde eine Verlängerung dieser Lieferungen über Ende 2024 hinaus vereinbart. Vertragspartner Kasachstans sind dabei die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft. Sie halten die Mehrheit an PCK, wenngleich sie derzeit unter Treuhandverwaltung des Bundes stehen. 

Rosneft-Sprecher Burkhard Woelki sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Vertrag mit Kasachstan sei verlängert worden über eine Öllieferung von 100.000 Tonnen im Monat bis Ende 2025. Woelki fügte hinzu, es sei möglich, mehr Mengen zu bekommen, das werde flexibel gestaltet. 

Tokajew: „Neues Niveau“ der Beziehungen 

Tokajew sagte, der Besuch des Kanzlers werde die Beziehungen beider Länder „auf ein neues Niveau“ bringen. „Unsere bilaterale Kooperation wird im Geiste einer strategischen Partnerschaft ausgebaut.“

Während des Besuchs wurden auch Abkommen zur Kooperation der kasachischen Nationalbank mit der Bundesbank sowie zur Gründung eines Instituts für Wissenschaft und Technologie an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty und einer deutschsprachigen Schule unterzeichnet. 

Land mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten

Kasachstan mit seinen 20 Millionen Einwohnern ist das flächenmäßig neuntgrößte Land der Erde und Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in der Region. Vor allem dank des Handels mit den wichtigen Nachbarn Russland und China verzeichnet das Land seit Jahren ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. 

Die Bundesregierung ist nicht nur an Öl, sondern auch an den Gasvorkommen in Kasachstan interessiert und perspektivisch an Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das von Tokajew autoritär geführte Land verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold.

Gemeinsame Pressebegegnung kurzfristig abgesagt

Wie die anderen autoritär geführten Staaten der Region steht auch Kasachstan wegen der Menschenrechtslage in der Kritik. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Eine ursprünglich geplante gemeinsame Pressebegegnung von Tokajew und Scholz wurde von kasachischer Seite kurzfristig abgesagt. In Usbekistan, der ersten Station des Kanzlers auf seiner dreitägigen Reise, war von vorneherein keine gemeinsame Pressebegegnung geplant.

© dpa-infocom, dpa:240916-930-234016/3


Von dpa
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