Kreditvertrag widerrufen: Diese 7 Dinge sollten Sie wissen | FLZ.de

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Veröffentlicht am 04.11.2024 00:07

Kreditvertrag widerrufen: Diese 7 Dinge sollten Sie wissen

Die Immobilie steht, der Kredit dafür ist auch schon abgezahlt? Dann haben Verbraucherinnen und Verbraucher kein Recht mehr darauf, den Darlehensvertrag zu widerrufen. (Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn)
Die Immobilie steht, der Kredit dafür ist auch schon abgezahlt? Dann haben Verbraucherinnen und Verbraucher kein Recht mehr darauf, den Darlehensvertrag zu widerrufen. (Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn)
Die Immobilie steht, der Kredit dafür ist auch schon abgezahlt? Dann haben Verbraucherinnen und Verbraucher kein Recht mehr darauf, den Darlehensvertrag zu widerrufen. (Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn)

Sie haben einen Kreditvertrag abgeschlossen – und jetzt möchten Sie einen Rückzieher machen? Oft ist das mit Hilfe eines Widerrufs möglich. Sieben Punkte, die Sie dazu wissen sollten:

1. Nicht jeder Kreditvertrag lässt sich widerrufen

Bei Verbraucherdarlehensverträgen wie Ratenkrediten und Baufinanzierungen ist es auch nach dem Abschluss möglich, sie zu widerrufen. Geregelt ist das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Kein Widerruf ist derzeit bei Krediten möglich, die keine sogenannten Verbraucherdarlehen sind. Dazu zählen Kleinkredite mit einem Nettodarlehensbetrag unter 200 Euro oder etwa kurzfristige Verträge mit geringen Kosten, bei denen der Kredit innerhalb von drei Monaten zurückzuzahlen ist. Ebenfalls nicht widerrufen werden können günstige Förderdarlehen im Wohnungsbau, für die Energieeinsparung oder zur Berufsausbildung. Gleiches gilt für Pfandleihkredite sowie Kreditverträge als Nebenleistung zu einem Arbeitsvertrag, deren Zinssatz niedriger ist als üblich.

2. Hürden für den Widerruf sind gering

„Der Widerruf kann grundsätzlich mündlich erfolgen“, sagt Jörg Buschan, Experte für Kreditrecht beim Bundesverband deutscher Banken. Die Erklärung hierzu müsse eindeutig sein, aber nicht begründet werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, teilt dem Kreditinstitut den Darlehenswiderruf besser schriftlich mit - etwa per Brief, Fax oder Mail.

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt in der Regel nach Abschluss des Darlehensvertrags und Erhalt der Widerrufsinformation. „Manche Banken gewähren freiwillig längere Widerrufsfristen“, sagt Buschan. Hierfür sollte man in den Vertrag schauen.

3. Fehler beim Abschluss bringen Verbrauchern wertvolle Zeit

„Die Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt nicht zu laufen, wenn die Pflichtinformationen, die das Kreditinstitut bei Darlehensabschluss erteilen muss, unvollständig oder fehlerhaft waren“, sagt David Riechmann, Syndikusrechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale NRW. Eine Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft, wenn für die Kreditnehmerin oder den Kreditnehmer etwa nicht klar und eindeutig ersichtlich ist, wann die 14-tägige Frist beginnt.

Zu den Pflichtinformationen zählen beispielsweise auch die Höhe des Darlehens, die Vertragslaufzeit und der vereinbarte Darlehenszins. Die Bank muss bei Vertragsabschluss zudem auch angeben, welche Berechnungsmethode sie im Fall einer Vorfälligkeitsentschädigung anwendet. „Fehlt in den Pflichtinformationen zum Beispiel die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde, beginnt die Widerrufsfrist von 14 Tagen ebenfalls nicht zu laufen“, so Riechmann.

4. Fehlende Widerrufsbelehrung sichert Verbrauchern mehr Rechte

Wer als Verbraucherin oder Verbraucher über das Recht zum Widerruf nicht wie vorgeschrieben von dem jeweiligen Kreditinstitut belehrt wurde, kann den Darlehensvertrag auch noch Jahre nach Abschluss rückgängig machen. Es gibt also ein sogenanntes ewiges Widerrufsrecht – mit einer Ausnahme: „Beim Verbraucher-Immobiliardarlehen erlischt das Widerrufsrecht bei Neuverträgen spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen, auch bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung“, sagt Buschan.

5. Bei verstrichener Widerrufsfrist ist die Chance vertan

Ist die Widerrufsfrist verstrichen, gibt es keinen gesetzlichen Anspruch mehr auf einen Widerruf. „In solchen Fällen kann man versuchen, mit der Bank eine Einigung zu erzielen“, sagt Jörg Buschan.

Betroffene sollten sich laut Verbraucherschützer David Riechmann in jedem Fall genau informieren, ob die Widerrufsfrist tatsächlich abgelaufen ist. Auch hier ist der entscheidende Punkt: War die Widerrufsbelehrung womöglich fehlerhaft, sodass die Widerrufsfrist von 14 Tagen erst gar nicht zu laufen begonnen hat? Um das zu klären, sollten Betroffene einen auf Bankenrecht spezialisierten Anwalt einschalten oder sich bei einer Verbraucherzentrale beraten lassen – wobei nicht alle Verbraucherzentralen in Deutschland für ein solches Anliegen Anlaufstellen sind.

6. Bereits erhaltenes Geld muss zurückgezahlt werden

Wer den Darlehensbetrag zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits erhalten hat, ist verpflichtet, diesen Betrag innerhalb von 30 Tagen nach dem Widerruf an das Kreditinstitut zurückzuzahlen. „Für diesen Zeitraum fallen gegebenenfalls Sollzinsen an“, sagt Jörg Buschan. Den Betrag über die zu zahlenden Tageszinsen bei vollständiger Auszahlung ist der Widerrufsinformation im Darlehensvertrag zu entnehmen.

Aber Vorsicht: „Verbleibt nach einem Widerruf eine Restschuld und kann der Verbraucher oder die Verbraucherin diese weder zurückzahlen noch bei einem anderen Kreditinstitut einen Kredit dafür erhalten, ist es in der Regel nicht sinnvoll, den Darlehensvertrag zu widerrufen“, so Riechmann.

7. Nach vollständiger Tilgung ist der Widerruf ausgeschlossen

Ist ein Kreditvertrag vollständig erfüllt - also Kreditbetrag samt Zinsen zurückgezahlt -, steht der Verbraucherin oder dem Verbraucher regelmäßig kein Widerrufsrecht mehr zu – das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2023 entschieden (Az: C 38/21).

© dpa-infocom, dpa:241103-930-278044/1


Von dpa
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