Die russische Regierung hat vor dem Hintergrund der westlichen Sanktionen ihre Wirtschaftsprognosen für das laufende Jahr angehoben. „Die russische Wirtschaft entwickelt sich im Rahmen des neuen Wachstumsmodells aktiv“, zitiert die Tageszeitung „Kommersant“ Russlands Präsidenten Wladimir Putin auf einer Regierungssitzung vom Vortag. Zwar nannte er keine Zahlen, doch zuvor hatte Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow bereits gesagt, er gehe davon aus, dass die Wirtschaft um mehr als 0,1 bis 0,2 Prozent wachse. Die offizielle Prognose stand bislang bei einem BIP-Minus von 0,8 Prozent.
Putin begründete den Optimismus mit steigenden Umsatzzahlen im Einzelhandel und der stärkeren Auslastung der Bahn im April, die auf eine Belebung der Wirtschaft schließen ließen. Zugleich zeigte sich der Kremlchef optimistisch, dass die Ölpreise im zweiten Quartal wieder anziehen und damit Russlands Exporteinnahmen steigen. Tatsächlich ist der Rohölpreis nach der Ankündigung der Opec+, ab Mitte Mai die Förderung drosseln zu wollen, zuletzt deutlich gestiegen.
Die westlichen Industriestaaten haben einen Preisdeckel auf russisches Rohöl und Ölprodukte verhängt, um Moskau die Finanzierung seines Angriffskriegs gegen die Ukraine zu erschweren. Allerdings haben zugleich China und Indien ihre Ölkäufe in Russland deutlich gesteigert. Trotzdem hat Russland in den ersten drei Monaten viel weniger mit seinen Ölexporten verdient als im Vorjahr, was zu einem milliardenschweren Defizit im Haushalt geführt hat.
Russlands Regierung hat nach Beginn seines Kriegs einen Teil ihrer Wirtschaftsdaten unter Verschluss genommen. Es ist unklar, auf welcher Basis sie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet. Mehrere Sektoren klagen über Probleme. Die Rüstungsindustrie hingegen arbeitet seit Monaten im Hochbetrieb.
Neben der russischen Führung hat aber auch der IWF die Prognosen für Russland im laufenden Jahr angehoben. Statt 0,3 Prozent Wachstum erwarten die Experten nun ein Plus von 0,7 Prozent beim BIP, wie sie am Dienstag bei der gemeinsamen Frühjahrstagung mit der Weltbank bekanntgegeben hatten. Gleichzeitig wurde die Prognose für das nächste Jahr allerdings von plus 2,1 auf plus 1,3 Prozent gekappt.
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