Der in Venezuela per Haftbefehl verfolgte Oppositionsführer Edmundo González ist nach Spanien ausgereist, um dort politisches Asyl zu beantragen. Rund sechs Wochen nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl verließ der 75-Jährige das aufgewühlte Karibik-Land in der Nacht zum Sonntag. Zuvor war er tagelang in Caracas untergetaucht.
Eine Maschine der spanischen Luftwaffe mit ihm und seiner Frau an Bord landete gegen 16.00 Uhr auf dem Stützpunkt Torrejón de Ardoz bei Madrid. Spaniens Außenminister José Manuel Albares sagte, man werde González „natürlich“ Asyl gewähren.
Nach der Präsidentenwahl am 28. Juli hatte die linientreue Wahlbehörde den seit elf Jahren regierenden autoritären Staatschef Nicolás Maduro zum Sieger erklärt. Sie veröffentlichte allerdings nicht die aufgeschlüsselten Resultate. Die Opposition spricht von Wahlbetrug und reklamiert den Sieg für González, gegen den vorige Woche unter anderem wegen Sabotage, Verschwörung, Amtsanmaßung und Aufruf zur Missachtung Haftbefehl erlassen worden war. Auch die USA, die EU und zahlreiche Länder Lateinamerikas zweifeln das Ergebnis an.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach in von einem „traurigen Tag für die Demokratie in Venezuela“. „Angesichts von Repression, politischer Verfolgung und direkter Bedrohung seiner Sicherheit und Freiheit“ habe González das Land verlassen und in Spanien Asyl beantragen müssen. Er scheine die Wahl „mit großer Mehrheit gewonnen zu haben“.
Die Ausreise wurde von Madrid und Caracas vereinbart. Venezuelas Vizepräsidentin Delcy Rodríguez schrieb auf Instagram, es habe Kontakte zwischen beiden Regierungen gegeben, und schließlich habe man González im Interesse des politischen Friedens freies Geleit gewährt. Der frühere langjährige Diplomat habe sich seit Tagen in Spaniens Botschaft in Caracas aufgehalten. Laut Borrell war er aber (auch) in der Botschaft der Niederlande.
Die erzwungene Ausreise könnte zu einer Zuspitzung der angespannten Lage in Venezuela führen. Es ist aber zu vermuten, dass González in Madrid wohl eher eine geringere Rolle spielen wird. Er galt in Caracas vor seiner Kandidatur nämlich ohnehin eher als „graue Maus“. Im Exil gerieten deutlich schillerndere Figuren, darunter der frühere selbst ernannte „Interimspräsident“ Juan Guaidó, der derzeit in Miami lebt, schnell in Vergessenheit.
In Madrid wird González derweil seine dort seit Jahren wohnende und arbeitende Tochter Carolina treffen. In Spaniens Hauptstadt leben im Exil zudem zwei ranghohe venezolanische Oppositionsführer, Ex-Caracas-Bürgermeister Antonio Ledezma sowie Leopoldo López.
Die wichtigste Oppositionsfigur, María Corina Machado, hält sich weiter versteckt in Venezuela auf. Wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten aus ihrer Zeit als Abgeordnete war der 56-Jährigen eine Kandidatur untersagt worden. Maduro sagte, sie gehöre hinter Gitter. In einer ersten Reaktion zur Ausreise schrieb Machado auf X, das Leben ihres Mitstreiters sei in Gefahr gewesen. Er werde seinen Kampf von Spanien aus fortsetzen. Sie wolle bis zum Ende in Venezuela weiterkämpfen. „Der Sieg gehört uns“, postete sie.
Die linke Regierung Spaniens, die den Sieg Maduros ebenfalls in Zweifel zieht, werde sich für Dialog und Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Caracas einsetzen, „um eine friedliche Lösung für die Venezolaner zu erreichen“, sagte Albares.
Nach Angaben der Opposition soll González bei der Wahl 67 Prozent der Stimmen erhalten haben, Maduro nur 30 Prozent. Im Zuge der Wahl war es zu Protesten gekommen, die von der Staatsgewalt gewaltsam niedergeschlagen wurden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Provea kamen 25 Personen ums Leben, mehr als 2.400 wurden festgenommen. Die Opposition beklagte zahlreiche willkürliche Festnahmen.
Sechs Oppositionelle hatten bereits im März in der argentinischen Botschaft in Caracas Zuflucht gesucht und sind noch immer dort. Nach der Ausweisung von Argentiniens Diplomaten im Streit um das Wahlergebnis verwaltet Brasilien seit August die Botschaft seines Nachbarlandes. Das werde nicht mehr zugelassen, teilte Venezuelas Regierung am Samstag mit.
Schon die Wiederwahl Maduros 2018 war von vielen Ländern nicht anerkannt worden. Der damalige Parlamentspräsident Guaidó erklärte sich zum Interimspräsidenten, konnte sich aber im Land nicht durchsetzen, auch - auch deshalb, weil das Militär hinter Maduro stand. Dieser hatte 2013 nach dem Tod von Hugo Chávez als dessen Nachfolger die Macht übernommen. Venezuela leidet unter Missmanagement, Korruption und Sanktionen. Mehr als 80 Prozent leben unter der Armutsgrenze. Gut sieben Millionen Menschen - rund ein Viertel der Bevölkerung - verließen das Land nach UN-Angaben in den vergangenen Jahren.
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