Schlafanzug an, Licht aus, rein ins Bett - dann ist das Land der Träume nicht mehr fern. Wenn störende Geräusche auftauchen, ist es aber schnell vorbei mit Ruhe und Träumen. Warum ist das so? Und wie geht man um mit Sommerfesten vor dem Fenster oder schnarchenden Familienmitgliedern?
„Es ist natürlich davon abhängig, was für Geräusche das sind“, sagt Eva-Maria Elmenhorst vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Grundsätzlich könne Lärm im Schlaf zu einem schnelleren Herzschlag und beschleunigten Hirnströmen führen. Daher könne er uns gerade in der Einschlafphase leicht aufwecken, sagt die Fachärztin für Physiologie, die zu Schlaf und geistiger Leistungsfähigkeit forscht.
Wichtig sei, ob das Geräusch durchgehend zu hören ist oder unregelmäßig. Eine tickende Uhr oder ein Schnarchen sei beispielsweise störender als das Rauschen einer Klimaanlage.
Außerdem spielt Elmenhorst zufolge der sogenannte Schalldruckpegel eine Rolle. Er misst die Intensität des Geräusches. Es komme darauf an, wie stark sich das Geräusch vom Umgebungslärm abhebt. Je lauter unser Umfeld sei, desto leiser nähmen wir einen neuen Reiz wahr.
Relevant sei auch, wie plötzlich ein Geräusch einsetzt. Bei überraschenden Tönen wachen Menschen laut Elmenhorst eher auf als bei solchen, die langsam lauter werden.
Abgesehen davon wirken Geräusche der Expertin zufolge aber sehr individuell. Zwar zeigen Studien zu Verkehrslärm, dass bei 65 Dezibel fast alle wach werden. Wer jedoch sehr müde sei, könne auch in lauteren Umgebungen einschlafen, sagt sie. „Man kennt das ja auch, dass manche Jugendliche irgendwann nachts in der Disco einschlafen, obwohl da eine unglaubliche Lärmsituation herrscht.“
Auch die persönliche Einstellung zu den Geräuschen spielt laut Karl-Heinz Ladwig von der Technischen Universität München eine große Rolle. „Auf einen gegebenen Lärmreiz kann der Mensch ganz unterschiedlich reagieren, je nachdem, wie ein solcher Mensch diesen Schmerzreiz bewertet“, sagt der Professor für Psychosomatische Medizin und medizinische Psychologie.
Als fiktives Beispiel nennt der Stressforscher einen Vater, der im Garten trotz laut spielender Kinder vor sich hindöst. Der Vater binde den Kinderlärm als positives Reizmuster in seinen Schlaf ein, weil ihm das signalisiere: Es ist alles in Ordnung.
Die Psyche kann uns auf der anderen Seite einen Strich durch die Rechnung machen: Wer dem Lärm und den Menschen, die ihn verursachen, negativ gegenüberstehe, konzentriere seine Aufmerksamkeit darauf, sagt Ladwig. So würden die Geräusche sogar verstärkt wahrgenommen. In jedem Fall könne dauerhafter störender Lärm im Schlaf ein toxisches Phänomen sein, der schädlich für die Gesundheit und insbesondere das Herz-Kreislauf-System sei.
Betroffene können unterschiedlich mit Lärm beim Einschlafen umgehen. Wichtig sei eine Grundentspannung, sagt Ladwig. Er empfiehlt dazu eine Atemübung: Atmen Sie sieben Mal hintereinander langsam ein und - gern auch geräuschvoll durch die Lippen - wieder aus. Das senke den Blutdruck.
Sowohl Ladwig als auch Elmenhorst raten, zunächst zu versuchen, die Lärmquelle für sich klein zu halten. Das kann über Ohrstöpsel passieren, aber auch bedeuten, dass man Fenster oder Türen schließt. Beide nennen außerdem Musik und Hörbücher als taugliche Einschlafhelfer, weil sie entspannen und ablenken.
Manche hören auch „White Noise“, sogenanntes Weißes Rauschen, zum leichteren Einschlafen in lauten Umgebungen. Die Datenlage zur Wirkung ist laut Eva-Maria Elmenhorst noch unklar. Einige Studien attestieren dem Rauschen eine positive Wirkung, weil es einzelne störende Lärmereignisse maskiere. Andere Studien hätten auch negative Effekte gezeigt. „Das muss man noch so ein bisschen mit Vorsicht genießen“, betont die Ärztin.
Generell rät sie, Einschlafhilfen immer nur in Ausnahmefällen und kurzzeitig zu benutzen, um nicht davon abhängig zu werden. Vermeiden solle man außerdem eine schlechte Schlafhygiene.
Das bedeutet laut der Expertin konkret: Das Bett sollte nur zum Schlafen da sein - und nicht auch zum Essen oder Fernsehen gucken. Direkt vor dem Einschlummern sollte man eher auf Sport verzichten und keine üppigen Mahlzeiten zu sich nehmen. Außerdem ist blaues Licht zu meiden. Der letzte Kaffee sollte etwa sechs Stunden vor der Bettgehzeit getrunken sein. Auch Alkohol sei vor dem Einschlafen keine gute Idee. Zwar mache der müde, aber lasse einen auch früher und häufiger in der Nacht aufwachen.
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