Berlin (dpa/tmn – Ein Passat ohne Variant ist wie eine VW-Wurst ohne Curry-Ketchup. Das weiß niemand besser als die Niedersachsen selbst. Deshalb übertragen sie dieses ungeschriebene Gesetz jetzt auch in die neue Zeit - und stellen der elektrischen Passat-Alternative ID.7 ein gutes Jahr nach dem Start einen Kombi zur Seite.
Mit einem Grundpreis von 54.795 Euro rund 800 Euro teurer als die Limousine, geht er im Herbst in den Handel und füllt damit eine Nische auf dem E-Auto-Markt aus. Denn außer dem Opel Astra und seinem französischen Vetter Peugeot 308, sind Kombis dort rah gesäht. Sieht man einmal von den exotischen China-Importen MG5 und Nio ET5, dem luxuriösen BMW i5 Touring oder dem Porsche Taycan Sport Turismo ab.
VW dagegen nutzt seinen modularen Elektrobaukasten und baut daraus seinen ersten Tourer. Dieser Variant für die Generation E ist mit 4,91 Metern gleich lang wie die Fließheck-Limousine, hat aber die Kehrseite eines klassischen Kombi. Diese bietet hinter der - natürlich elektrischen - Klappe entsprechend viel Platz: 605 Liter bei aufrechten und 1.714 Liter bei flachgelegten Sitzen. Damit überbietet der Tourer nicht nur den herkömmlichen ID.7 um jeweils rund zehn Prozent, sondern ist auch den meisten elektrischen SUV der ID-Familie voraus.
Genau wie bei einem konventionellen Kombi geht es den Niedersachsen auch beim Tourer aber nicht um den großen Raum alleine. Wie beim Passat gibt es auch ein paar pfiffige Details, mit denen etwa der Laderaum aufgeteilt und das Gepäck gehalten werden kann. Es gibt trotz der Batterie im Boden ein Fach im Souterrain, das groß genug ist für das Ladekabel. Und auch wenn es Gift ist für die Reichweite, lassen sich die Nehmerqualitäten des Tourers mit einer großen Dachbox steigern oder einem Fahrradträger auf der Anhängerkupplung. Der passt im unbeladenen Zustand auch in den Kofferraum.
Vom neuen Zuschnitt profitieren nicht nur Lademeister. Auch die Hinterbänkler haben es besser: Sie genießen unter dem bis ans Heck verlängerten Dach mehr Kopffreiheit. Und weil VW die riesige Fläche mit Glas statt Blech füllt, gibts obendrein das lichtere Ambiente. Wem es zu hell wird, dem spenden die Niedersachsen elektronisch Schatten. Den statt einer Jalousie gibt es Kristalle im Glas, die sich auf Knopfdruck eintrüben und so wie Milchglas die Sonne aussperren.
Mit der neuen Karosserievariante geben beim ID.7 auch eine neue Motor- und eine neue Batterievariante ihren Einstand. Wo es bislang nur eine E-Maschine mit 210 kW/286 PS an der Hinterachse gab, bauen die Niedersachsen jetzt vorn noch eine zweite mit 81 kW/110 PS ein und kommen so auf eine Systemleistung von 240 kW/326 PS.
Dazu ein paar markante Anbauteile außen und drinnen ein Ambiente in Schwarz und Rot, ein adaptives Fahrwerk mit 15 Stufen für die individuelle Feinjustierung der ohnehin strafferen Abstimmung und eine Lenkung mit mehr Schärfe – schon kommt ein bisschen GTI-Feeling auf. Hofft zumindest das Marketing. Aber so sehr der Sprintwert von 5,5 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h Lust macht auf mehr, ist der Elan schnell wieder vorbei. Denn auch für den GTX ist bei 180 km/h wieder Schluss.
Womöglich wichtiger ist deshalb der neue Akku, den VW für einen Aufpreis von knapp 5.000 Euro in beiden Karosserievarianten einbaut. Er hat eine Kapazität von 86 statt 77 kWh und erweitert den Aktionsradius so um fast 100 auf bis zu 709 Normkilometer.
Und damit man die weitere Fahrt nicht mit längeren Standzeiten an der Ladesäule bezahlen muss, hat VW die Ladeleistung auf 200 kW angehoben. So reichen deshalb weniger als 30 Minuten in besten Fall für den Hub von 10 auf 80 Prozent. Entsprechende Ladesäulen vorausgesetzt.
Damit bietet der ID.7 zwei stark ausgeprägte Charaktere: Als GTX wird er zum Leistungsträger, der auch mal ein wenig den Puls in die Höhe treibt, und mit dem großen Akku wird er zum Dauerläufer für Vielfahrer und kommt einem Passat TDI näher denn je.
Mit dem neuen Akku, dem starken GTX-Modell und vor allem dem Kombi hat VW den ID.7 zum Generalisten unter seinen Akku-Autos gemacht. So wie die Niedersachsen schon mit dem Passat alle Bedürfnisse bedient haben, passt damit auch der ID.7 in jeder Alltagssituation. Aber wie so oft beim Elektroauto hat das auch seinen Preis: Familien und Vielfahrer müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen, wenn sie mit der Zeit gehen und deshalb elektrisch fahren wollen.
Datenblatt: VW ID.7 Tourer Pro S
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