Wer in einem öffentlich zugänglichen Bereich eines Betriebsgeländes mit einem Fahrzeug fährt oder rangiert, muss ausschließen können, dass andere dabei gefährdet werden. Das gilt umso mehr, wenn es sich um ein schweres, unübersichtliches Fahrzeug handelt.
Ohne diesen Gefährdungsausschluss kann es sein, dass der Fahrer nach einem Unfall überwiegend haften muss. Das zeigt eine Entscheidung (Az.: 7 U 150/23) des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm, auf die der ADAC hinweist.
In dem Fall ging es um einen Mann, der mit einem Bagger auf einem Betriebsgelände unterwegs war – aber nicht an einer konkreten Arbeitsstelle. Zum Areal gehörte auch eine öffentlich zugängliche Zufahrt, die Arbeiter, Fußgänger oder auch Kraftfahrzeuge unkontrolliert begehen oder befahren konnten. Der Baggerfahrer wollte erst abbiegen, das gelang ihm aber nicht im ersten Zug. Er setzte also das Fahrzeug zurück und stieß dabei mit einem Lastwagen, der hinter dem Bagger entlangfuhr, zusammen.
Zwar war der Bagger mit einer Kamera versehen. Diese zeigte aber nur den direkten rückwärtigen Raum. Zudem verfügte der Bagger über einen linken Außenspiegel. Allerdings konnte der Mann die Fahrspur nicht über den Spiegel einsehen. Den Angaben zufolge waren zwischen dem Einlegen des Rückwärtsganges und dem Zusammenstoß nur zwei Sekunden vergangen.
Im Nachgang forderte der Lkw-Fahrer Schadenersatz. Die Versicherung des Baggerfahrers weigerte sich jedoch zu zahlen. Ihr Argument: Schilder hätten darauf hingewiesen, dass Betriebsfahrzeuge Vorrang haben. Die Sache ging vor Gericht.
Am Ende sah das OLG Hamm das überwiegende Verschulden (70 Prozent) beim Baggerführer: Er hätte aufgrund der Zufahrtsituation aktiv ausschließen müssen, dass andere durch das Rangieren in Gefahr gebracht werden. Da er die rückwärtige Strecke nicht einsehen konnte und zudem schweres, unübersichtliches Gerät bewegte, hätte er sich ausreichend umschauen oder im Zweifel einweisen lassen müssen.
Daran ändere auch die Beschilderung hinsichtlich des Vorrangs für Betriebsfahrzeuge nichts, da der frei zugängliche Teil des Geländers befahren worden war. Somit hätte der Baggerführer hier die Pflichten zur besonderen Rücksichtnahme beim Rückwärtsfahren beachten müssen (Straßenverkehrsordnung Paragraf 9, Absatz 5).
Allerdings kam auch der Fahrer des Lastwagens, der hinter dem Bagger entlanggefahren war, nicht ungeschoren davon. Er habe den Bagger gesehen und hätte reagieren können; etwa indem er seine Fahrt verlangsamt, das Fahrverhalten des Baggers beobachtet und seinen Lastwagen unter Umständen angehalten hätte, so das OLG. Es gewichtete den Verschuldensanteil des Lkw-Fahrers mit 30 Prozent.
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