Statt drei Jahre Ausbildung vier oder sogar viereinhalb Jahre lernen, dafür aber mehr Freizeit. Den Zwang zur 40-Stunden-Woche in der Ausbildung gibt es nicht mehr. Wer mehr Freiraum braucht, kriegt ihn, sofern der Chef einverstanden ist.
Eine gute Möglichkeit zum Beispiel für alle, die nebenbei ihre Deutschkenntnisse noch verbessern müssen oder mehr Zeit zum Lernen des Schulstoffs benötigen. IHK-Ausbildungsberater Jakob Schmachtel gibt einen Überblick über das Modell Teilzeitausbildung.
Seit 2020 darf jeder, der möchte, eine Teilzeit-Ausbildung machen. Der besondere Grund, der bis dahin vorliegen musste, wie etwa Pflegetätigkeit, Leistungssport oder Kindererziehung, fällt seitdem weg.
Stellen mit reduzierter Stundenzahl werden aber so gut wie gar nicht ausgeschrieben. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit: nachfragen. Entweder vor der Bewerbung, im Anschreiben oder im Bewerbungsgespräch. Grundsätzlich sind Bewerber in einer guten Position. Wegen des Azubi-Mangels können sich Unternehmen heute oft deutlich mehr Modelle vorstellen, als in eine Stellenausschreibung passt - es lohnt sich, die Wünsche anzusprechen.
Eine Ausbildung in Teilzeit ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sind sie sich einig, können die Stunden jederzeit reduziert werden. Allerdings nur im gegenseitigen Einvernehmen. Ein Recht auf Teilzeit, egal wie gut die Begründung ist, gibt es nicht.
Leider lässt sich auch nicht alles auf Teilzeit reduzieren: Auch wenn der Gesetzgeber das eigentlich vorgesehen hat, gibt es fast keine speziellen Angebote in den Berufsschulen. Das sollten Bewerber wissen. So hören sie entweder Themen doppelt oder sind, wenn sie die schulische Ausbildung schon vor Ende der praktischen Ausbildung absolviert haben, bei der Prüfung eine Weile raus aus dem Stoff.
Einfach einen halben Tag in die Schule gehen - das geht leider nicht. Der Arbeitgeber stellt seine Lehrlinge für den Schulbesuch frei, der Schulbesuch gilt aber nicht als Arbeitszeit, sodass eine Teilzeit der Arbeitszeit nicht eine Reduzierung der Schulzeit bedeutet.
Schmachtel: Am Ende sollen Voll- und Teilzeit-Lehrlinge gleich gut ausgebildet sein. Die Ausbildungszeit verlängert sich also mit reduzierter Stundenzahl. Wer statt 40 Stunden 30 arbeitet, der muss ein Jahr länger in die Lehre gehen. Theoretisch können die Stunden noch weiter reduziert werden. Insgesamt darf die Ausbildung laut dem Gesetzgeber allerdings nicht länger als das 1,5-fache der Zeit der Vollzeit-Ausbildung dauern.
Die Vergütung kann gekürzt werden, muss aber nicht. Festgelegt ist aber, dass sie jährlich steigen muss. Wer länger in Ausbildung ist, kriegt also öfter Lohnerhöhungen. Am Urlaubsanspruch ändert sich im Normalfall nichts. So wie bei einer Vollzeit-Ausbildung haben Azubis unter Umständen auch Anspruch auf staatliche Unterstützung wie Ausbildungsbeihilfe.
Zur Person: Jakob Schmachtel ist seit 12 Jahren bei der IHK Berlin. Als Ausbildungsberater überwacht er die Ausbildung und berät Azubis, Ausbilder und Ausbildungsbetriebe rund um die Ausbildungsqualität und zu rechtlichen Fragen. Die praktischen Seiten der Ausbildung kennt er als gelernter Koch auch aus eigener Erfahrung. Zusätzlich zur Ausbildung hat er BWL studiert.
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