Kolumbiens Trendmetropole Medellín: Ein City-Guide | FLZ.de

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Veröffentlicht am 08.01.2025 00:08

Kolumbiens Trendmetropole Medellín: Ein City-Guide

Wunderschön und berüchtigt: Medellín liegt eingebettet von hohen Bergen in den kolumbianischen Anden. (Foto: Soeren Stache/dpa/dpa-tmn)
Wunderschön und berüchtigt: Medellín liegt eingebettet von hohen Bergen in den kolumbianischen Anden. (Foto: Soeren Stache/dpa/dpa-tmn)
Wunderschön und berüchtigt: Medellín liegt eingebettet von hohen Bergen in den kolumbianischen Anden. (Foto: Soeren Stache/dpa/dpa-tmn)

In Medellín baute der Drogenbaron Pablo Escobar einst sein berüchtigtes Kokain-Kartell auf. Im Land tobte zugleich der Krieg zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Guerilla. Die „Stadt des ewigen Frühlings“, idyllisch in einem Andental gelegen und mit mildem Klima gesegnet, war Anfang der 1990er-Jahre einer der gefährlichsten Orte der Welt. Seitdem hat sich viel getan. 

Medellín ist zur innovativen Trendmetropole Südamerikas aufgestiegen, die Start-ups, digitale Nomaden und Reisende anzieht. Die Stadt hat kräftig in die Infrastruktur investiert, in Parks, Bibliotheken, ein Metronetz und die viel gerühmten Seilbahnen zur Anbindung der Armenviertel ans Zentrum.

Grüne Korridore kühlen die Stadt herunter. Kolumbiens zweitgrößte Stadt präsentiert sich heute kosmopolitisch. Der „soziale Urbanismus“ hat die Lebensqualität verbessert. Ihr Selbstbild habe sich verändert, was großartig sei, sagt Daniel Sierra, der die Zeiten der Gewalt noch miterlebt hat und Touristen durch Medellín führt.

Doch das neue Image blende auch viele Probleme aus, die mit dem boomenden Tourismus koexistierten. Sierra nennt die allgegenwärtige Kommerzialisierung der alten Narco-Geschichten über die Drogendealer („Narcos“) und den Sextourismus.

Trotzdem: Wer durch Kolumbien reist, sollte sich Medellín nicht entgehen lassen. Zumindest könnte die Stippvisite interessanter werden als in der Hauptstadt Bogotá, die selbst vielen Kolumbianern als unterkühlt gilt.

Vier Viertel im Kurzportrait für einen ausgewogenen Medellín-Städtetrip:

La Candelaria: Geschäftiges Zentrum mit viel Geschichte

Centro ist Medellíns trubeliges Geschäftsviertel. Hier finden sich auch viele kulturelle Sehenswürdigkeiten. Die Plaza Botero schmücken 23 Skulpturen des berühmten kolumbianischen Künstlers Fernando Botero. Das Kulturzentrum Rafael Uribe Uribe mit Kunstgalerie und Fotoarchiv fällt schon durch seine neugotische Architektur ins Auge.

Auf dem San-Antonio-Platz wurde als Mahnmal ein Botero-Vogel aus Bronze stehen gelassen, der 1995 bei einem Bombenattentat in großen Teilen zerfetzt wurde. Kunstinteressierte besuchen auch das Museo de Antioquia. Ein Abstecher lohnt zum botanischen Garten nördlich des Zentrums.

  • Tipp: Das futuristische Museo Casa de la Memoria etwas östlich erinnert an die Gewaltopfer des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts in Kolumbien.

Comuna 13: Vom Kriegsgebiet zum Touristenviertel

In der Comuna 13 wurde früher der Krieg der Drogenkartelle, Guerillas und Paramilitärs besonders hart ausgefochten. Der Stadtteil im Bezirk San Javier galt als der gefährlichste in der vielleicht gefährlichsten Stadt der Welt. Nach dem Ende der Gewalt wurde aus der Comuna 13 allmählich ein Touristenziel, heute steht sie als Symbol für die Transformation der Stadt.

Einheimische bringen den Besuchern die Geschichte näher, wobei historische Fakten und persönliche Anekdoten sich bei den Touren miteinander vermischen. Graffiti erzählen vom sozialen Wandel, Freestyle-Rap zeigt, wie einfallsreich Straßenmusik sein kann. Allerorten entdeckt man kleine Galerien und Andenkenläden.

Touren durch die Comuna 13 sind ein buntes, überdrehtes Spektakel mit ein wenig Narco-Folklore. Die Einblicke aber sind spannend, allerdings wird das Viertel von immer mehr Touristen überschwemmt. Ob man sich daran stört, ist Geschmackssache. Düster war dieser Ort viel zu lange.

  • Tipp: Ein Ausflug lohnt sich nach Envigado. Die Gemeinde am südlichen Stadtrand gehört zur Metropolregion Medellín und ist mit der Metro erreichbar. Der Vorort hat einen entspannten Vibe, mit lebendigen Märkten und Plätzen.

El Poblado: Expat-Treffpunkt und Partymeile

Boutique-Hotels mit Dachterrassen, schicke Restaurants und Brunch-Lokale und vor allem ein Nachtleben wie ein dröhnender Fiebertraum: El Poblado ist das wohlhabendste und sicherste Viertel der Stadt, in dem sich die internationale Community zum Lunch trifft und auch die meisten Touristen absteigen. Abends spielt die Musik in den Straßen rund um den Lleras-Park, Reggaeton dringt aus den Bars und Clubs. Wer einen leichten Schlaf hat, quartiert sich besser etwas abseits ein.

Die Kehrseite dieser ausgelassenen Party ist die Prostitution. Auch Koks wird ungeniert verkauft. Für Aufsehen und Proteste der Anwohner sorgte der Fall eines US-Amerikaners, der mit zwei Minderjährigen im Hotel erwischt und von der Polizei wieder laufengelassen wurde. Angesichts mysteriöser Todesfälle warnt die US-Botschaft vor Kriminellen, die ihre Opfer über Datings-Apps ausfindig machen. All dem zum Trotz: Auch El Poblado ist ein Ort, an dem man sich als Ausländer recht sicher bewegen kann.

  • Tipps: Für Kaffee und Brunch empfehlen sich etwa das „Briochelly“ und „Azai Praia Lovers“, fürs Dinner das „X.O.“, „Alambique“ oder „Sambombi Bistró Local“ mit regionaler, saisonaler Spitzenküche.

Laureles: Das ruhige und authentische Medellín

Das Wohnviertel nördlich des Flughafens ist die entspannte Alternative zu El Poblado und sich hat authentischen Charme bewahrt. Auch hier findet man gute Hotels, Restaurants und Cafés, lauschige Parks und Shopping-Malls.

Ein spezielles Erlebnis ist der Besuch einer „Fonda“, einer typischen kolumbianischen Gastro-Kneipe: grelle Deko, laute Live-Musik und fast ebenso laute Gäste. Auf den Tisch kommt traditionelle Hausmannskost, das Bier wird in schneller Folge nachbestellt. Einschlägige Adressen wie das „La Chismosa“ finden sich etwa entlang der Calle 70.

  • Tipp: Für den Sonnenuntergang mit Rundumsicht fahren viele auf den Pueblito Paisa unweit von Laureles. Auf dem Hügel wurde ein typisches Dorf der Region Antioquia nachgebildet. Es gibt Lokale und Souvenirshops – oft wird es ziemlich voll. Wer Romantik und Rummel am selben Ort mag, ist hier genau richtig.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Die zweitgrößte Stadt Kolumbiens liegt in einem Tal in den Anden auf etwa 1.500 Metern Höhe. Medellín ist von Bergen umgeben.

Reisezeit: Das Klima ist ganzjährig mild, „Stadt des ewigen Frühlings“ wird Medellín auch genannt. Zwischen Dezember und März ist es fast überall in Kolumbien warm und trocken.

Anreise: Von Deutschland aus per Flugzeug mit Zwischenstopp etwa in Bogota. Medellín ist über günstige Inlandsflüge mit den anderen Metropolen des Landes verbunden. 

Einreise: Ein Visum brauchen deutsche Staatsbürger nicht. Der Reisepass muss noch mindestens für die Dauer des Aufenthalts gültig sein.

Touranbieter: Geführte Touren, darunter auch thematische, wie zu Pablo Escobar, oder auf einzelne Viertel begrenzte, können bei verschiedenen Anbietern teils kostenfrei gebucht werden. Dazu zählen Beyond Colombia, Medellin Tours und Medellin Travels.

Geld: 1 Euro sind 4.550 kolumbianische Peso (Stand: 2.01.2025). Häufig lässt sich mit Kreditkarte bezahlen, Bargeld bekommt man am Bankautomaten.

Zeitverschiebung: Medellín liegt in der Winterzeit sechs Stunden hinter Deutschland zurück, in der Sommerzeit sind es sieben Stunden. 

Gesundheit: Die empfohlene Reiseimpfung für Kolumbien ist Hepatitis A, bei Langzeitaufenthalt kommen Dengue-Fieber, Hepatitis B und Tollwut hinzu. Medellín ist malariafrei.

Weitere Auskünfte: colombia.travel/de

© dpa-infocom, dpa:250107-930-337410/1


Von dpa
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