Eine Woche bei Papa, eine bei Mama: Das paritätische Wechselmodell ist eine Möglichkeit, wie getrennt lebende Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht ihr Kind betreuen können. Voraussetzung für das Modell ist in der Regel, dass die Eltern miteinander kooperieren und kommunizieren.
Doch es gibt Ausnahmen. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden (Az.: 21 UF 304/21). Über den Fall berichtet die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Beide Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht für ihren Sohn. Der Vater hat das paritätische Wechselmodell angestrebt, die Mutter legte dagegen Beschwerde ein. Sie argumentierte, dass wichtige Voraussetzungen dafür nicht gegeben seien. Es fehle an Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten der Eltern.
Das Gericht ordnete dennoch das Wechselmodell an. Zwar sah es die Streitigkeiten der Eltern. Entscheidend war hier aber der Wunsch des Kindes. Der Junge hatte sich während des Verfahrens mehrfach eindeutig für das Wechselmodell ausgesprochen.
Nach der persönlichen Anhörung waren die Richter überzeugt: Der Wunsch entspricht dem wirklichen Willen des Jungen und spiegelt die Bindung zu beide Eltern wider. Er sei Ausdruck seines eigenen tiefgreifenden Gerechtigkeitssinns. Und dies sei zu respektieren.
Würde man den Willen des knapp 12-Jährigen ignorieren, berge dies die Gefahr, seine kindliche Selbstwirksamkeitserwartung zu schwächen. Negative Folgen für seine psychische Entwicklung seien denkbar.
Bei der Entscheidung über das Wechselmodell müsse das Kindeswohl berücksichtigt werden. Ob die Eltern kooperieren und kommunizieren können, sei dabei nur ein Gesichtspunkt. Dieser Aspekt könne im Einzelfall zurücktreten. Trotz der Streitigkeiten der Eltern kann das Wechselmodell für das Kind also eine gute Lösung sein.
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