Herzhafte Ansprachen, die aufrütteln sollen, können sie beim FC Bayern. Von „Flasche leer“ (Trapattoni) und „Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft“ (Beckenbauer) war Joshua Kimmichs Rotterdam-Warnung, „momentan keine Spitzenmannschaft“ zu sein, zwar weit entfernt. Nach dem 2:1 (1:0) des Fußball-Rekordmeisters im Ligaspiel beim SC Freiburg legte der Nationalmannschaftskapitän aber nochmal nach.
„Die Jungs merken ja auch, dass uns gerade in der Champions League oder in Europa ein bisschen was fehlt, um ganz oben reinzuschnuppern“, erklärte Kimmich. Es gehe eben darum, „dass wir uns nicht immer alles gut reden, sondern schon auch Dinge ansprechen. Das machen wir intern, das macht vor allem der Trainer.“
Zu seiner eigenen Zukunft hielt sich Kimmich bedeckt. „Ich werde mich jetzt nicht alle drei Tage dazu äußern“, sagte der 29-Jährige, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft.
Im fast schon frühlingshaften Freiburg stimmte aus Bayern-Sicht die Reaktion auf das blamable 0:3 bei Feyenoord. Vorn effektiv, defensiv meist stabil. Dank Toren von Harry Kane (15. Minute), der erstmals seit dem 22. November wieder aus dem Spiel heraus traf, und Minjae Kim (54.) genügte den Münchnern ein offensiv weitgehend matter Auftritt. Das Gegentor durch Matthias Ginter (68.) fiel nach einem Eckball.
„Heute kam es nicht darauf an, den Gegner irgendwie herzuspielen“, erklärte Kimmich die weiter vorhandenen Probleme, sich gegen einen gut organisierten und tief stehenden Gegner wie Freiburg Chancen zu erarbeiten. Sportvorstand Max Eberl sah „ein sehr kompliziertes Auswärtsspiel in Freiburg“ und lobte daher, wie engagiert die Bayern-Stars („viel Moral bewiesen“) in der kribbeligen Schlussphase den Sieg verteidigt hätten.
„Vielleicht nicht unser schönstes Spiel“, fand auch Trainer Vincent Kompany, „aber es gehört trotzdem zu den schönen Siegen“. Er habe die „richtige Mentalität“ gesehen. Der Bayern-Trainer wirkte ganz mit sich im Reinen. Die Woche nach Feyenoord? „Überhaupt nicht turbulent“, fand Kompany, könne man eh nicht ändern. Rückschläge? Ganz normal. „Es gibt keine Preise, keine Erfolge ohne solche Momente.“
Gezweifelt wird bei den Bayern nach dem Freiburg-Sieg kaum mehr. Es fehle nicht viel, „um wieder ein Spitzenteam zu sein“, meinte selbst Chefkritiker Kimmich. Zumal die Münchner ihren Vorsprung in der Bundesliga nach Leverkusens 2:2 in Leipzig auf sechs Punkte ausbauten. „Dementsprechend ein gutes Wochenende“, urteilte Eberl.
Ein paar Personalien geben weitere Hoffnung vor dem letzten Champions-League-Spiel in der Ligaphase gegen Slovan Bratislava am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN). Mittelfeldmann João Palhinha, der Mitte November einen Muskelbündelriss erlitten hatte, sammelte nach langer Auszeit als Einwechselspieler ebenso wieder Pflichtspiel-Minuten wie Rechtsverteidiger Josip Stanisic, für den es nach seinem Außenbandriss im rechten Knie gar das erste Bundesliga-Spiel in dieser Saison war.
Er sei „sehr, sehr zufrieden, dass wir die beiden Spieler zurückbekommen“, sagte Kompany. „In unserer Situation ist es auch einfach wichtig, dass wir einen guten Kader haben, einen vollen Kader.“ Am späteren Abend gab auch Leon Goretzka Entwarnung, der kurz vor der Pause angeschlagen für Stanisic ausgewechselt worden war.
Ein Sonderlob gab's von Eberl für Eric Dier, der den kurzfristig ausgefallenen Dayot Upamecano in der Innenverteidigung ersetzte und Kanes 1:0 vorbereitete. „Er hat heute ein super Spiel gemacht“, meinte Eberl, „wir sind extrem froh, dass er bei uns ist“.
Dass auch der Vertrag von Dier am Saisonende ausläuft, wie bei einigen anderen Stars, dürfte den Sportvorstand weiter beschäftigen. Mit dem 31 Jahre alten Dier gebe es „momentan noch keine Gespräche“. Weitere konkrete Auskünfte verweigerte Eberl am Samstag, „ein müdes Thema“ sei die Sache mit den Vertragsverlängerungen.
Derweil zeichnet sich ab, dass Torwarttalent Jonas Urbig vom 1. FC Köln nach München wechselt. Laut „Bild“ ist sich der FC Bayern mit dem Aufstiegskandidaten der 2. Liga einig. Die Ablösesumme soll demnach bei rund zehn Millionen Euro liegen. Über den Wechsel des U21-Nationaltorhüters war schon länger spekuliert worden.
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