Das jährliche Außenministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) findet ohne die Spitzendiplomaten aus der Ukraine und den baltischen Staaten statt.
Aus Protest gegen die Teilnahme ihres russischen Kollegen Sergej Lawrow hatten sie ihre Anwesenheit an der zweitägigen Konferenz im nordmazedonischen Skopje kurzfristig abgesagt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und US-Außenminister Antony Blinken hielten hingegen an ihrer Teilnahme fest.
Russlands Führung zeigte sich vor dem Treffen angriffslustig. „Wir werden auf der Rückkehr der OSZE zu ihren Ursprungsprinzipien zu ihrer ursprünglichen Bestimmung bestehen“, sagte Vizeaußenminister Alexander Gruschko der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Die Stimmung bei der russischen Delegation beschrieb er als „kämpferisch entschlossen“. Die Nichtanreise der Balten nannte Gruschko zugleich unbedeutend. Deren Beisein auf dem Gipfel sei für die Zukunft der OSZE nicht entscheidend, erklärte er.
Nach mehr als 21 Monaten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die OSZE eines der wenigen Dialogforen der Sicherheits- und Demokratiepolitik, in denen westliche Vertreter mit Russland noch an einem Tisch sitzen. Moskau hat die Organisation seit Kriegsbeginn jedoch durch seine Vetohaltung weitgehend blockiert.
Außenministerin Baerbock rief angesichts der Blockade Moskaus dazu auf, die OSZE arbeitsfähig zu halten. Wenn die OSZE weiterhin für die Sicherheit der 1,3 Milliarden Menschen in ihren 57 Mitgliedsstaaten sorgen solle, „müssen wir ihr auch das Rüstzeug und die Lotsen dafür geben, damit sie halbwegs arbeitsfähig bleibt und weitermachen kann - auch im rauen Wind“, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch vor ihrer Abreise zum jährlichen OSZE-Ministertreffen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist ins Frontgebiet im Gebiet Charkiw in der Ostukraine gereist. „Hier sind Kommandeure anwesend, die im Abschnitt Kupjansk das friedliche Leben in der Ukraine, im Gebiet Charkiw verteidigen“, sagte Selenskyj gemäß einer Mitteilung in einem Kommandopunkt.
Der Präsident erinnerte an die erlittenen Verluste. „Alle wissen, dass dies der höchste Preis ist und daher bitte ich Euch darum, auf Euch, auf Eure Kameraden, Offiziere, Soldaten zu achten“, sagte er. Anschließend verlieh er Auszeichnungen an mehrere Kommandeure.
Die russische Armee nahm nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine ein. Der Ort Chromowe (auf Russisch Artjomowskoje) sei nun komplett unter russische Kontrolle gebracht worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Das Dorf liegt westlich der von russischen Truppen besetzten und durch den Krieg weitgehend zerstörten Stadt Bachmut (auf Russisch: Artjomowsk).
Überprüfbar waren die Angaben nicht. Aus der Ukraine gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Einnahme wäre ein Rückschlag für die ukrainischen Streitkräfte, die mit einer Gegenoffensive ihre von russischen Truppen besetzten Gebiete befreien wollen.
Infolge russischer Raketenangriffe sind im ostukrainischen Gebiet Donezk mindestens ein Mensch ums Leben gekommen und zehn weitere verletzt worden. Im Dorf Nowohrodiwka bei Pokrowsk sei eine russische S-300-Rakete in ein Wohnhaus eingeschlagen und habe einen Bewohner getötet, teilte Militärgouverneur Ihor Moros auf Telegram mit. Vier weitere Menschen wurden noch unter den Trümmern vermutet, darunter ein Kind.
Zuvor war gemeldet worden, dass im Pokrowsker Gebiet durch Raketenangriffe mindestens zehn Menschen verletzt worden seien. Unter ihnen seien vier Kinder, teilte der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko mit. Auch er sprach von Raketen vom Typ S-300. Auf Fotos, die er veröffentlichte, war ein völlig zerstörtes Gebäude zu sehen.
Landesweit sei die Ukraine in der Nacht mit insgesamt 8 Raketen und 20 Kampfdrohnen angegriffen worden, hieß es vom Generalstab. Von den Drohnen seien 14 abgefangen worden. Im westukrainischen Chmelnytzkyj fielen Angaben von vor Ort zufolge Trümmer einer abgeschossenen Drohne auf das Gelände einer ehemaligen Fabrik. Verletzte gab es dort demnach aber keine.
Nach Einschätzung der Nato hat die Zahl der in der Ukraine getöteten oder verwundeten russischen Soldaten die Marke von 300.000 überschritten. „Militärisch hat Russland einen erheblichen Teil seiner konventionellen Streitkräfte verloren“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Bündnistreffen mit dem ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Brüssel. Dazu gehörten auch Hunderte Flugzeuge und Tausende Panzer. Zugleich warnte Stoltenberg davor, große Hoffnungen darauf zu setzen, dass die Verluste zu einem schnellen Ende des Kriegs in der Ukraine führen.
Beispielhaft für die hohen Verluste ist der Tod mehrerer hochrangiger Offiziere des russischen Militärs und der Polizei im von Moskau besetzten Teil der südukrainischen Region Cherson. Russische Staatsmedien berichteten über mindestens vier tote Polizeioffiziere und 18 verletzte Beamte der Besatzungskräfte bei einem Angriff auf das Dorf Juwilejne am Vortag.
Das ukrainische Militär und unabhängige russische Telegram-Kanäle bestätigten den Angriff auf das Treffen der Besatzungsbeamten im rund 65 Kilometer südöstlich von Cherson gelegenen Dorf. In Kiew war von fünf toten Polizisten die Rede. Die oppositionsnahe russische Recherchegruppe CIT (Conflict Intelligence Team) berichtete zudem über den mutmaßlichen Tod eines russischen Generalmajors.
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