Wiesn-Attentat: Gedenken für Opfer - Warnung vor Rechtsruck | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 26.09.2024 03:32, aktualisiert am 26.09.2024 13:01

Wiesn-Attentat: Gedenken für Opfer - Warnung vor Rechtsruck

Zum 40. Jahrestag des rechtsterroristischen Attentats kam erstmals ein Bundespräsident. (Archivbild) (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Zum 40. Jahrestag des rechtsterroristischen Attentats kam erstmals ein Bundespräsident. (Archivbild) (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Zum 40. Jahrestag des rechtsterroristischen Attentats kam erstmals ein Bundespräsident. (Archivbild) (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat zum 44. Jahrestag des rechtsextrem motivierten Oktoberfest-Attentats vor einem Rechtsruck in der Gesellschaft gewarnt. Es gehe darum, die Stadt und das Land „vor der größten Gefahr des kommenden Jahrzehnts zu bewahren“, sagte Reiter am Haupteingang zum Oktoberfest. 

Dort hatte am 26. September 1980 eine Bombe zwölf Wiesn-Besucher und den rechtsextremen Täter Gundolf Köhler in den Tod gerissen. Es gab mehr als 200 Verletzte, viele von ihnen leiden bis heute an den Folgen. 

Ausdrücklich werden bei dem Gedenken die Namen der Getöteten genannt, sie sind an der Gedenkstele eingraviert: Gabriele Deutsch, Robert Gmeinwieser, Axel Hirsch, Markus Hölzl, Paul Lux, Ignaz Platzer, Ilona Platzer, Franz Schiele, Angela Schüttrigkeit, Errol Vere-Hodge, Ernst Vestner und Beate Werner. Es war der schwerste rechtsextreme Anschlag in der bundesdeutschen Geschichte. 

Reiter warnt vor Rechtsruck

Reiter sagte, der Rechtsruck zeige sich an der Wahlurne, an den immer häufigeren Prozessen gegen Reichsbürger, die die Bundesrepublik nicht anerkennen und durch teilweise rechtsextreme Staatsgebilde ersetzen wollten. Er zeige sich immer öfter zudem in offener Gewalt. „Wir dürfen uns den rassistischen und geschichtsvergessenen Diskursen der Rechtsextremen und ihrer völkischen Ideologie niemals und auch nicht ansatzweise annähern“, mahnte der Oberbürgermeister. 

Reiter wie auch Kristofer Herbers von der DGB-Jugend München, die seit Jahrzehnten mit dem Kulturreferat das Gedenken organisiert, kritisierten den Umgang mit den Opfern. 

Augenmerk auf Tätern

Das Augenmerk liege auch in den Medien meist auf den Tätern - das Leid und die Schicksale der Opfer finden kaum Beachtung, sagte Herbers. Der Fokus auf die Täter sei nicht nur beim Oktoberfest-Attentat zu beobachten gewesen, sondern auch bei anderen Terrortaten wie bei der rechtsextremen Terrorgruppe NSU und ihren Mordtaten. Auch in der Forschung gebe es eine große Leerstelle.

Reiter betonte, es gehe hier auch um Solidarität. Das bedeute auch, sich einzufühlen in die Gedanken und Empfindungen der Menschen, die solche Grausamkeiten erleben mussten. Auch im Umgang mit den Behörden sei Überlebenden und Angehörigen der Todesopfer des Oktoberfest-Attentats lange Zeit wenig Mitgefühl entgegengebracht worden. Sie hätten mit fehlender Versorgung zu kämpfen, mit mangelndem Verständnis und mit Erfahrungen von Ausgrenzung und Abwiegelung. Bis heute fehle es an Sensibilität mit dem Thema. 

Schwerster Anschlag in bundesdeutscher Geschichte

Der Anschlag am Oktoberfest war seinerzeit zunächst als Tat eines Einzelnen aus persönlichem Frust eingeordnet worden, die Akten wurden schnell geschlossen. Opfervertreter kämpften jahrzehntelang um eine Wiederaufnahme des Verfahrens. 

Erst 2020 stellte die Bundesanwaltschaft fest, dass Köhler aus rechtsextremistischer Motivation handelte. Er wollte demnach die damalige Bundestagswahl beeinflussen und wünschte sich einen Führerstaat nach NS-Vorbild. 

Lange versammelte sich zum Gedenken nur ein kleines Grüppchen. Erst zum 40. Jahrestag 2020 gab es eine große Veranstaltung mit bundesweiter Bedeutung, erstmals kam mit Frank-Walter Steinmeier ein Bundespräsident. 

 

© dpa-infocom, dpa:240926-930-243656/2


Von dpa
north