Wo kein Schnee liegt, kann man nicht Skifahren - und sich dabei auch nicht die Haxen brechen: Der Schneemangel im zurückliegenden Winter hat im Freistaat zu gesunkenen Einsatzzahlen bei der Bergwacht geführt. Die ehrenamtlichen Helfer rückten zwischen Anfang Dezember und Ende April 4090 Mal aus, wie die Bergwacht Bayern am Mittwoch in Bad Tölz mitteilte. „Im Vergleich zur Spitzenzahl im Vorwinter 2021/2022 mit 5819 Einsätzen ist ein deutlicher Rückgang der Einsatzzahlen bei den klassischen Wintersportarten Skifahren, Rodeln und Skitouren zu verzeichnen.“
Es habe durch den fehlenden Schnee auch keinen Anstieg von Unfällen beim Wandern oder Bergsteigen gegeben, hieß es. Die registrierten 383 Einsätze im bayerischen Teil der Alpen, im Bayerischen Wald und den anderen Mittelgebirgen wie der Rhön lägen sogar unterhalb des Durchschnittswertes der Vorjahre mit 435 Einsätzen.
Insbesondere in den niederen und mittleren Lagen war Wintersport in der zurückliegenden Saison in Bayern häufig gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Dennoch wurden die Bergretter acht Mal mit dem Stichwort „Lawine“ alarmiert, zwei Mal brauchten Betroffene Hilfe. Glücklicherweise gab es im Gegenzug zum Vorjahr mit vier Lawinentoten diesmal keine Opfer zu beklagen.
Die mit weitem Abstand (2613 Einsätze) häufigsten Einsätze betrafen Skifahrer, die sich sowohl auf der Piste wie im Gelände zumeist das Knie verletzten. Auch Snowboarder benötigten vergleichsweise oft Hilfe (437 Einsätze), gefolgt von Wanderern (319), Rodlern (90), Bergsteigern (64) und Langläufern (58). Auch Arbeitsunfälle machten 51 Rettungseinsätze nötig.
Für diesen Sommer erwartet die Bergwacht keinen größeren Rückgang der Einsatzzahlen. „Nach wie vor besteht eine hohe Frequentierung des bayerischen Alpenraumes und der Mittelgebirge“, erläuterte der Landesvorsitzende Thomas Lobensteiner. Auch setze sich der Trend zum Urlaub in Süddeutschland wohl fort.
Und es kommt noch eine weitere Entwicklung zum Tragen: Die Hemmschwelle, den Notruf zu wählen, scheint zu sinken. „Manchmal hat man schon auch den Eindruck, die Option einer Bergrettung ist eine kalkulierte Kraftreserve alpiner Selbstverwirklichung - Rettung als doppelter Boden einer alpinen Unternehmung“ wird der Regionalleiter der Bergwacht Chiemgau, Klaus Burger, zitiert.
Darüber hinaus beweisen nicht alle Bergsportler die nötige Kompetenz und Umsicht. So war es sowohl im Herbst als auch in diesem Frühjahr zu großen Evakuierungseinsätzen gekommen, weil Menschen die - im Gegensatz zum Tal - in der Höhe winterlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt hatten. Sie blieben im Schnee stecken, waren nicht in der Lage umzudrehen oder nicht mit der nötigen Ausrüstung ausgestattet. „Nach wie vor bestehen gegenwärtig Gefahren durch Schneerutsche oder beim Queren von Altschneefeldern in der Höhe“, warnten die Experten der Bergwacht deshalb.
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