Ob weites, wenig bevölkertes Land oder Millionenmetropole: Für die Bienen macht das keinen Unterschied, wie Imker Andrew Coté sagt. „All die Menschen stören sie nicht und sie finden auch genug Nahrung“, berichtet er.
„Es gibt viel gutes Futter hier und sie fliegen ja fast fünf Kilometer in jede Richtung - das heißt, die Bienen, die wir hier im Bryant Park haben, sind hier unterwegs, dann fliegen sie in den Central Park und dann vielleicht auch noch in den Tompkins Square Park im Südosten von Manhattan. Das ist kein Problem.“
Für ihn selbst aber sei es ein großer Unterschied, dass er als Imker mitten in New York arbeitet statt auf dem Land. „Mit dieser dichten Bevölkerung und dem Verkehr und der vertikalen Arbeit ist das alles viel schwieriger“, sagt der 53-Jährige. „Erstmal muss man einen guten Platz finden. Es ist nicht so ganz einfach, die Betreiber eines Gebäudes davon zu überzeugen, eine Kiste mit 75.000 fliegenden, stechenden, giftigen Kreaturen auf ihr Dach zu stellen.“
Zudem sei es häufig heiß in der Stadt - auch derzeit schwitzt New York wieder unter einer Hitzewelle - und auf den Dächern werde die Hitze reflektiert. „Die Bienen bekommen also Hitze von oben und unten, das kocht sie ein wenig. Deswegen muss man ein gutes Ventilationssystem und viel Wasser bereitstellen.“
Seine Bienenstöcke befinden sich außer im Bryant Park etwa im Garten der Vereinten Nationen und auf anderen Grünflächen der Stadt, außerdem auf Dutzenden Dächern der berühmtesten Hochhäuser der Millionenmetropole. Darunter das Waldorf Astoria, ein Wolkenkratzer mit Blick auf die Freiheitsstatue. Für den Skulpturengarten des Museum of Modern Art (MoMA) verwandelte der Imker den Kopf der Statue „Untilled (Liegender Frauenakt)“ des französischen Künstlers Pierre Huyghe in einen Bienenstock.
Seinen Honig aus allen fünf Stadtteilen New Yorks verkauft Coté, der längst als New Yorks berühmtester Imker gilt, auf Märkten und im Internet. Sein persönlicher Lieblingshonig stammt vom New Yorker Stadtstrand Rockaway Beach.
Über seinen Job berichtet er weiter: „Der Verkehr und das Parken sind auch große Probleme für den urbanen Imker. Das klingt jetzt so, als würde ich einen Witz machen wollen, aber das ist wirklich so. Heute zum Beispiel bin ich seit 7 Uhr morgens in Midtown Manhattan unterwegs, jetzt ist es Mittag - und ich habe drei Bienenstöcke inspiziert. Das ist nicht sehr produktiv. Irgendwo auf dem Land hätte ich jetzt schon 40 Bienenstücke inspizieren können, aber hier kommt man einfach nicht so schnell voran.“
Wenn er dann auf einem Hochhausdach angekommen sei, gebe es eine weitere Herausforderung: „Nicht herunterzufallen! Das ist nicht so einfach, wenn man auf einem Dach mit wenig Platz und einem kleinen Geländer steht und eine Biene sich in deine Nase oder dein Ohr verirrt - der Instinkt ist dann, wegzurennen, aber man muss sich klarmachen, dass man auf einem Dach steht.“
Coté, der manchmal bis zu 100 Bienenstiche pro Arbeitstag abbekommt, stammt aus dem US-Bundesstaat Connecticut. Seine Familie arbeitet schon seit Jahrhunderten mit Honigbienen. Noch heute ist „Andrew's Honey“ ein Familienunternehmen, bei dem sogar sein Sohn im Grundschulalter schon aushilft.
Coté selbst arbeitete zunächst als Lehrer, aber dann zog es ihn komplett zu den Bienen - und in die Großstadt. Er gründete einen Imker-Verein und setzte sich dafür ein, dass die Haltung von Bienen in der Millionenmetropole überhaupt legalisiert wird. Dies gelang im Jahr 2010.
Seitdem ist das Imkern in New York immer beliebter geworden. Rund 300 registrierte Bienenstöcke gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung inzwischen, um die sich noch einige andere professionelle Imker und Dutzende Hobby-Bienenhalter kümmern. Coté profitiert davon, unter anderem weil er jedes Jahr zu Saisonbeginn im Frühling Bienenvölker verkauft.
Allerdings sieht er den von der Corona-Pandemie mit befeuerten Trend zur Imkerei in der Metropole auch kritisch. „In Midtown zum Beispiel gibt es meiner Meinung nach inzwischen schon zu viele Bienenstöcke. Dann wird es irgendwann schwierig für die Bienen, ausreichend Nahrung zu finden, um zu überleben und Honig zu produzieren. Bald könnte New York über-bienenbevölkert sein.“
© dpa-infocom, dpa:240623-99-499647/2