Insolvenzen, Konsumflaute und mäßige Umsätze: Der stationäre Einzelhandel in Deutschland erlebt schwierige Zeiten. Der Elektronikhändler MediaMarktSaturn will trotzdem langfristig auf seine Filialen setzen.
„Wir investieren weiter in die Innenstädte und werden dort auch in Zukunft präsent sein. Deswegen sind wir auch immer auf der Suche nach neuen Standorten“, sagte Karsten Wildberger, Chef von Ceconomy sowie dessen Tochterunternehmen MediaMarktSaturn. Die Elektronikkette hat in Deutschland gut 400 Märkte mit knapp 20.300 Beschäftigten.
Die Debatte über eine mangelnde Attraktivität der Innenstädte ist für Wildberger eine „sehr deutsche Diskussion“. In Italien und Spanien sieht er viele Beispiele für erfolgreich konzipierte Stadtzentren. „In den Niederlanden gelingt das im Bereich Einzelhandel sehr gut, die Innenstädte sehen toll aus.“
Dort werde in Sauberkeit, Erreichbarkeit und gute Parkmöglichkeiten investiert. Es gebe eine richtige Mischung aus Geschäften und Gastronomie, viele Orte zum Verweilen und ein anderes Bewusstsein. In Deutschland sei das genauso möglich. „Auch bei uns gibt es schöne Innenstädte, aber häufig fehlt die Inspiration.“ Händler und Politik seien gefragt, für mehr Attraktivität zu sorgen.
Die erneute Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof sieht Wildberger mit Sorge und rechnet mit Auswirkungen für die Innenstädte, wenn die Warenhauskette dort weniger präsent sein sollte. „Über die Gründe will ich nicht spekulieren. Jedes Unternehmen muss für sich den richtigen Weg finden, das geänderte Kundenverhalten in seinem Geschäftsmodell abzubilden.“ Er erwartet nach eigenen Worten nicht, dass Media-Markt und Saturn das gleiche Schicksal droht. „Wir müssen den Kunden auf allen Kanälen das anbieten, was er sucht. Die Menschen haben heute eine höhere Erwartungserhaltung. Dem müssen wir gerecht werden.“
Die Elektronikhandelskette habe viel Nachholbedarf gehabt, sagte Wildberger. Nun sieht er das Unternehmen gut aufgestellt. Man habe in Schulungen der Mitarbeiter investiert, die Hälfte der Märkte renoviert und Erlebnisbereiche eingeführt. Die Kunden könnten Staubsauger ausprobieren, sich Kaffeemaschinen nicht mehr nur anschauen, sondern auch testen, und Jugendliche könnten in speziellen Bereichen Computerspiele spielen. „Wir bieten den Kunden auf der Fläche ein Erlebnis an und sehen, dass das gut angenommen wird.“
Dass es schwieriger wird, Besucher in die Filialen zu holen, glaubt Wildberger nicht. Es sei wichtig, sich Produkte anzuschauen, auszuprobieren und vergleichen zu können. „Von einem Fachberater im Markt erhalten die Kunden oft viel mehr Informationen als im Netz.“ Er setzt auf ein kanalübergreifendes Geschäftsmodell. Die Verzahnung von Online und stationärem Geschäft gelinge gut. 38 Prozent der Kunden holten die Waren in den Märkten ab und gingen dann noch einkaufen. Wildberger sieht für sein Geschäftsfeld einen Vorteil: „Technik wird das Leben von Menschen immer mehr beeinflussen. Der Trend ist für uns also sehr positiv.“ Gleichzeitig steige der Bedarf, sich in einer komplexen Welt zurechtzufinden.
Mit Interesse verfolgt Wildberger die Ausbreitung chinesischer Onlineshops wie Temu. Viele der asiatischen Unternehmen setzten stark auf Social Commerce. „Sie vertreiben ihre Produkte sehr zielgruppengerichtet über soziale Netzwerke wie TikTok und anderen Plattformen oder nutzen Influencer. Davon können wir uns viel abgucken.“ Bei allen Anbietern müsse jedoch sichergestellt sein, dass sie sich an europäische Gesetze hielten. „Die Umsetzung der Regularien zu Einfuhrbestimmungen, Nachhaltigkeit und Lieferketten muss gewährleistet werden. Wir brauchen die gleichen Spielregeln für alle.“
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