Der Schützenpanzer Puma ist bei Übungen der Bundeswehr für die Beteiligung an der Nato-Eingreiftruppe VJTF im nächsten Jahr komplett ausgefallen. Bei einem Training mit 18 Gefechtsfahrzeugen sei die Einsatzbereitschaft binnen einiger Tage auf null gesunken, berichtete der „Spiegel“.
Generalinspekteur Eberhard Zorn kündigte am Sonntag eine gemeinsame Kraftanstrengung von Militär, dem Beschaffungsamt BAAINBw und Spezialisten der Rüstungsindustrie an, um die Probleme zu lösen. Der General sagte: „Die Verpflichtung gegenüber der Nato werden wir ab dem 1. Januar erfüllen.“
Das Manöver fand nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Schießübungszentrum der Panzertruppe im niedersächsischen Munster statt. Ministerin Christine Lambrecht (SPD) erfuhr während ihrer Afrika-Reise von dem Problem. Am Montag sollte bei einem Krisentreffen im Verteidigungsministerium (BMVg) mit Beteiligung Lambrechts beraten werden. Die neuen Pannen betreffen Gefechtsfahrzeuge in einer speziellen Konfiguration, mit der sich die Panzergrenadierbrigade 37 ab dem neuen Jahr an der VJTV-Truppe (Very High Readiness Joint Task Force) der Nato beteiligen soll.
Der „Spiegel“ berief sich auf ein Schreiben des Kommandeurs der 10. Panzerdivision, Generalmajor Ruprecht von Butler, an die Führung des Heeres und das Verteidigungsministerium. Die letzten beiden noch einsatzbereiten Pumas seien „am gestrigen Schießtag nach anderthalb Stunden mit Turmdefekten“ auch noch ausgefallen, schrieb der General demnach. Ihm ist die Panzergrenadierbrigade 37 unterstellt. Der Brief sorgte nach dpa-Informationen seit Freitag im Verteidigungsministerium für Wirbel.
Vor allem die Elektronik der Hightech-Panzer ist dem Bericht zufolge anfällig, in einem Panzer habe es sogar einen schweren Kabelbrand im Fahrerraum gegeben. Die Art der Mängel seien der Truppe bereits bekannt gewesen, heißt es in der Mail, sie seien „allerdings noch nie in dieser Häufigkeit“ aufgetreten. Dabei seien die Systeme nur auf Schießbahnen in der norddeutschen Tiefebene bewegt und dort „nicht übermäßig beansprucht“ worden. Nach Einschätzung des Schirrmeisters der betroffenen Kompanie, die er für sehr glaubhaft halte, schreibt der General, sei davon auszugehen, dass die volle Einsatzbereitschaft der Kompanie erst in drei bis vier Monaten hergestellt werden könne.
Der von zahlreichen technischen Problemen geplagte Schützenpanzer Puma war erst im vergangenen Jahr für gefechtstauglich erklärt worden. Das von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) entwickelte und produzierte Gefechtsfahrzeug hatte zuvor schon als „Pannenpanzer“ Schlagzeilen gemacht.
„Kenne noch keine Details. Erwarte allerdings, dass der Projektleiter, der Generalinspekteur und der Inspekteur des Heeres ganz schnell klären, wo der Fehler liegt und wie das Problem zu lösen ist. Wir haben schließlich viel Geld in den Puma gesteckt“, teilte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Sonntag mit. Strack-Zimmermann sagte: „Manche im BMVg haben den Gong noch nicht gehört.“
Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, schrieb, es habe einen unerwartet hohen Ausfall „bei herausfordernden Übungsbedingungen“ gegeben. „Der Schützenpanzer Puma hatte sich bis dato in Bezug auf die Einsatzbereitschaft als zunehmend verlässlich erwiesen“, so Mais. Im Moment gebe es eine umfangreiche Bestandsaufnahme mit dem Ziel, die Einsatzbereitschaft des Schützenpanzers so schnell wie möglich wiederherzustellen. Mais: „Unser Beitrag für die Nato-Speerspitze im Rahmen der VJTF 2023 kann weiterhin sichergestellt werden.“
In Industriekreisen herrschte am Wochenende auch bittere Verwunderung darüber, dass man von der Pannenserie nicht gleich erfahren habe und nicht schon zu einem frühen Zeitpunkt in die Reparatur eingebunden wurde. Zu klären sein wird nun womöglich auch, ob bei der Schießübung Wartung, Ersatzteilmanagement und Werkzeugbestand vorhanden waren. Zudem wurde der Deutschen Presse-Agentur aus der Branche erklärt, alle Schritte auf dem Weg hin zu den VJTF-Panzern seien gemeinsam und eng abgestimmt gemacht worden. „Jetzt kommt es darauf an, sachlich zu analysieren, was vor Ort im Falle dieser einen betroffenen Kompanie tatsächlich geschehen ist“, hieß es.
Der Puma löst den älteren Schützenpanzer Marder ab, der inzwischen mehrfach modernisiert wurde und in der Bundeswehr weiterhin im Einsatz ist. Trotzdem: Als er 1971 eingeführt wurde, liefen noch VW Käfer vom Band und der VW Golf war noch Zukunftsmusik. Weiterhin können Soldaten aber auch mit dem modernisierten Marder kämpfen.
Der Aufbau der schnellen Eingreiftruppe VJTF geht schon auf Beschlüsse beim Nato-Gipfel in Wales im September 2014 zurück. Die Truppe ist Teil eines Aktionsplans als Reaktion auf die mit der russischen Annexion der Krim beginnende Ukraine-Krise. Die VJTF dient dem Schutz von Nato-Verbündeten im Osten, die sich von Russland bedroht fühlen. Ziel ist, die Eingreiftruppe in höchster Bereitschaft zu halten, damit sie innerhalb weniger Tage aktiv werden kann.
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