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Veröffentlicht am 16.03.2025 09:32

Fußballer Christoph Kramer schreibt ersten Roman

Kramer spielte zuletzt für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach (Archivbild). (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
Kramer spielte zuletzt für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach (Archivbild). (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
Kramer spielte zuletzt für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach (Archivbild). (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Wer ihn erlebt hat, wird den Sommer 2006 nur schwer vergessen. Endlose Sonnentage und ein ganzes Land in Feierlaune. Erstmals seit Jahrzehnten war Deutschland wieder Gastgeber einer Fußballweltmeisterschaft und es wurde ein heiteres schwarz-rot-goldenes Fest, eben das berühmte „Sommermärchen“. 

Schweini, Poldi & Co, eine beschwingt aufspielende, sehr junge Nationalmannschaft begeisterten selbst Menschen, die bis dahin ausgesprochene Fußballmuffel gewesen waren. 

Ein heute bekannter Fußballer war seinerzeit noch nicht dabei. Christoph Kramer, Fußballweltmeister von 2014, war im Jahr 2006 gerade erst 15, also noch viel zu jung für die Nationalmannschaft. 

Für ihn lief es damals auch kein bisschen sommermärchenhaft. Denn der Trainer der U15 von Bayer 04 Leverkusen hatte ihn gerade erst aus der Mannschaft geworfen. Kramers Traum von einer großen Fußballkarriere schien erst einmal ausgeträumt zu sein.

Doch in anderer Hinsicht blieb der Sommer 2006 für ihn unvergesslich. Der Teenager erlebte seine erste große Liebe, eine Achterbahnfahrt heftiger Emotionen. Davon erzählt er in seinem Roman-Debüt „Das Leben fing im Sommer an“, das jetzt bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist. 

Kramer selbst bezeichnet sein autofiktionales Buch als einen mit viel Herzblut geschriebenen Coming-of-Age-Roman. Vermutlich dienten ihm dabei seine eigenen Tagebücher als Grundlage, darauf jedenfalls lässt die bisweilen emotional überfrachtete Sprache des Romans schließen. In einem Interview verriet der Fußballer, dass er bereits mit 15 Tagebücher zu schreiben begann und es ihm immer schon Spaß gemacht habe, Alltagsgeschehnisse zu Papier zu bringen. 

Die Geschichte ist schnell erzählt. Der 15-jährige Chris verdöst den superheißen Sommer am liebsten im Freibad oder er hängt mit seinen Freunden Johnny, Schubert und Salvo auf dem Dach einer alten Scheune ab. Die Sache mit dem Fußball hat er vermasselt und auch sonst ist er wie so viele Teenager „zerfressen von Selbstzweifeln“, hält sich für wenig attraktiv: „Hatte krasse Akne, war nicht besonders groß und eher schmächtig.“ 

Umso unglaublicher, dass ausgerechnet das schönste Mädchen der Klasse, Debbie, seine Gefühle zu erwidern scheint. Für kurze Zeit schwebt er im siebten Himmel, bis der bittere Absturz kommt. Es folgen ein rasanter Roadtrip über nächtliche Autobahnen, eine Flucht vor der Polizei, im jugendlichen Übermut begangene kopflose Abenteuer. Aber ganz am Ende findet Chris doch noch die Richtige.

Wer damals jung war, wird sich hier wiederfinden in einer scheinbar wohligen Welt, in der es noch keine Smartphones und sozialen Medien mit Shitstorms gab, in der noch harmlose Netzwerke wie SchülerVZ existierten und man sich SMS schrieb. Manche werden in der Musik und Mode der Zeit schwelgen und alle anderen sich zumindest an ein ähnliches jugendliches Gefühlschaos erinnern. 

Typisch für diese Lebensphase ist die redundante Selbstbespiegelung voller überbordender Emotionen. Da wird dann schnell alles überwichtig und übergroß. „Wir, die alles zusammen erlebt hatten, erlebten in dieser Nacht eine Geschichte, die wir niemals vergessen würden. Wir hatten gelebt“, heißt es am Ende mit der ganzen Emphase eines 15-Jährigen.

Mit dem Fußball klappte es dann doch noch. Der 1991 in Solingen geborene Kramer, heute als TV-Experte und Podcaster aktiv, spielte zuletzt für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach.

© dpa-infocom, dpa:250316-930-405118/1


Von dpa
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