Geht ein Verfahren um den Verkauf der Tatwaffe an den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erneut vor Gericht? Daran hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun gewisse Zweifel erkennen lassen.
In der Revisionsverhandlung vor dem 4. Strafsenat in Karlsruhe geht es um einen 68-Jährigen, den das Landgericht Paderborn im Januar 2022 vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen hatte. Dem Mann war aus Sicht des Gerichts der Verkauf der Mordwaffe an den späteren Lübcke-Attentäter Stephan Ernst nicht nachzuweisen gewesen. Stattdessen war er nur wegen unerlaubten Besitzes von Munition zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf war gegen den Teil-Freispruch in Revision gegangen.
Der 68-Jährige aus Ostwestfalen hatte stets bestritten, den Revolver, mit dem Lübcke 2019 auf seiner Terrasse erschossen worden war, im Jahr 2016 an den Rechtsextremisten Ernst verkauft zu haben. Wie der Vertreter des Generalbundesanwaltes nun erläuterte, hätte Ernst damals in der Verhandlung gegen den 68-Jährigen in Paderborn aber als Zeuge gehört werden müssen.
Um das zu erreichen, war seinerzeit vergeblich die Aussetzung des Prozesses gegen den 68-Jährigen gefordert worden. Denn Ernst, dessen Urteil zu lebenslanger Haft wegen Mordes an Lübcke damals noch nicht rechtskräftig war, hätte bis zur Rechtskraft die Aussage verweigern können. Für die BGH-Richter schien jetzt aber ohnehin fraglich zu sein, inwieweit seine Vernehmung möglich und hilfreich gewesen wäre.
Der Verteidiger des 68-Jährigen betonte, dass Ernst kein glaubwürdiger Zeuge im Verfahren gegen seinen Mandanten gewesen wäre. Das hätten schon Ernsts Einlassungen in dessen eigener Gerichtsverhandlung zum Lübcke-Mord gezeigt. Im Gegenteil hätte er vermutlich erneut ein Aussageverweigerungsrecht gehabt - da er sich sonst in Bezug auf den 68-Jährigen hätte selbst belasten können. Seine Aussage hätte den Ausgang des Verfahrens nicht beeinflusst und damit am Freispruch für den 68-Jährigen nichts geändert. Der BGH will seine Entscheidung am 28. Juni verkünden (Az. 4 StR 212/22).
Walter Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe mit einem Kopfschuss getötet worden. Der Mord gilt als erster rechtsextremistischer Mord an einem Politiker in der Bundesrepublik. Lübcke hatte sich für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt.
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