Auf einer Streuobstwiese nahe des Gewerbeareals gingen fast alle Bäume ein. Die Dinkelsbühler Polizei spricht von einem Einsatz von Glyphosat als mögliche Erklärung – und ermittelt.
Während in der Natur derzeit alles üppig grünt und die Obstbäume in voller Blüte stehen, sieht es auf der Streuobstwiese an der Kreisstraße 45 zwischen dem Ellwanger Kreisel und der Einmündung in die Nordwesttangente trist aus: Die jungen Obstbäume stehen verkümmert in der kniehohen Wiese.
Vermutlich mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat haben Unbekannte dem Bestand nordwestlich der Altstadt zugesetzt. Wie die Dinkelsbühler Polizei meldet, sind dort über 40 Bäume eingegangen – trotz ausreichender Bewässerung. „Es gibt Hinweise, die möglicherweise auf die Anwendung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat deuten”, erklärte die Inspektion.
Im November 2021 legte die Dinkelsbühler Ortsgruppe des Bund Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband Mittelfranken die Streuobstwiese an. Sie befindet sich an der Kreisstraße 45, vom „Ellwanger Kreisel” kommend in Richtung Seidelsdorf.
Wie Klaus Eberhardt, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe der FLZ auf Nachfrage berichtet, seien die Kreise von anfangs gelbem, dann abgestorbenen Gras rund um die Bäumchen Mitgliedern bereits im vergangenen Herbst aufgefallen. Beim Baumschnitt im Winter waren die Äste laut Eberhardt teils nicht mehr grün. Vor rund drei Wochen dann sei nach einer genauen Untersuchung der Stämme „mit großem Erschrecken“ festgestellt worden, dass der allergrößte Teil schwer geschädigt oder abgestorben war. Unterhalb dieser Bäumen hätten sich auch die abgestorbenen Wiesenstücke befunden.
Hingegen stünden sieben Obstbäume und alle acht Laubbäume entlang der Straße auf nicht abgestorbenem Gras und seien gesund. „Von den 48 gepflanzten Obstbäumen sind 41 geschädigt“, lautet Eberhardt Bilanz.
Norbert Metz vom Landschaftspflegeverband kam laut Eberhardt „zum gleichen Urteil“.
Mit dem Landwirt, der für das Gießen zuständig war, habe es Ende vergangener Woche einen Ortstermin gegeben, bei dem der Sachverhalt rekonstruiert werden sollte. „Da einige Bäume keine Schäden aufweisen, der Landwirt aber alle gleichmäßig gegossen hat, kann es kein Gießschaden sein. Wir gehen jetzt von einer Sabotage oder Vergiftung der Bäume aus“, so der Ortsvorsitzende gegenüber der FLZ.
Um die öffentliche finanzielle Förderung der Streuobstwiese nicht zu gefährden, sei der Schaden am Dienstag angezeigt worden, auch weil die abgestorbenen Flächen inzwischen wieder zuwachsen, erklärte Eberhardt das Vorgehen des BN. Die Dinkelsbühler Polizei sprach von einem Sachschaden in Höhe von rund 2000 Euro.
Bei Glyphosat handelt es sich um einen Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der zur Bekämpfung von Unkraut und so genannten Ungräsern verwendet wird. Der Wirkstoff war auf EU-Ebene bis Dezember 2022 genehmigt und ist laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Deutschland noch bis Dezember 2023 in Pflanzenschutzmitteln zugelassen.
Eine Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich und auf Flächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden, ist seit Inkrafttreten der Fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung am 8. September 2021 allerdings verboten.
Der Wirkstoff wird durch alle grünen Pflanzenteile wie Blätter und Stängel aufgenommen und verteilt sich in der ganzen Pflanze und führt zu einem vollständigen Verwelken und Absterben. Der Wirkstoff ist nicht selektiv, das heißt er wirkt nicht nur im Unkraut, sondern auch in jeder getroffenen Kulturpflanze. Glyphosat kann daher nicht während des Wachstums von Kulturpflanzen angewendet werden, da es auch diese schädigen oder abtöten würde.
Die Initiative, an dieser Stelle Obstbäume anzupflanzen, war 2021 von Andreas Bürger aus Frankfurt ausgegangen. Er wollte mit der Aktion angesichts eines zunehmenden Flächenverbrauchs ein Zeichen für den ökologischen Wert von Land setzen.
Andreas Bürger ist Wirtschaftswissenschaftler. Obgleich er in Frankfurt am Main lebt, hat er familiäre Wurzeln in Dinkelsbühl. Sein Ur-Großonkel war der frühere Ehrenbürger der Stadt, Friedrich Doederlein. Die besagte 1,5 Hektar große Wiese sei über die Generationen hinweg weitergegeben worden, berichtete Bürger damals bei der Pflanzaktion. Schließlich habe er sie von seinem Vater geerbt.
Als Ökonom sei ihm natürlich bewusst gewesen, dass das Grundstück angesichts der fortschreitenden Bebauung wirtschaftlich interessant sei, aber die Wiese, die bislang schon extensiv genutzt wurde, habe schließlich auch einen ökologischen Wert. Für Menschen in der Großstadt werde der Klimawandel als bedrohlich empfunden, dort werde „über jeden einzelnen Baum diskutiert“.
Norbert Metz vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken hatte den Pflanzplan für die rund 50 Bäume und eine Hecke entworfen und sich um das Förderverfahren im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie gekümmert. Der BN-Kreisverband hat die Wiese gepachtet und organisierte die Pflege.
Jetzt ermittelt jedenfalls die Dinkelsbühler Polizei. Ihr war der Vorfall jetzt vom BN gemeldet worden. Die Hoffnung ruht auf Zeugen, die auf dem Areal Beobachtungen gemacht haben, die im Zusammenhang mit dem Absterben der Obstbäume stehen. Hinweise nehmen sie unter der Telefonnummer 09851/57190 entgegen.