In Rahmsoßen oder Risotto sind sie häufig zu finden – doch mit Pfifferlingen kann man viel mehr anfangen, als manche Speisekarten vermuten lassen. Zwei Kochbuchautoren berichten, wie sie die aromatischen Pilze am liebsten zubereiten – und geben Tipps zum Sammeln, Putzen und Konservieren.
Martin Nordin verbindet den Duft von gesammelten Pilzen mit seiner Kindheit – und den Rezepten seiner Mutter. In Südschweden, wo der Kochbuchautor („Aus dem Wald“) und Foodstylist aufgewachsen ist, sind die Wälder im Sommer ein Paradies für Pilze. „Das erste, was wir mit den frischen Pfifferlingen machen, ist sie in Öl bei großer Hitze knusprig zu braten“, sagt Nordin. Wenn sie knusprig und braun sind, fügt er Butter und Knoblauch hinzu und schwenkt sie darin. „Wir essen sie dann einfach auf Roggenbrot oder einem Sandwich. Auch meine Tochter liebt das“, berichtet der Pfifferling-Liebhaber.
„Das Schönste ist, nach einigen Regentagen einen Spaziergang durch den Wald zu machen und mit einem Körbchen Pfifferlinge nach Hause zu gehen. Denn dann schmeckt die Schwammerlsauce mit Knödel einfach noch mal viel besser“, sagt Bernadette Wörndl. Es spreche aber auch nichts dagegen, Pfifferlinge auf dem Markt zu kaufen, sagt die österreichische Foodstylistin. Die Rezeptautorin rät: „Man sollte lediglich darauf achten, dass die Pilze schön prall, knackig und nicht feucht oder gar nass sind.“
Wer im Wald sammelt, sollte am besten immer einen Ratgeber dabeihaben, um sicherzugehen, dass es sich um genießbare Pilze handelt. Für Anfänger bietet etwa der BUND Kurse an. Außerdem sollte man sich über gesetzliche Bestimmungen informieren, rät Wörndl. In Österreich dürfe man bis zu zwei Kilo Pilze sammeln, wenn es der Waldbesitzer nicht ausdrücklich untersagt. In Deutschland gehören Pfifferlinge laut Bundesartenschutzgesetz zu den besonders geschützten Arten. Sie dürfen nur in geringen Mengen für den eigenen Bedarf gesammelt werden.
Auch Bernadette Wörndl hat ihre Liebe zu Pilzen von der Mutter geerbt. Sie sammele vor allem die sehr kleinen, knackigen und prallen Schwammerln, wie Pfifferlinge in Österreich genannt werden. „Die Mutter schneidet sie oberhalb der Erde ab“, berichtet Wörndl. Immer mit dabei ist ein Pilzmesser, an dem ein kleiner Pinsel angebracht ist. Damit können die Pfifferlinge schon mal grob gereinigt werden, bevor sie im Leinenbeutel oder Korb landen.
Zu Hause werden die Pfifferlinge dann – wenn nötig – mit einem kleinen Messer nachgeputzt. „Moosige Stellen und Erde oder Nadeln können vorsichtig abgekratzt beziehungsweise aussortiert werden. Der Stumpf wird eventuell noch einmal abgeschnitten“, sagt Bernadette Wörndl. Ihre Mutter lege die Pfifferlinge dann in einen mit Küchenrolle ausgelegten Korb und lagere sie bis zu ihrer Verwendung kühl.
Bei den ersten Pfifferlingen des Jahres dauert das nicht lange. „Wir bereiten noch am selben Tag Pfifferling-Sauce mit Semmelknödel zu.“ Wie die meisten Pilze sollten Pfifferlinge am besten frisch verarbeitet werden, sagt Wörndl und ergänzt: „Zwei bis drei Tage im Kühlschrank sind aber in Ordnung.“ Auf keinen Fall sollten die Pilze im Wasser gewaschen werden. „Denn wie der Name „Schwammerl” schon sagt, saugen sie Wasser wie ein Schwamm auf. Die viele Arbeit würde dann mit matschigen Pilzen enden“, so die Expertin.
Wenn die Pilzsaison beginnt, kommt bei Martin Nordin die Familie in der Küche zusammen, um beim Säubern zu helfen: „Wir machen das ganz traditionell mit einer kleinen Bürste.“
Martin Nordin hat Karriere in der Werbebranche gemacht, bevor er sich immer mehr dem Kochen widmete. Auf die Idee, ein Buch nur über Pilze zu machen, sei seiner Verlegerin gekommen: „Sie hat gesehen, dass eigentlich in allen Rezepten, die ich auf Instagram poste, Pilze sind.“ Er nutzt sie zum Beispiel, um Brühen oder anderen Gerichte zu würzen. „Dadurch bekommt man dieses Umami-Aroma“, so Nordin. Aufgrund ihrer speziellen Textur verwendet er sie häufig statt Fleisch.
Im Herbst kocht er gerne Erbsensuppe oder einen Eintopf aus Wurzelgemüse wie Rote Bete – und eingelegten Pfifferlingen. „Für mich haben diese Pilze einen sehr speziellen Geschmack“, sagt Nordin. Das bedeute: Wenn man einen oder zwei Monate im Überfluss davon esse, reiche es erst einmal wieder. Um sich später daran freuen zu können, macht er sie auf verschiedene Arten haltbar.
Wie bei ihm sind auch bei Bernadette Wörndl immer ein paar Pfifferlinge in der Tiefkühltruhe – schon alleine deshalb, weil sie für das traditionelle Weihnachtsessen der Familie gebraucht werden: Rehfilet auf Kartoffelpüree, Speckbohnen und Pfifferlingen. „Um sie einzufrieren, legt meine Mutter ein Blech mit Backpapier aus, verteilt die Pfifferlinge lose darauf und friert sie ein. Wenn sie angefroren sind, kommen sie in einen Gefrierbeutel“, sagt Wörndl.
„So kann ich das ganze Jahr über im Nu ein Eierschwammerl-Risotto mit viel Zitrone zaubern – manchmal mit einem wachsweichem Ei oder einem Stück gebratenem Fisch“, nennt Wörndl zwei Varianten. Weitere Lieblingsrezepte von ihr: cremige Polenta mit gebratenen Pfifferlingen, Petersilie-Salsa und Pecorino oder Gnudi, italienische Ricotta-Bällchen mit Pfifferlingen und Salbeibutter. „Momentan liebe ich die Kombination aus Kürbispüree, Bohnen, Eierschwammerl und einer Erdnuss-Sesam-Gewürz-Salsa“, so die Buchautorin („Das Wald-Kochbuch: sammeln - erleben - entdecken - genießen“).
„Eine meiner liebsten Zubereitungsarten ist in den letzten Jahren geworden, Pfifferlinge zu fermentieren“, sagt Martin Nordin. Das mildere den Geschmack etwas ab. Die fermentierten Pilze seien nicht nur lecker, sondern auch vielseitig einsetzbar, genauso wie eingelegte. Um Pfifferlinge süß-sauer einzulegen, kocht er mit starkem Essig, Zucker, Wasser und Gewürzen wie schwarzem Pfeffer, Koriander- oder Senfsamen einen Sirup. Wenn der Zucker geschmolzen ist, nimmt er den Topf vom Herd.
Die geputzten Pfifferlinge werden in einer Pfanne erhitzt, etwas gesalzen und umgerührt. Dann gibt Nordin den Sirup hinzu, lässt es ein paar Minuten köcheln, bevor die Masse in einem Glas oder einem Vakuumbeutel verschlossen wird. Eingelegte Pfifferlinge passen auf Salat, Pizza oder ein Frischkäsebrot, sagt Bernadette Wörndl. „Damit kann man sich ganz leicht den Wald ins Glas holen und immer öffnen, wenn die Sehnsucht zu groß wird.“
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