Bei seinem Antrittsbesuch in Kiew hat Polens neuer Ministerpräsident Donald Tusk der von Russland angegriffenen Ukraine fortdauernde Unterstützung zugesagt. Auch wenn der Regierungswechsel in Polen selbst von Streit und Diskussionen begleitet sei, gebe es Einigkeit in Bezug auf die Ukraine, sagte Tusk nach seinem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj: „Polen wird weiterhin alles in seiner Macht Stehende tun, um die Chancen der Ukraine auf einen Sieg in diesem Krieg zu erhöhen.“
Später kündigte Selenskyj neue Waffenlieferungen aus Polen für sein Land an. „Es wird ein neues Rüstungspaket aus Polen geben“, sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Zudem sei bei Tusks Besuch über die gemeinsame Produktion von Waffen gesprochen worden, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken. Als dritten Punkt nannte der Staatschef die Ausbildung ukrainischer Soldaten an polnischen Waffensystemen.
Das östliche EU- und Nato-Mitglied Polen hatte seinem Nachbarland gleich nach dem russischen Angriff von Februar 2022 mit Waffen geholfen; es hat auch kein Land so viele Flüchtlinge aufgenommen. Dafür bedankte sich Selenskyj bei Tusk. „Das polnische Volk, der polnische Staat ist einer unserer größten Helfer“, sagte der ukrainische Staatschef. Genau wie Tusk unterstrich er, dass Polen damit auch seine eigene Freiheit wahre. „Im Osten Europas bewahren wir die Freiheit nur dann, wenn wir diese zusammen verteidigen“, sagte er.
Der ehemalige EU-Ratspräsident Tusk sagte zu, dass Polen den gewünschten EU-Beitritt der Ukraine in allen Aspekten unterstützen werde. Es sei auch ein Ziel seines Besuchs in Kiew zu besprechen, wie man mehr westliche Unterstützung für die Ukraine mobilisieren könne.
Die Ukrainer sind nach Angaben der Militärführung in Kiew indessen im Norden des Landes und rund um Bachmut schweren russischen Angriffen ausgesetzt. „Die Lage ist extrem gespannt und von intensivem Feuer von Artillerie, Minenwerfern und Kampfdrohnen sowie Sturmhandlungen des Gegners gekennzeichnet“, schrieb der Oberkommandierende der ukrainischen Heerestruppen, Olexander Syrskyj, auf seinem Telegram-Kanal. Er habe mit den Brigadekommandeuren vor Ort die weitere Verteidigung koordiniert.
Im Nordosten der Ukraine sind die Verteidiger seit Monaten in der Defensive. So hatte Russland in den vergangenen Wochen mehrfach kleinere Geländegewinne vermeldet.
Auch im abendlichen Lagebericht des Generalstabs tauchen Bachmut und der Frontabschnitt im nordostukrainischen Gebiet Charkiw auf. Bei der Ortschaft Synkiwka nahe der strategisch wichtigen Kleinstadt Kupjansk habe die ukrainische Armee vier russische Angriffe zurückgeschlagen. Der Feind versuche dort, „die Verteidigung unserer Streitkräfte zu durchbrechen“, heißt es im Lagebericht. Im Raum rund um die völlig zerstörte Stadt Bachmut wurden demnach sieben Attacken abgewehrt.
Der Kreml macht die Ukraine verantwortlich für den Artilleriebeschuss mit 28 Toten auf einem belebten Markt der russisch beherrschten Großstadt Donezk. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, sprach am Montag von einem „monströsen Akt des Terrorismus“, wie die Agentur Tass in Moskau meldete. „Wir verurteilen das entschieden.“ Die militärische Spezialoperation - wie Moskau seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine nennt - werde fortgesetzt, „um unsere Leute vor solchen Gefahren zu bewahren“, sagte Peskow.
Auf dem Markt der frontnahen Stadt Donezk waren am Sonntag nach russischen Angaben Artilleriegeschosse eingeschlagen. Die russische Seite schreibt den Angriff der Ukraine zu. Unabhängig lässt sich dies bislang nicht überprüfen. Kiewer Stellen äußerten sich nicht. Donezk als Hauptstadt des ukrainischen Kohle- und Stahlreviers Donbass wird seit 2014 von russisch kontrollierten Kräften beherrscht. 2022 hat Russland das Gebiet Donezk völkerrechtswidrig annektiert.
Mehr als einen Tag haben die Löscharbeiten in einem Gasterminal bei St. Petersburg in Russland offiziellen Angaben nach angedauert. „Der Brand ist vollständig liquidiert“, teilte der Chef der Bezirksverwaltung von Kingisepp, Juri Sapalatski, auf seinem Telegram-Kanal mit. Ein Drohnenangriff auf den Hafen Ust-Luga an der Ostsee hatte in der Nacht zum Sonntag ein Feuer in einem Terminal ausgelöst, das zum großen russischen Erdgasproduzenten Novatek gehört. Zur Höhe des Schadens gibt es noch keine offiziellen Angaben.
Zuerst hatten ukrainische Medien über die Attacke berichtet. Während das russische Verteidigungsministerium nur die Abwehr feindlicher Drohnen vermeldete, räumte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag den Treffer ein. Er versicherte gleichzeitig, dass Russland alle nötigen Maßnahmen „für den Schutz gegen solche Terrorattacken“ unternehme.
Die Ukraine und Dutzende andere Länder, darunter auch Deutschland, warfen Russland vor dem UN-Sicherheitsrat erneut Scheinheiligkeit und Ablenkungsmanöver vor. Das Land wolle mit der Einberufung immer weiterer Sitzungen zu Waffenlieferungen westlicher Staaten an Kiew von seinem eigenen Angriffskrieg auf die Ukraine ablenken, sagten Vertreter dieser Staaten in New York vor einer auf Wunsch Russlands abgehaltenen Sitzung des Sicherheitsrates zur Situation in der Ukraine.
In der Sitzung kritisierte der eigens angereiste russische Außenminister Sergej Lawrow diese Waffenlieferungen dann erneut scharf. Außerdem sagte Lawrow, dass sein Land grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sei - allerdings nicht mit dem Ziel, die jetzige Regierung in Kiew an der Macht zu halten.
„Ich erinnere daran, dass wir nie Verhandlungen verweigert und stets unsere Bereitschaft dazu gewahrt haben. Nicht zu Verhandlungen darüber, wie wir den Führern des Kiewer Regimes ihre Macht bewahren und ihre Fantasien begünstigen, sondern darüber, wie das Erbe eines jahrzehntelangen Ausraubens des Landes und der Gewalt über das Volk überwunden werden kann“, sagte Lawrow.
Das türkische Parlament könnte noch diese Woche über einen Nato-Beitritt Schwedens abstimmen. Die Große Nationalversammlung in Ankara habe den Antrag für Dienstag auf die Tagesordnung gesetzt, berichteten der Sender CNN Türk und weitere türkische Medien. Nach einer Parlamentsdebatte stimmen die Abgeordneten über den Antrag ab. Ob das schon am Dienstag geschieht, war zunächst nicht absehbar.
Um den Nato-Beitritt Schwedens gibt es seit mehr als einem Jahr ein anhaltendes Tauziehen. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April vergangenen Jahres als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen. Damit auch Schweden aufgenommen werden kann, benötigt es noch die Zustimmung aus der Türkei sowie aus Ungarn.
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