Erste Hilfe nach Unfällen leisten, kleine Verletzungen versorgen - für so etwas muss seit mehr als 50 Jahren in jedem Auto ein Verbandskasten an Bord sein.
Vor einiger Zeit wurde dessen genormte und verbindliche Packliste aktualisiert. Was müssen Autofahrerinnen und Autofahrer dazu wissen? Und wie nutzt man den Inhalt der „Auto-Apotheke“ sinnvoll?
Den Inhalt der Erste-Hilfe-Sets bestimmt die DIN-Norm 13164. Diese wurde Anfang 2022 vom DIN-Gremium aktualisiert und ist nach einer Übergangsfrist seit Februar 2023 in Kraft getreten. Darauf weisen das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), der Auto Club Europa (ACE), der ADAC, Dekra und der Tüv Thüringen hin.
Gemäß der aktualisierten DIN 13164:2022 müssen die Erste-Hilfe-Sets nun auch zwei medizinische Masken enthalten. Diese müssen mindestens Typ 1 (DIN EN 14683) entsprechen - das tun beispielsweise OP-Masken.
Dafür entfallen zwei der bislang vorgeschriebenen drei Dreiecktücher - nur noch eines (DIN 13 168-D) ist erforderlich. Auch fiel ein 40 mal 60 Zentimeter großes Verbandstuch von der Inhaltsliste.
Während der Handel seit Ende der Übergangsfrist nur noch Erste-Hilfe-Sets nach der neuen Norm verkaufen darf, besteht für Autofahrer aktuell kein verpflichtender Handlungsbedarf. Sie können sowohl einen Kasten der neuen Norm (Februar 2022) als auch einen nach alter DIN-Norm nutzen.
Denn solange der entsprechende Paragraf der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) nicht dahingehend angepasst wurde, gelten weiterhin auch die darin verankerten bisherigen Normen (DIN 13164, Januar 1998 und Januar 2014).
Eine entsprechende Anpassung des Paragrafen sei auch nicht geplant, teilt eine Sprecherin des BMDV auf Anfrage mit. Zudem sei die Einführung einer Nachrüstpflicht seitens des Bundesministeriums aus Gründen der Nachhaltigkeit nicht vorgesehen.
Allerdings raten Verkehrsexperten, auch ohne Nachrüstpflicht aus Gründen des Infektionsschutzes ausreichend gut verpackte Masken an Bord zu haben. Und das ist bei Maskenpreisen von zuweilen unter einem Euro ja auch keine kostenintensive Investition. Dazu sei ein Handdesinfektionsmittel im Auto sinnvoll, rät etwa der Tüv Thüringen.
Unabhängig von der aktuellen Aktualisierung gilt weiterhin: Der Inhalt des Kastens darf nicht abgelaufen sein. Das betrifft logischerweise nicht Teile wie etwa eine Schere. Aber es gilt zum Beispiel für einige sterile Produkte, auf denen auch ein Verfallsdatum steht. Abgelaufene Artikel müssen ersetzt werden.
„Daher ist es wichtig, in gewissen Abständen seinen Verbandskasten in Bezug auf die Haltbarkeit der Bestandteile zu überprüfen“, sagt ADAC-Sprecher Alexander Schnaars.
Dafür gibt es im Handel Ergänzungs-Sets für bestimmte Materialien. Doch auch ein komplett neuer Kasten kostet nicht die Welt und ist bereits für Summen ab rund zehn Euro zu bekommen.
Die genaue Form des Erste-Hilfe-Sets bleibt auch weiterhin nicht definiert. So kann es etwa in einem Kästchen oder auch als Kissen daherkommen. Aber stets gilt laut StVZO: Das Material muss in einem Behältnis verpackt sein, das den Inhalt vor „Staub und Feuchtigkeit sowie vor Kraft- und Schmierstoffen ausreichend schützt“.
Übrigens: Obwohl auf einem Motorrad keiner mitgeführt werden muss, kann auch hier ein Verbandskasten sinnvoll sein. Praktisch: Es gibt für's Bike extra kleine Sets im Fachhandel.
Fehlt ein Erste-Hilfe-Set, riskiert der Fahrer oder die Fahrerin bei einer Verkehrskontrolle ein Bußgeld von mindestens fünf Euro. Als Halter oder Halterin werden laut ACE zehn Euro fällig.
Zudem wird bei der Hauptuntersuchung (HU) überprüft, ob ein Kasten im Auto ist und ob dessen Inhalt korrekt ist. Ergänzend kann auch das Verfallsdatum geprüft werden. Fehlt der Kasten oder ist er mangelhaft oder unvollständig, kann das als geringer Mangel beanstandet werden, erläutert Dekra-Sprecher Wolfgang Sigloch.
Zwar führen geringe Mängel nicht dazu, dass die Plakette verweigert wird. Doch auch diese müssen unverzüglich behoben werden.
Grundsätzlich ist es ratsam, sich den Kasten einmal in einer ruhigen Minute zu schnappen, ihn zu öffnen und sich mit dem Inhalt vertraut zu machen. „Das fängt damit an, dass ich überhaupt weiß, wo er im Auto verstaut ist“, sagt ADAC-Sprecher Schnaars. Am besten lagert er an einem gut zugänglichen Ort im Innen- oder Kofferraum.
Er empfiehlt zudem eine regelmäßige freiwillige Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse. „Da wird auch ganz konkret der Umgang mit dem Material gezeigt, etwa wann und wie ich einen Druckverband anlege und wann vielleicht ein Pflaster reicht“, sagt er. Dadurch könnten Unsicherheiten und Hemmungen im Ernstfall genommen und die Bereitschaft zur Hilfeleistung gestärkt werden.
Denn das ist bei Erster Hilfe generell wichtig: „Niemand macht einem einen Vorwurf, wenn man nicht das leisten kann, was ein professioneller Helfer könnte. Aber nicht zu helfen, ist die falsche Entscheidung“, sagt Schnaars.
Wie Ersthelfer am Unfallort reagieren und Erste Hilfe anwenden können, hat zum Beispiel der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) in kurzen Clips auf Instagram zusammengefasst.
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