Der 1. Mai ist in Deutschland jedes Jahr Anlass für Kundgebungen und Demonstrationen, die in der Vergangenheit öfter auch aus dem Ruder liefen. Gerade in Berlin-Kreuzberg gab es seit 1987 Krawalle von Linksautonomen. In den vergangenen Jahren ging die Gewalt jedoch deutlich zurück.
Dennoch will die Berliner Polizei die Demonstrationen in der Hauptstadt mit Tausenden Beamten und großem technischem Aufwand begleiten: Mehr als 5500 Polizisten aus Berlin, vielen anderen Bundesländern und von der Bundespolizei sollen am Mittwoch im ganzen Stadtgebiet im Einsatz sein. Hintergrund ist vor allem der Nahost-Konflikt.
Die linksextremistische Szene bleibe grundsätzlich im Fokus der Sicherheitsbehörden, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Jeder vierte Linksextremist sei mittlerweile als gewaltorientiert einzuschätzen.
Mehr als 20 Demonstrationen waren nach dem letzten Stand in der Hauptstadt angemeldet. Die größte davon ist die sogenannte Revolutionäre-1. Mai-Demonstration von linken und linksextremen Gruppen am Abend in Kreuzberg und Neukölln mit zehntausend erwarteten Teilnehmern.
Die Strecke - unter anderem durch die für ihre arabisch geprägten Geschäfte und Restaurants bekannte Sonnenallee in Neukölln - ist nach Einschätzung der Polizei gezielt gewählt, um einen möglichst großen Zulauf von propalästinensischen Demonstranten zu erhalten. Zur aufgeheizten Stimmung in der Szene trage auch die kürzliche Auflösung eines Palästina-Kongresses und des Palästina-Protestcamps bei, hieß es.
Bereitgehalten werden daher auch technische Einheiten der Polizei mit Räumfahrzeugen, Wasserwerfer, ein Polizei-Hubschrauber und Lichtmasten zum Ausleuchten der Straßen. Die Sicherheitskräfte rechnen mit aggressiven Demonstranten sowie Angriffen mit Flaschen- und Steinwürfen.
Das Bündnis der Demonstrations-Veranstalter, zu dem auch linke Gruppen von Migranten gehören, hatte mitgeteilt, man werde unter anderem demonstrieren „in Solidarität mit den Menschen in Gaza“. Das Bündnis warf der Polizei vor, eigenmächtig zu entscheiden, „was von dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gedeckt ist und was unmittelbar mit Gewalt unterbunden wird“.
Verboten sind demnach Symbole terroristischer Organisationen sowie antijüdische Parolen und auch Slogans gegen Israel, die das Existenzrecht des Staates ablehnen. Darunter fällt auch der bekannte Satz „From the river to the sea - Palestine will be free“, der sich auf das Gebiet Israels bezieht. Staatsanwälte stehen bereit, um schnell über die Strafbarkeit bestimmter Plakate oder Sprechchöre zu entscheiden. „Die Polizei muss sofort hart durchgreifen, wenn es rund um den 1. Mai zu Krawallen, Gewalttaten und Judenhass auf unseren Straßen kommt“, sagte Faeser dem RND.
Auch in Hamburg werden Demonstrationen mit Beteiligung von Linksautonomen erwartet. Die Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Tag der Arbeit findet in diesem Jahr in Hannover statt. DGB-Chefin Yasmin Fahimi sagte im ZDF-„Morgenmagazin“, das Motto sei diesmal „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“. „Das heißt, wir wollen einstehen für die Tarifwende“, betonte Fahimi. Denn es stünden auch in diesem Jahr Tarifverhandlungen für rund zwölf Millionen Beschäftigte an. „Aber es geht eben darum, dass wir auch über gute Arbeitsbedingungen reden.“
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