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Veröffentlicht am 12.04.2022 05:02

Zahnprobleme bei Kaninchen erkennen

Auch Hauskaninchen sind Meister darin, Krankheiten zu verstecken. (Foto: Markus Scholz/dpa-tmn)
Auch Hauskaninchen sind Meister darin, Krankheiten zu verstecken. (Foto: Markus Scholz/dpa-tmn)
Auch Hauskaninchen sind Meister darin, Krankheiten zu verstecken. (Foto: Markus Scholz/dpa-tmn)

Wenn Kaninchen krank sind, leiden sie oft lange im Verborgenen: „Als Beutetiere sind sie Meister darin, Krankheiten zu verstecken“, sagt Tierärztin Cecilia Siedl. Bei Wildkaninchen bedeutet ein schwaches Tier Gefahr für die ganze Gruppe - und kranke Tiere werden ausgeschlossen, um die Sippe zu schützen.

Ähnlich verhalten sich auch Hauskaninchen: Sie verbergen Krankheitssymptome so gut wie möglich. „Wenn man bei einem Kaninchen offensichtliche Symptome sieht, ist die Krankheit oft schon weit fortgeschritten, sodass man schnell handeln muss.“

Für viele Halter sind Zahnprobleme als Ursache ein überraschender Befund, wenn eines ihrer Tiere plötzlich nicht mehr gut frisst oder Probleme mit der Verdauung hat. Wer die Anzeichen kennt, kann Zahnproblemen möglichst früh auf die Spur kommen: „Es kann sein, dass ein Tier vermehrten Speichelfluss hat, sodass das Fell um das Mäulchen verklebt oder sogar verfilzt ist“, sagt Siedl. Bei starken Problemen kann sogar die ganze Brust mit Speichel verklebt sein.

Auch das Fressverhalten kann einen Hinweis auf Zahnprobleme geben: Auffällig ist es zum Beispiel, wenn ein Tier lieber weichen Blattsalat als rohfaserreiches Heu frisst, das viel gekaut werden muss. „Manche Zahnpatienten kommen auch freudig zur Fütterung gerannt, aber wenn sie dann zu fressen beginnen, kauen sie eine gefühlte Ewigkeit auf einem Blatt herum oder es fällt ihnen sogar wieder unzerkaut aus dem Mund“, sagt die Tierärztin. Auch eine Gewichtsabnahme kann auf Zahnprobleme hindeuten.

Wer Zahnproblemen vorbeugen will, sollte vor allem auf die richtige Fütterung achten. Kaninchenzähne wachsen ein Leben lang. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich regelmäßig abnutzen. „Zahnsubstanz ist sehr hart“, sagt Siedl. Das Einzige, woran Zähne sich abnutzen können, ist deshalb der Kontakt von Zahn zu Zahn.

„Es hält sich hartnäckig der Mythos, dass Zähne sich an hartem Brot oder Knabberstangen abnutzen würden.“ Das stimmt aber nicht - stattdessen haben sie sogar einen negativen Einfluss auf Zähne und Verdauung.

Eine optimale Ernährung besteht der Tierärztin zufolge aus frischem und artenreichem Grünfutter. Heu sollte den Tieren immer zur Verfügung stehen. Wiesenkräuter wie etwa Löwenzahn, Spitzwegerich, Klee und Schafgarbe sind geeignet.

Außerdem sollten Kaninchen regelmäßig frische Zweige von Bäumen wie Weiden oder Obstbäumen erhalten. Auch im Winter sollten Tiere in Außenhaltung frisches Futter bekommen, das sich aus Kohl, Bittersalaten, Kräutern, Gemüsegrün und anderem blättrigen Gemüse wie Spinat zusammensetzt.

Pelletiertes Futter ist in mehrfacher Hinsicht ungünstig: Die Kaubewegungen beim Zerkleinern von Pellets sind anders als die seitlichen Bewegungen bei Gras, Blattgrün oder Gemüse. Sie nutzen daher die Zähne kaum ab und können zudem Druck auf die Zähne ausüben und so Entzündungen fördern. Zudem verlangsamen Pellets die Verdauung, quellen im Magen auf und sättigen dadurch stärker, sodass Kaninchen in der Folge weniger Frischfutter fressen.

Der Großteil der Zahnprobleme im Lauf eines Kaninchenlebens hängt mit Fütterungsfehlern zusammen, sagt Tierärztin Diana Ruf. Darüber hinaus gibt es Rassen, die vermehrt zu Zahnproblemen neigen. „Dazu zählen vor allem Kaninchen mit besonders kurzen Köpfen. Auch Rassen wie Widder, die zu Ohrentzündungen neigen, haben häufiger Zahnprobleme.“ Durch die Ohrenschmerzen kauen viele Tiere anders, was sich auf das Gebiss auswirken kann.

Die Diagnose von Zahnproblemen beim Tierarzt erfordert etwas Übung: Wichtig ist grundsätzlich, einen Tierarzt zu wählen, der sich gut mit Kaninchen auskennt.

Ein geübter Tierarzt kann beim Blick auf die Schneidezähne von vorne und von der Seite sowie auf die weit hinten im Maul verborgenen Backenzähne einen ersten Eindruck gewinnen. „In der Regel handelt es sich aber um Probleme mit den Zahnwurzeln, deshalb ist eine genaue Diagnostik mit bloßem Auge nicht möglich“, sagt Ruf.

Der Großteil des Zahns und insbesondere die Zahnwurzel sind im Kiefer verborgen. „Daher braucht man zur Zahndiagnostik bei Kaninchen bildgebende Verfahren wie spezielle Röntgenaufnahmen oder hochauflösende CT-Untersuchungen.“

Weil bei vielen Tieren Zahnprobleme erst spät auffallen, ist die Behandlung oft aufwändig: „Wenn mehrere Zahnwurzeln betroffen sind und der Kieferknochen verändert ist, kann man diese Tiere nicht mehr heilen, aber oft mit zielgerichteter Behandlung über Jahre gut managen“, sagt Diana Ruf. Manchmal werden Zähne gezogen, manchmal das Gebiss wieder eingeschliffen, oft sogar mehrmals. Diese Behandlungen sind ähnlich wie gute Röntgenaufnahmen nur in Narkose möglich.

Halter sollten idealerweise einmal in der Woche die Schneidezähne ihrer Kaninchen von vorne und von der Seite kontrollieren. Die Zähne sollten glatt und glänzend sein und keine Querrillen haben - Längsrillen sind hingegen normal. „Der untere Schneidezahn muss hinter dem oberen Schneidezahn liegen.“

Hinter den oberen Schneidezähnen besitzen Kaninchen eine zweite Zahnreihe mit zwei Stiftzähnen. Diese sollten gerade sein. „Zusätzlich ist es sinnvoll, dass ein Kaninchen zur Früherkennung von Zahnerkrankungen wöchentlich gewogen wird“, rät Ruf. Auch den Kiefer sollte man einmal in der Woche abtasten.

© dpa-infocom, dpa:220411-99-882716/2

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