Wenn zwei Menschen heiraten, teilen sie alles miteinander. So sagt man jedenfalls oft. Die Romantik durch einen Ehevertrag aufs Spiel zu setzen, kommt ihnen nicht in den Sinn. Und dann gibt es andere, die schon in guten Zeiten für die schlechten vorsorgen wollen. Sie pochen auf einen Ehevertrag, der genau regelt, welcher Besitz im Falle der Scheidung bei wem verbleibt.
Aber wie macht man's nun richtig? Und ist der Ehevertrag wirklich ein Romantik-Killer? Zwei Experten klären auf.
„Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass mit der Ehe aus dem Vermögen der Frau und dem des Mannes ein gemeinsames Vermögen wird“, sagt Jürgen Krüger, Notar und Fachanwalt für Familienrecht. Vermögen, das vor Eheschließung im Besitz der Frau war, bleibt ihr auch als Ehefrau erhalten. Ebenso verhält es sich beim Mann. Dieser Besitz wird den Parteien auch im Falle einer Scheidung nicht genommen. Aus „dein“ und „mein“ wird also selbst ohne Ehevertrag nicht einfach „unser“.
Allerdings: Mit der Ehe gehen Mann und Frau eine sogenannte Zugewinngemeinschaft ein. Bedeutet: Das Vermögen, das die beiden im Laufe ihrer Ehe anhäufen, muss im Falle der Scheidung genau hälftig geteilt werden. Laut Gesetz ist der Partner mit dem größeren Vermögenszuwachs zum Ausgleich verpflichtet, muss dem anderen also einen Teil seines Vermögens abgeben.
„Das führt eigentlich zu ziemlich gerechten Ergebnissen“, findet Eva Becker, Fachanwältin für Familienrecht und Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Denn nicht selten ist die Konstellation in einer Partnerschaft ja so: Der eine steckt für Kindererziehung oder Haushaltsaufgaben beruflich zurück, während der andere Karriere macht. Mit dem Ausgleich steht der finanziell benachteiligte Partner nach einer gescheiterten Ehe nicht mittellos da.
Völlig unerheblich ist dabei übrigens, ob der Vermögenszuwachs Einkommen, Kapitalanlagen oder etwa dem Wertzuwachs einer Immobilie entspringt. Welches Kapital hinzugekommen ist, wird in der Gesamtschau ermittelt und muss immer entsprechend ausgeglichen werden. Mögliche Erbschaften, die Ehepartner im Laufe der Ehe machen, unterliegen nicht dem Zugewinn. Aus dem Erbe resultierende Vermögenszuwächse allerdings schon - etwa die Wertsteigerung einer geerbten Immobilie, so Jürgen Krüger.
Der Ausgleichsanspruch sei dabei immer ein Geldanspruch, sagt Krüger. Das von der Ehefrau angeschaffte und bezahlte Auto gehört also nicht automatisch zur Hälfte dem Mann. Sollte das Auto aber der einzige Vermögenszuwachs des Paares während der Ehe sein, müsste die Frau dem Mann im Rahmen der Scheidung die Hälfte des Werts ausbezahlen.
Dabei ist im Falle der Scheidung nicht gesagt, dass wirklich der Vermögendere der beiden Partner ausgleichspflichtig ist. Krüger gibt ein Beispiel: Ein Ehemann startet mit einem Vermögen von einer Million Euro in die Ehe, seine Frau hat nichts. An dem Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird, kann die Frau ein Vermögen von 200 000 Euro vorweisen, der Mann hat von seiner anfänglichen Million im Laufe der Zeit ein Viertel verloren - ihm verbleiben 750 000 Euro. Obwohl die Frau also objektiv weniger Vermögen hat, liegt der Zugewinn ausschließlich bei ihr. Ihrem Mann steht darum die Hälfte ihres Vermögens, 100 000 Euro, zu.
„Wer nicht glaubt, dass das zu einem gerechten Ergebnis führt, kann einen Ehevertrag aufsetzen“, sagt Becker. Mit diesem lässt sich die Zugewinngemeinschaft bis hin zur vollständigen Gütertrennung modifizieren und so der Ausgleichsanspruch ausschließen. Dann behält auch im Falle der Scheidung jeder das, was er während der Ehe hinzugewonnen hat.
Dafür entscheiden sich laut den beiden Experten vor allem Eheleute, bei denen mindestens einer von beiden selbstständig unternehmerisch tätig oder Gesellschafter eines Unternehmens ist. Andernfalls könnte mit der Scheidung auch die berufliche Existenz auf dem Spiel stehen. „Denn das Unternehmen wird beim Zugewinnausgleich mit eingepreist“, sagt Becker. Ein Ehevertrag kann das unterbinden, wenn die Herausnahme des Unternehmens vereinbart wurde.
Ebenfalls eine Rolle spielen kann der Ehevertrag, wenn einer der beiden Partner zum Beispiel das Elternhaus erbt, in dem die beiden zusammen wohnen. Im Laufe der Jahre kann die Immobilie deutlich im Wert steigen. Wer vermeiden will, dass dieser Wertzuwachs im Falle der Scheidung ausgeglichen werden muss, kann die Immobilie ausklammern.
Ein Ehevertrag, der für seine Wirksamkeit zwingend notariell beurkundet werden muss, sei deshalb kein Romantik-Killer, sondern ein Ausdruck individueller Vorsorge, so Krüger. Eine solche Vereinbarung sollte niemals dazu führen, dass ein Ehepartner misstrauisch wird. Der Kontrakt sorge vielmehr dafür, dass sich die Partner nicht jahrelang miteinander streiten, sollte es nicht klappen, erklärt der Vizepräsident der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer.
Übrigens: „Ein Ehevertrag unterliegt in jeder Phase der sogenannten Inhalts- und Ausgewogenheitskontrolle“, sagt Jürgen Krüger. Die Vereinbarung darf also nicht dazu führen, dass einer der Partner unangemessen benachteiligt wird. Selbst ein zum Zeitpunkt des Eheschlusses wirksamer Vertrag muss also nicht für allezeit wirksam bleiben. Führe der einst aufgesetzte Vertrag im Laufe der Ehe zu einer einseitigen Belastung eines Partners, kann er unwirksam werden und bei der Scheidung nicht mehr gültig sein, so Krüger.
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