In der Debatte um den Einsatz westlicher Waffen durch die Ukraine gegen militärische Ziele in Russland hat US-Außenminister Antony Blinken Flexibilität angedeutet. Seit Beginn des Krieges habe die US-Regierung ihre Unterstützung für die Ukraine an die sich verändernden Bedingungen angepasst, sagte Blinken während eines Besuchs im kleinen Nachbarland Moldau. Und er sei „zuversichtlich, dass wir das auch weiterhin tun werden“.
Blinken war bei einer Pressekonferenz mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu in der Hauptstadt Chisinau von einem Journalisten gefragt worden, ob US-Präsident Joe Biden zu einer Aufhebung der bestehenden Einschränkungen bewegt werden könne. Blinken entgegnete, die US-Regierung habe Angriffe mit US-Waffen auf Ziele außerhalb der Ukraine weder ermöglicht noch dazu ermutigt. Die Ukraine müsse selbst entscheiden, wie sie sich am besten verteidigen könne. „Wir werden dafür sorgen, dass sie die dafür notwendige Ausrüstung erhält.“
Wörtlich betonte Blinken, ein Kennzeichen der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine in den mehr als zwei Jahren seit Kriegsbeginn sei es stets gewesen, „sich anzupassen, wenn die Bedingungen sich verändern, wenn das Schlachtfeld sich ändert, wenn Russland sein Handeln verändert (...). Wir haben uns ebenfalls daran angepasst und verändert, und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch weiterhin tun werden.“
Der Kreml in Moskau warnt erneut mit Nachdruck vor einer Erlaubnis des Westens für den Einsatz seiner Waffen in der Ukraine für Angriffe auf Russland. „Dies alles wird natürlich unweigerlich seine Folgen haben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Und es wird letztlich den Interessen jener Länder sehr schaden, die den Weg der Eskalation der Spannungen eingeschlagen haben.“ Die Staaten der Nato, allen voran der USA, wählten mit „kriegerischen Äußerungen“ absichtlich einen Eskalationskurs. Die Atommacht droht immer wieder, ihre Interessen unter Einsatz aller Mittel zu verteidigen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte deutlich gemacht, der Ukraine erlauben zu wollen, militärische Stellungen auf russischem Territorium auch mit westlichen Waffen anzugreifen. Zuletzt hatte auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Druck gemacht, bestehende Beschränkungen in dieser Frage aufzuheben.
Die USA stellen der Ukraine ihre Waffen bislang zur Verfügung, damit diese ihre besetzten Gebiete befreit, aber nicht für Angriffe auf Russland selbst. Offiziell geändert hat die US-Regierung ihre Position nicht.
„Es gibt keine Änderung unserer Politik: Wir ermutigen weder dazu, noch ermöglichen wir den Einsatz von US-Waffen auf russischem Boden“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Er äußerte sich vor Journalisten, während Blinken noch in Moldau war. Gleichzeitig betonte auch Kirby, dass die USA ihre Unterstützung schon bisher an die sich verändernden Bedingungen auf dem Schlachtfeld und die Bedürfnisse der Ukraine angepasst hätten. Dies werde auch künftig der Fall sein.
Die „New York Times“ hatte vor einigen Tagen berichtet, Blinken werbe innerhalb der Regierung dafür, der Ukraine den Einsatz von US-Waffen gegen Ziele innerhalb russischen Gebiets zu ermöglichen. Er wolle Präsident Biden dazu bewegen, die Einschränkungen aufzuheben, hieß es. Das Außenministerium wollte den Bericht damals weder dementieren noch bestätigen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius äußerte sich zu der Diskussion mit Blick auf von Deutschland gelieferte Waffen derweil zurückhaltend. „Klar sollte sein, im Interesse auch militärischer Taktik und Strategie, dass man nicht öffentlich darüber diskutiert, was geht, was erlaubt ist und was wir möchten oder sehen möchten oder nicht“, sagte der SPD-Politiker beim Besuch der Flugabwehrraketengruppe 21 in Sanitz in Mecklenburg-Vorpommern, die das Waffensystem Patriot einsetzt.
„Das Völkerrecht lässt das alles zu. Was dann im Einzelnen geregelt ist zwischen den Staaten, das hat der Kanzler gestern gesagt, ist eine Regelung zwischen den Staaten.“
Rund zweieinhalb Wochen vor dem geplanten Ukraine-Friedensgipfel in der Schweiz äußerte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj derweil hoffnungsvoll mit Blick auf die Veranstaltung. Russland übe zwar Druck auf Staaten aus, damit diese nicht teilnehmen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. Es sei aber „nicht länger in der Lage, den Gipfel zu stören, auch wenn es sich große Mühe gibt, das zu tun“.
Die Schweiz organisiert das Treffen auf Wunsch der Ukraine am 15. und 16. Juni auf dem Bürgenstock bei Luzern. Der Gipfel soll mehr internationale Unterstützung für das von Russland angegriffene Land mobilisieren. Die Ukraine hofft, neben Unterstützerländern auch neutrale oder gar mit Russland befreundete Staaten von ihrer Position zu überzeugen. Vor allem China wird umworben.
Es geht bei dem Treffen nicht um direkte Verhandlungen mit Russland, sondern in einem ersten Schritt um die Ausarbeitung von Friedensperspektiven. Moskau ist nicht eingeladen, lehnt eine Teilnahme aber ohnehin ab.
Selenskyj reist am Samstag nach Saudi-Arabien, um dort für Unterstützung bei dem geplanten Friedensgipfel in der Schweiz zu werben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in Riad. Selenskyj werde in der Hafenstadt Dschidda unter anderem mit dem Kronprinzen und faktischen Herrscher Saudi-Arabiens, Mohammed bin Salman, zusammentreffen.
Auch Saudi-Arabien hat sich im Ukraine-Krieg bisher um eine möglichst neutrale Haltung bemüht und die eigene Position als „aktive Neutralität“ bezeichnet. Das Königreich zählt die USA zu seinen wichtigsten Verbündeten, pflegt zugleich aber gute Beziehungen mit Russland. Saudi-Arabien hat sich auch mehrfach als Vermittler angeboten. Dafür hatte Riad vergangenen Sommer ein Gipfeltreffen mit Teilnehmern aus mehr als 40 Ländern ausgerichtet. Selenskyj nahm vor einem Jahr zudem am Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Saudi-Arabien teil.
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